4. Nebenwirkungen von Cortison
Es gibt eine ganze Reihe Nebenwirkungen bei der Anwendung von Cortison. Dabei spielt offensichtlich eine Rolle, welche Grunderkrankung vorliegt, welche Menge und über welchen Zeitraum Cortison verabreicht wird.
Hier kann es passieren, dass Cortison der einen Erkrankung sehr gut hilft, dafür eine andere Erkrankung hervorruft.
Letztendlich kann ein Missbrauch von Cortison zu ernsthaften Erkrankungen und zum Tode führen.
Beginnen wir das Thema Nebenwirkungen mit einem positiven Aspekt:
Katzen vertragen Cortison deutlich besser als Hunde oder der Mensch. Grund dafür könnte der körpereigene, recht hohe Cortisolspiegel einer Katze sein. D.h., ihr Grundbedarf ist schon höher als bei anderen Säugetieren. (z.B. weil Cortison den Blutzuckerspiegel erhöht und damit viel Energie für schnelle Sprints in der Jagd zur Verfügung stehen).
Cortisone haben alle eine starke Wirkung auf den Wasser-, Kalium- und Salzhaushalt des Körpers (mineralkortikoide Wirkung). Diese Wirkung wird bei künstlich hergestelltem Cortison weitestgehend abgeschwächt, was aber eine stärkere Wirkung auf den Blutzuckerspiegel und die entzündungshemmende Wirkung hervorruft.
„Die Achse Hirnanhangsdrüse-Nebenniere ist weniger anfällig für Regulationsstörungen durch äußerlich hinzugefügtes Kortison als bei anderen Spezies.“
Quelle:
https://www.tierarztpraxis-moeller.de/tierarzt-hautprobleme-allergien-muenchen.html
Aber auch bei ihnen kann es zu möglichen Nebenwirkungen kommen. Diese können sein:
• Anstieg des Blutdrucks
• Magenbeschwerden
• Muskelschwund / Muskelabbau
• Akne und andere Hautbeschwerden (Pilze)
• Augenprobleme
• Osteoporose
• Wassereinlagerungen
• Immunschwäche
• Diabetes
• Veränderungen des Blutbildes
• Cortisonabhängigkeit / Nebennierenrindeninsuffizienz
• Polyurie
• Polydipsie
• Polyphagie
Beginnen wir mit den letzten drei Punkten, der
Polyurie (vermehrter Urinabsatz), Polydipsie (vermehrte Wasseraufnahme) und Polyphagie (erhöhte Futteraufnahme):
Dadurch, dass Cortison in den Wasser- und Elektrolythaushalt eingreift, kommt es häufig zu vermehrter Urinausscheidung. Der Flüssigkeitsverlust wird wiederum durch vermehrtes Trinken ausgeglichen (unbedingt dafür sorgen, dass genügend Wasser zur Verfügung steht).
Desweiteren entwickeln viele Katzen unter Glukokortikoidbehandlung ein vermehrtes Hungergefühl und fressen mehr, was zu Gewichtszunahme führen kann.
Cortisonabhängigkeit/Nebennierenrindeninsuffizienz
Wenn einem Körper über einen längeren Zeitraum Cortison zugeführt wird, kann es passieren, dass die Nebennierenrinde, die ja das körpereigene Cortisol herstellt, diese Produktion deutlich reduziert oder ganz einstellt (der Aldosteronspiegel bleibt bei einer kortikoidinduzierten Nebennierenrindeninsuffizienz dagegen in der Regel normal).
Die Nebennierenrinde beginnt in der Regel wieder mit einer Herstellung des körpereigenen Cortisols, allerdings darf man die künstlich zugeführte Cortisongabe nicht abrupt abbrechen, sondern muss diese langsam ausschleichen, weil sonst die Nebennierenrinde nicht bzw. nicht schnell genug wieder mit der eigenen Produktion beginnt. Das kann wiederum Schwäche, Müdigkeit, Abmagerung, Übelkeit und im schlimmsten Fall den Tod (Addisonkrise) zur Folge haben.
Da Cortisol ein Stresshormon ist und der Körper in Stresssituationen natürlicherweise die Cortisolproduktion erhöht, kann es bei einer Nebennierenrindeninsuffizienz vor allem zu schwerwiegenden Problemen kommen, wenn es zu einer Stresssituation kommt (beispielsweise Operationen oder extremer psychischer Stress) und die verabreichte Cortisondosis hierfür nicht ausreicht.
Deswegen wird in solchen Situationen u.U. zusätzlich substituiert.
Veränderungen der Blutwerte:
Bei der Gabe von Cortison wird angeraten, während des Zeitraumes der Gabe öfter die Blutwerte bestimmen zu lassen. Man spricht bei einer Gabe von Cortison über 4-6 Wochen von einem Blutbild in kürzeren Abständen, die mit dem TA zusammen festgelegt werden sollten.
Vor allem Katzen, die bereits Vorschädigungen haben (CNIchen, Leberpatienten, Diabetiker…), sollten intensiv überwacht werden.
In der Regel lässt sich ein sog. Stressleukogramm beobachten.
Weitere Veränderungen, z.B. bei Crea, Fructosamin, Elektrolyten usw. (vor allem den Fructosaminwert im Auge behalten, dazu siehe unten) können zeigen, ob es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommt, die unter Umständen separat behandelt werden müssen. Evtl. muss auch die Cortisondosis angepasst oder sogar abgesetzt werden.
Die Veränderungen sind häufig reversibel, können aber im schlimmsten Fall auch dauerhaft sein und z.B. auf eine Schädigung bestimmter Organe hinweisen. Folgeerkrankungen müssen selbstverständlich ebenfalls behandelt werden.
Diabetes:
Cortison wirkt regulierend auf den Zuckerstoffwechsel. Daher kann es bei Diabetikern zu Veränderungen kommen, die man durch engmaschige Blutkontrollen erkennen kann. In diesen Fällen muss die Insulingabe angepasst werden, die Neueinstellung erfolgt dann über regelmäßige Blutzuckermessung.
Eine länger andauernde Cortisongabe kann aber auch Diabetes auslösen, da eben in den Zuckerstoffwechsel eingegriffen wird. Dies geschieht in der Regel nur bei längerer Gabe von Cortison, aber auch kurze Gaben sollten der Kontrolle unterliegen. Der durch Glukokortikoide verursachte Diabetes („Steroiddiabetes“) ist in den meisten Fällen reversibel, verschwindet also nach dem Absetzen der Glukokortikoide wieder.
Immunschwäche:
Cortison unterdrückt das körpereigene Immunsystem und kann damit zu einer erhöhten Infektanfälligkeit des Tieres führen. Dies geschieht allerdings i.d.R. erst bei einer längeren Gabe von Cortison bzw. kann bei einem Depotcortison auftreten.
Wassereinlagerungen:
Zu Wassereinlagerungen (Ödemen) kann es bei einer längeren Gabe von Cortison auch bei Katzen kommen, ebenso zu Fetteinlagerungen, die dann nur schwer wieder abzubauen sind.
Bei Wassereinlagerungen muss besonders darauf geachtet werden, dass unter Umständen das Wasser entnommen (durch Punktion oder Entwässerungsmittel) werden muss.
Osteoporose:
Die Knochen sind fortwährend im Umbau. Für den Aufbau sind die Osteoblasten, für den Abbau die Osteoklasten zuständig. Normalerweise halten sich Aufbau und Abbau in der Waage, die gesamte Knochenmasse bleibt also gleich.
Bei einer Osteoporose überwiegt der Abbau über den Aufbau, das heißt, die Knochenmasse nimmt ab, das Knochengerüst wird quasi „angenagt“.
Genaueres zum Knochenstoffwechsel siehe hier:
http://www.helmberg.at/knochen-stoffwechsel.htm
Glukokortikoide hemmen nun die Osteoblasten und steigern die Aktivität der Osteoklasten, es kommt so zu einer Abnahme der Knochenmasse.
Gleichzeitig führen Glukokortikoide zu einer erhöhten Calciumausscheidung im Urin und hemmen zusätzlich die Calciumaufnahme. Als Reaktion darauf wird die Nebenschilddrüse angeregt, mehr Parathormon auszuschütten (-> sekundärer Hyperparathyreoidismus). Parathormon fördert unter anderem die Resorption von Calcium, regt aber zusätzlich auch die Osteoklasten an, Knochen abzubauen (um Calcium freizusetzen).
Dies führt schlussendlich zur glukokortikoidinduzierten Osteoporose. Das Risiko von Brüchen ist deutlich erhöht.
Augenprobleme:
Durch längerfristige Gabe von Cortison kann es zu einem Glaukom (grüner Star) im Auge kommen, dabei wird durch den Anstieg des Augeninnendrucks der Sehnerv geschädigt. Auch die Entwicklung eines grauen Stars (Trübung der Linse) kann durch Cortison schneller voranschreiten.