Dr. Mircea Pfleiderer die lange mit Prof. Paul Leyhausen zusammengearbeitet hat und in Afrika Wildkatzen erforscht, hat auf ihrer HP den Artikel
Hauskatzen in der Wohnung veröffentlicht.
Deine Auswahl der zitierten Texte hast du ja recht einseitig getroffen, wie mir scheint.
Dr. Pfleiderer schreibt auf ihrer Website nämlich auch:
Die "Raufspiele" gehören nicht ausschließlich zum Thema Beutefang". Die menschliche Hand, welche die Katze umwirft, auf den Rücken dreht, sich ihrerseits "überfallen" läßt, ersetzt die (junge) Mitkatze.
Wieso muss der Mensch die "(junge) Mitkatze" ersetzen?
Wenn die Katze keinen Artgenossen bräuchte, wäre kein menschlicher Sparringspartner nötig.
Beim Raufen und Verfolgen klären junge Katzen auf spielerische Weise ihre Rangordnungsverhältnisse untereinander.
Wozu klären junge Katzen ihre Rangordnungsverhältnisse?
Wenn die Katze kein soziales, in Gruppen lebendes Wesen wäre, sondern ein Individualist, wären weder Rangordnungen noch die Klärung der Rangordnungsverhältnisse notwendig.
Neuere Forschungen an wilden Katzenarten wie auch an unserer Hauskatze haben nun erhebliche Zweifel an der Vorstellung vom "Einzelgänger Katze" entstehen lassen.
Eben.
Von Hauskatzen kennt man die "Bruderschaft der Kater"; sie ist ein lockerer Verband mehrerer Kater mit einer absoluten sozialen Hierarchie. Junge Kater werden nach zahlreichen Kämpfen um die Rangordnung aufgenommen.
Zum "geselligen Beisammensein" treffen sich einige Hauskater und -katzen abends und nachts oft stundenlang in der Nähe ihrer Reviere. Es hat nichts mit der Paarungszeit zu tun und ist friedlich, sogarfreundschaftlich.
Nichts anderes vertreten die Befürworter von Kleingruppenhaltung.
Außerdem widerspricht sich Dr. Pfleiderer mehrfach, z. B.
Sie benötigen dazu den Menschen, zu dem eine viel engere und freundschaftlichere Beziehung möglich ist, als sie es zwischen Katzen je werden kann, und dafür gibt es sogar einen sichtbaren Beweis: Nur ein regelmäßig von Menschenhand gestreicheltes Katzenfell wirkt glatt und gepflegt. Hingegen weiß jeder, der einmal streunende Hauskatzen beobachtet hat, wie schäbig diese trotz bester Fütterung (das kommt vor!) aussehen.
Die beiden werden sich mit Spielen, gegenseitiger Fellpflege, gelegentlich einer wilden Rauferei die Wartezeit auf den Menschen verkürzen.
Betrachtet man die Einleitung, wird auch klar, dass eine negative Grundeinstellung der Wohnungshaltung gegenüber zu bestehen scheint, was ein wenig an der Objektivität der folgenden Argumente zweifeln lässt.
Etwa die Hälfte aller Katzen Mitteleuropas lebt ausschließlich in der Wohnung oder im Hause. Viele Stadtmenschen in ihren Etagenwohnungen wollen ihr naturfernes Dasein oder ihre Einsamkeit mit einem unaufdringlichen Hausgenossen beleben. Oft verurteilt auch ein übertriebenes Bedürfnis, das Tier vor aller und jeder Gefahr zu schützen, die Katze zum dauernden "Stubentier". Da ist sie dann mehr als sonst schon darauf angewiesen, daß ihr Mensch sie richtig behandelt. Es mangelt in der üblichen Stadtwohnung ja so ziemlich an allem, was ein freies Katzenleben ausmacht: Es gibt keine Beutetiere, die es zu überlisten und zu überwältigen gilt, keine Rivalen, denen man das Territorium oder den Rang streitig machen kann, keine Sexualpartner, Jungtiere, Raufereien, Freßfeinde, keinen Wechsel der Jahreszeiten... die Liste ließe sich noch lange fortführen. So mag das Dasein einer Wohnungskatze zwar behütet, aber trotz aller liebevollen Behandlung durch den Menschen geradezu tödlich langweilig sein.
In der Einleitung wird darauf verwiesen, dass der (Einzel)Katze in der Wohnung allerhand fehle: keine Rivalen, denen man das Territorium oder den Rang streitig machen kann, keine Sexualpartner, Jungtiere, Raufereien.
Und später soll dargelegt werden, dass der Mensch allein und viel besser die Bedürfnisse der Wohnungskatze decken könne:
Katzen sind Individualisten; sie sind keine Einzelgänger oder gar Eigenbrötler, nur, daß sie als Gesellschaft, gewissermaßen als "Mitkatze", uns Menschen bevorzugen. Und darauf können wir doch eigentlich ein wenig stolz sein.
Ich finde das alles in sich nicht schlüssig. Einzelne Teilbereiche des Aufsatzes sind plausibel und gut begründet, wie das richtige Abgabealter von Kitten, gerade im Bereich der Kleingruppenhaltung scheint die Autorin sich jedoch von (unbestreitbar vorhandenen) negativen Beispielen von Katzenhaltung in Kleingruppen einerseits und dem menschengemachten Einzelgängerverhalten von Einzelkatzen leiten zu lassen.
Natürlich ist es nicht damit getan, einfach wahllos irgendwelche Katzen zusammenzusetzen. Es ist große Rücksichtnahme auf die einzelnen Charaktere notwendig, um harmonische "Familiengruppen" nach dem Vorbild der matriarchalen Verbände einerseits und "Katergruppen" nach dem Vorbild der "Bruderschaften der Kater" zusammenwachsen zu lassen.
Die damit verbundene Mühe wird aber mehr als belohnt, wenn man die Interaktivitäten von Katzen beobachtet, die, zeitlebens in Gesellschaft von Artgenossen gehalten, nie dem sozialen Miteinander entwöhnt wurden.
Und ich bin ehrlich gesagt _sehr_ froh, dass ich nicht die vielfältigen Bedürfnisse meiner Kater als "menschliche Mitkatze" stillen muss.
Weder zum Ohrenauslecken noch zur gegenseitige Säuberung des Mäulchens nach dem gemeinsamen Mahl wäre ich bereit, ganz zu schweigen von der Kontrolle (und gegebenenfalls Nachsäuberung insbesondere bei jungen und älteren Tieren) des rückwärtigen Bereichs nach dem Toilettengang!
Und obwohl meine Kinder mitunter katzengleich mit den Katern umhertollen, solch eine Ausdauer wie ein Kater - hat nur ein zweiter Kater. Ganz zu schweigen davon, dass Menschen(kinder) spätestens beim Wettklettern auf den Kratzbaum, beim Balancieren auf der Pergola oder beim Springen vom Schrank aufs Bett nicht mithalten können.