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Nansen
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- 12. März 2013
- Beiträge
- 20
Der kleine Ballistiker - Räumliches Verständnis & Planung
Unsere Mitkatzen haben, wie man zu berichten weiss, ein exzellentes räumliches Vorstellungsvermögen mit dem sie uns immer wieder verblüffen.
Wer zum Beispiel die Katz gelegentlich gegen ihren Willen einfangen muss (sei es der ungeliebten Medizin halber oder weil man vielleicht an offener Elektrik arbeitet und sie weg sperren will) kann ein Lied davon singen; mit untrügerischer Sicherheit findet sie jene Winkel und Ecken im Haus, die zwar für sie selber und ihre Mitkatzen bequem zu erreichen, dem grossen plumpen Menschen jedoch recht unzugänglich sind. Eine Fähigkeit, die ihr hilft den Räubern im Walde zu entkommen, die grösser sind als sie selber.
Oder wenn wir uns zum allseits beliebten Krümelwerfen quer durch's Haus treffen; hier fliegt das Trockenfutter bisweilen weit ab in dunkle Ecken, aber das kleine Aufprallgeräusch des Krümels auf dem Boden setzt eine Marke auf die innere, dreidimensionale Landkarte des Jägers - so schnell und unfehlbar, dass wir Menschenleut' nicht müde werden, diesem wilden, gekonnten Treiben zuzuschauen.
Aber solche Geschichten, zeigen nur, dass die Katze weiss was ist. Ihr inneres Bild der Wirklichkeit beschreibt das Jetzt und dafür reichen die guten Sinne und ein spezialisiertes Gehirn aus, doch wie steht es um die räumliche Intelligenz?
Ein Beispiel und Anlass meines Schreibens sei hier näher erwähnt:
Wie an anderer Stelle im Forum erwähnt, halte ich meine zwei Herrenkatzen aufgrund unüberwindlicher Meinungsverschiedenheiten getrennt. Für Emerson hat Krümelwerfen keine besondere Bedeutung, für Wuschel aber schon. Er kann vor sich eine Schüssel voller Trockenfutter stehen haben und an diesem Nachmittag ganz alleine in der oberen Etage sein - nehme ich die Krümel stattdessen aus der Schüssel heraus und schleudere sie durch die Gänge, beginnt sofort die wilde Hatz mit den üblichen Stunteinlagen, wildes Schleudern und vor die Wände prallen.
Bisweilen ruft er mich regelrecht, macht sich bemerkbar, "komm' mach' ma' Kurzweil..."
So gehe ich dann ins Treppenhaus, bleibe aber auf halber Höhe stehen, so dass Kopf und Schulter gerade oben in der kleinen Halle am Treppengeländer hervorlugen. Nach dem Begrüssungsritual kann ich, so gerade alle Türen offen stehen, die Krümel im Flur zur Landung bringen, ins Klo werfen (also: in den Raum, nicht in die Schüssel), in die Fein-Werkstatt (oder hindurch bis ins Gästezimmer) oder auch in die andere Richtung, ins Arbeitszimmer.
Das bietet sehr viele Variationsmöglichkeiten.
Der Spassfaktor lässt sich erhöhen indem ich, nachdem der erste Krümel verschlungen, den Wurf des zweiten nur andeute.
Diese Andeutung des Wurfes - die gerichtete Bewegung mit dem Arm oder dem Handgelenk - darf nicht zu schnell erfolgen, weil die Katze sonst denken würde, der Krümel sei vielleicht schon geflogen und in unnötiger Weise bereits in die Richtung galoppiert. Das kennen auch Hundehalter gut. Aber natürlich tut man das nicht; Hunde oder Katzen zu verkohlen - ist ja klar.
Nein - stattdessen wird die Vor-Wurfbewegung deutlich und langsam genug ausgeführt und von der Katze genau beobachtet.
Besonders bei Wuschel, dem dieses Spiel ja ganz aussergewöhnlich gefällt, ist nun folgendes zu beobachten.
Zunächst werfe ich drei, vier Krümel ins Arbeitszimmer, mit vornweg angedeuteter Wurfbewegung.
Wuschel wird nun ab dem dritten Krümel nicht mehr in den Flur zurückkommen, sondern sich nur in meine Richtung drehen und den Wurfarm beobachten.
Wenn ich aber an dieser Stelle lediglich zwei Wurfbewegungen in seine Richtung andeute, dann aber mittendrin in zwei weitere Bewegungen quer zu seiner Sichtachse übergehe, wird er sofort und ohne den Arm aus den Augen zu lassen, soweit im Arbeszimmer nach vorne auf mich zugehen, dass er den Flurbereich zum Klo hin wieder an den Rand seines Sichtfeldes bekommt.
Ist das nicht ganz erstaunlich?
Im spielerischen Bestreben die Jagdeffizienz zu optimieren, entwickelt die Katze auf eine blosse Möglichkeit hin, soviel räumliche Vorausschau....
Ihr dürft Euch keine glatten, modernen Böden und Einrichtungen vorstellen - gerade in diesem Bereich habe ich Fussbodendielen verwendet, die vor hundert Jahren schon alt waren. Es gibt allerlei Winkel und Spalten, in denen ein Krümel verschwinden kann. Da ist die Flugbahnverfolgung sowohl mit den Augen, aber vor allem auch mit den Ohren, die stereoskopisch in direkter Linie natürlich besser funktioniert als um die Ecke, schon wichtig.
Zunächst stellt Wuschel sich vor, dass sich in meiner Hand, obwohl er es nicht sieht, ein Krümel befindet.
Dann stellt er sich vor, dass ich diesen Krümel irgendwohin werfe, obwohl er es nicht weiss.
Und er hat gelernt, dass eine langsam angedeutete Wurfbewegung ein Indiz für die - zu erwartende - Flugbahn ist.
Dabei erkennt er übrigens auch die Wurfseite, er weiss also, dass der Krümel meine rechte Hand auf der Seite der Handfläche verlässt - eine Rückhand habe ich nie versucht.
Und nun, da ich die Bewegung veränderte, läuft in seinem Kopf das was-wäre-wenn Szenario ab und er bringt sich auf eine rationale Abschätzung hin sofort in eine strategisch günstigere Position in Relation zu einem Raum in dem er die kommende Flugbahn voraus sieht.
Wow (bzw. Mjau)
Grüsse Ralf
Unsere Mitkatzen haben, wie man zu berichten weiss, ein exzellentes räumliches Vorstellungsvermögen mit dem sie uns immer wieder verblüffen.
Wer zum Beispiel die Katz gelegentlich gegen ihren Willen einfangen muss (sei es der ungeliebten Medizin halber oder weil man vielleicht an offener Elektrik arbeitet und sie weg sperren will) kann ein Lied davon singen; mit untrügerischer Sicherheit findet sie jene Winkel und Ecken im Haus, die zwar für sie selber und ihre Mitkatzen bequem zu erreichen, dem grossen plumpen Menschen jedoch recht unzugänglich sind. Eine Fähigkeit, die ihr hilft den Räubern im Walde zu entkommen, die grösser sind als sie selber.
Oder wenn wir uns zum allseits beliebten Krümelwerfen quer durch's Haus treffen; hier fliegt das Trockenfutter bisweilen weit ab in dunkle Ecken, aber das kleine Aufprallgeräusch des Krümels auf dem Boden setzt eine Marke auf die innere, dreidimensionale Landkarte des Jägers - so schnell und unfehlbar, dass wir Menschenleut' nicht müde werden, diesem wilden, gekonnten Treiben zuzuschauen.
Aber solche Geschichten, zeigen nur, dass die Katze weiss was ist. Ihr inneres Bild der Wirklichkeit beschreibt das Jetzt und dafür reichen die guten Sinne und ein spezialisiertes Gehirn aus, doch wie steht es um die räumliche Intelligenz?
Ein Beispiel und Anlass meines Schreibens sei hier näher erwähnt:
Wie an anderer Stelle im Forum erwähnt, halte ich meine zwei Herrenkatzen aufgrund unüberwindlicher Meinungsverschiedenheiten getrennt. Für Emerson hat Krümelwerfen keine besondere Bedeutung, für Wuschel aber schon. Er kann vor sich eine Schüssel voller Trockenfutter stehen haben und an diesem Nachmittag ganz alleine in der oberen Etage sein - nehme ich die Krümel stattdessen aus der Schüssel heraus und schleudere sie durch die Gänge, beginnt sofort die wilde Hatz mit den üblichen Stunteinlagen, wildes Schleudern und vor die Wände prallen.
Bisweilen ruft er mich regelrecht, macht sich bemerkbar, "komm' mach' ma' Kurzweil..."
So gehe ich dann ins Treppenhaus, bleibe aber auf halber Höhe stehen, so dass Kopf und Schulter gerade oben in der kleinen Halle am Treppengeländer hervorlugen. Nach dem Begrüssungsritual kann ich, so gerade alle Türen offen stehen, die Krümel im Flur zur Landung bringen, ins Klo werfen (also: in den Raum, nicht in die Schüssel), in die Fein-Werkstatt (oder hindurch bis ins Gästezimmer) oder auch in die andere Richtung, ins Arbeitszimmer.
Das bietet sehr viele Variationsmöglichkeiten.
Der Spassfaktor lässt sich erhöhen indem ich, nachdem der erste Krümel verschlungen, den Wurf des zweiten nur andeute.
Diese Andeutung des Wurfes - die gerichtete Bewegung mit dem Arm oder dem Handgelenk - darf nicht zu schnell erfolgen, weil die Katze sonst denken würde, der Krümel sei vielleicht schon geflogen und in unnötiger Weise bereits in die Richtung galoppiert. Das kennen auch Hundehalter gut. Aber natürlich tut man das nicht; Hunde oder Katzen zu verkohlen - ist ja klar.
Nein - stattdessen wird die Vor-Wurfbewegung deutlich und langsam genug ausgeführt und von der Katze genau beobachtet.
Besonders bei Wuschel, dem dieses Spiel ja ganz aussergewöhnlich gefällt, ist nun folgendes zu beobachten.
Zunächst werfe ich drei, vier Krümel ins Arbeitszimmer, mit vornweg angedeuteter Wurfbewegung.
Wuschel wird nun ab dem dritten Krümel nicht mehr in den Flur zurückkommen, sondern sich nur in meine Richtung drehen und den Wurfarm beobachten.
Wenn ich aber an dieser Stelle lediglich zwei Wurfbewegungen in seine Richtung andeute, dann aber mittendrin in zwei weitere Bewegungen quer zu seiner Sichtachse übergehe, wird er sofort und ohne den Arm aus den Augen zu lassen, soweit im Arbeszimmer nach vorne auf mich zugehen, dass er den Flurbereich zum Klo hin wieder an den Rand seines Sichtfeldes bekommt.
Ist das nicht ganz erstaunlich?
Im spielerischen Bestreben die Jagdeffizienz zu optimieren, entwickelt die Katze auf eine blosse Möglichkeit hin, soviel räumliche Vorausschau....
Ihr dürft Euch keine glatten, modernen Böden und Einrichtungen vorstellen - gerade in diesem Bereich habe ich Fussbodendielen verwendet, die vor hundert Jahren schon alt waren. Es gibt allerlei Winkel und Spalten, in denen ein Krümel verschwinden kann. Da ist die Flugbahnverfolgung sowohl mit den Augen, aber vor allem auch mit den Ohren, die stereoskopisch in direkter Linie natürlich besser funktioniert als um die Ecke, schon wichtig.
Zunächst stellt Wuschel sich vor, dass sich in meiner Hand, obwohl er es nicht sieht, ein Krümel befindet.
Dann stellt er sich vor, dass ich diesen Krümel irgendwohin werfe, obwohl er es nicht weiss.
Und er hat gelernt, dass eine langsam angedeutete Wurfbewegung ein Indiz für die - zu erwartende - Flugbahn ist.
Dabei erkennt er übrigens auch die Wurfseite, er weiss also, dass der Krümel meine rechte Hand auf der Seite der Handfläche verlässt - eine Rückhand habe ich nie versucht.
Und nun, da ich die Bewegung veränderte, läuft in seinem Kopf das was-wäre-wenn Szenario ab und er bringt sich auf eine rationale Abschätzung hin sofort in eine strategisch günstigere Position in Relation zu einem Raum in dem er die kommende Flugbahn voraus sieht.
Wow (bzw. Mjau)
Grüsse Ralf