Nabu stellt Strafanzeige wegen Kormoran-Bekämpfung
08.05.2008
Beim nächtlichen Verjagen der Brutpaare sind angeblich auch Küken erfroren
Stuttgart (lsw) - Im Streit über die Zerstörung der Kormoranbrut am Bodensee gehen Naturschützer jetzt juristisch gegen das Regierungspräsidium Freiburg vor. Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) und die Organisation Menschen für Tierrechte haben Strafanzeige gegen die Behörde gestellt. Der Scheinwerfer-Angriff auf die Kormoran-Kolonie bei Radolfzell in der Nacht zum 9. April sei illegal gewesen, teilten die Organisationen gestern in Stuttgart mit. „Dass das Regierungspräsidium bewusst geltendes Recht missachtet, ist ein Skandal.“ Das Aufsichtsamt wies die Vorwürfe zurück.
Beim nächtlichen Verjagen der Brutpaare bei Temperaturen nahe null Grad sind nach Angaben der zwei Verbände nicht nur Eier abgestorben, sondern bereits geschlüpfte Küken erfroren. Die Behörde habe durch Verjagen der Brutpaare den Kältetod der Jungtiere in Kauf genommen und damit das Tierschutzgesetz verletzt. Kormorane werden von den Behörden als Fischräuber bekämpft.
Dagegen betonte das Regierungspräsidium, die Scheinwerfer-Aktion sei umfassend rechtlich geprüft worden. Ein Sprecher sagte, unter anderem sei eine naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung erteilt worden. Einer möglichen juristischen Auseinandersetzung sehe die Behörde gelassen entgegen.
Berufsfischer und Angler am Bodensee machen den großen schwarzen Raubvogel, der bis zu 500 Gramm Fisch am Tag frisst, für sinkende Fangerträge verantwortlich. Die Naturschützer bestreiten dies. Es gebe dafür keinen wissenschaftlichen Beleg. Nabu-Landesvorsitzender André Baumann warf dem Regierungspräsidium vor, das Tierschutzgesetz „grob missachtet“ zu haben. Die Behörde hatte bestritten, dass es in den Horsten bereits Jungvögel gegeben hätte. Anerkannte ehrenamtliche Vogelkundler haben dies nach Angaben der zwei Organisationen jedoch ganztägig beobachtet. Behördenvertreter hätten dies jeweils nur zwei bis drei Stunden am Tag getan. Wegen der großen Höhe der Nester, in die niemand hineinschauen könne, seien aber Beobachtungen über einen längeren Zeitraum notwendig gewesen. Regierungspräsident Julian Würtenberger und Baumann wollen die Kormoranattacke morgen erörtern. Der Gesprächstermin ist laut der Behörde schon vor Wochen vereinbart worden. Er bekomme jedoch durch die Strafanzeige neue Brisanz