Hallo,
meine Schwester mit Familie und Katze (ca. ein Jahr alt) lebt in Italien. Den August über sind sie bei uns in Berlin, mein Elternhaus mit Garten. Sie hatten niemanden geeignetes, um die Katze zu versorgen, und haben daher beschlossen sie mitzunehmen. Die Katze ist in Italien begeisterter Freigänger, zwar zierlich und eher zurückhaltend, aber nicht scheu und hat kein Problem mit vielen Menschen und Kindern im Haus.
Die Katze hat auf der Reise (mit Übernachtung in München) wohl keine Probleme gemacht oder gehabt. Nach der Ankunft bei uns war sie natürlich im ersten Augenblick etwas nervös, aber innerhalb von wenigen Stunden hat sie das Haus bis in den Keller und das Obergeschoss inspiziert und für gut befunden. Soll heissen: auf verschiedenen Stühlen und Sofas und in irgendwelchen katzentypischen Nischen probegeschlafen. Und das Katzenklo auf Anhieb benutzt, obwohl sie zuhause ohne auskommt.
(Im Internet gibt es tatsächlich Ratgeber, die meinen, man solle eine Katze nach einem Umzug erstmal auf einen Raum beschränken, "um sie nicht zu überfordern". Lächerlich. Klar, mag es solche Katzen geben. Aber das als allgemeinen Ratschlag zu verkaufen... )
Am folgenden Tag (erster Tag komplett hier) sass sie mehrmal an der Terrassentür, guckte in den Garten, und wollte gerne raus.
(Die meisten Ratgeber im Internet sagen "mindestens vier Wochen eingesperrt lassen", das hielten wir von Anfang an für übertrieben, aber natürlich waren wir auch nervös, ob es gut gehen würde, wenn wir die Katze schon nach wenigen Tagen rauslassen würden. Wir dachten so an eine Woche...)
Doch dann liessen wir sie bereits am zweiten Tag raus, in Begleitung. Erster Ausflug war nur kurz, im wesentlichen die Terrasse erkundet. Insgesamt war sie an diesem Tag dann drei- oder viermal draussen, jedesmal weiter. Bei einem Ausgang mit mir, gegen Abend, begann ich mir schon Sorgen zu machen, weil sie im Gebüsch jenseits des Nachbargrundstücks und in der Nähe einer grossen Strasse, längere Zeite nicht mehr sichtbar war. Meine Nichte hat sie dann mit einer Futterdose rausgelockt und wieder ins Haus gebracht.
Seit dem dritten Tag darf sie tagsüber raus, wann sie will. Geht mehrmals am Tag raus und wieder rein. Kam bisher sogar immer freiwillig vor dem Schlafengehen wieder rein.
Jetzt ist der sechste Tag, und diese Katze fühlt sich hier pudelwohl. Soweit ich weiss fühlt sie sich zuhause auch wohl, aber man hat echt den Eindruck, dass das hier bei uns für sie Urlaub mit Extra-Spass ist. Vielleicht liegt es an dem viel interessanteren Garten, mit Treppen, Mauern und viel dichterem Bewuchs. Auch das Haus bietet mehr Winkel für eine Katze. Sobald sie ohne Begleitung im Garten unterwegs sein konnte hat sie Mäuse gefangen (junge Brandmäuse, tut mir leid das zu sehen, aber so ist das halt, und besser Mäuse als Vögel).
Wenn sie mir im Garten begegnet streicht sie mir an den Beinen vorbei und macht dann weiter mit ihren Erkundungstouren. Das war einer der Punkte, der es uns wagen liess, sie schon nach so kurzer Zeit rauszulassen: dass sie eindeutig eine positive Bindung zu uns hat. Sogar zu mir, obwohl sie mich vorher nur einmal zu Weihnachten ein paar Tage lang kennengelernt hat.
Sie ist bisher eigentlich keine besondere Schmusekatze, und sie kommt auch nicht wenn man sie ruft (es sei denn, es wäre Essenszeit). Aber hin und wieder der kurze Körperkontakt zeigt, dass sie sich eindeutig als Teil des Familienrudels sieht und uns vertraut.
Wenn ich mir vorstelle, dass wir die tatsächlich mehrere Wochen eingesperrt hätten... das hätte nur Probleme gebracht. Dieses Tier will immer raus, und sie ist eine für ihr Alter bereits sehr erfahrene Freigängerkatze, aber mit starker Bindung an ihre Familie.
Grüsse,
Robert
[Ich habe mich extra hier angemeldet, weil bei uns vor kurzem das gleiche Problem aktuell war, und die Antworten, die ich dazu im Internet hauptsächlich gefunden hatte (Miiiiindestens vier Wochen!!!) fand ich nicht so passend...]