Aus eigener Erfahrung würde ich die blinde Katze an ein Geschirr mit Leine gewöhnen - wenn sie denn in den Garten soll/darf - und nur mit ihr gemeinsam raus gehen.
Mit unserer blinden Vicky habe ich schon einiges ausprobiert, hier die Erfahrungen:
Vicky ist mit fünf Wochen aufgrund von schwerem Katzenschnupfen erblindet, ein Auge hat sie verloren, die Augenhöhle mußte später doch noch vom ganz hinten liegenden Rest befreit werden, weil es sich immer wieder entzündete, die Augenhöhle wurde verschlossen. Beim anderen Auge wurde sie mit schon mit ein paar Monaten operiert, das Auge entfernt und die Höhle verschlossen.
Vicky ist in einer Wohnung mit anderen Katzen und Hunden aufgewachsen, sie ist unerschrocken, selbstbewußt und neugierig. Als sie mit ihrem Bruder bei uns einzog, war sie 5 Monate alt, da blieben beide noch im Haus, obwohl die anderen täglich Ausgang hatten. Erst nach der Kastra beider durfte der Bruder raus mit den anderen Katzen, Vicky trug dann ein Geschirr mit Leine, ein handelsübliches Katzenset.
Weil sie im Haus absolut sicher läuft und sich schnell eine Landkarte angelegt hat, auch draußen schnell die Wege wußte, den Hofrand usw., habe ich dann mal an einem ruhigen Tag die Leine abgemacht - nie wieder! Sie ist sofort auf Erkundung gegangen und schnurrstraks aufs Tor zu, drunter durch, über die schmale Straße zum Nachbarn...
Sie wäre ganz einfach viel zu weit gelaufen bevor sie eine "Begrenzung", wie drinnen die Wände, abgespeichert hätte und bei all den Umgebungsgeräuschen und der Ablenkung, hätte sie nur sehr unwahrscheinlich heim gefunden, wenn sie sich erschreckt hätte und ein Versteck gesucht hätte, wäre der Heimweg wohl nicht mehr im Kopf gewesen.
Draußen ist sie generell nicht so sicher wie drin, es erschreckt sie schneller etwas - und es kann immer mal ein Hund den Zaun überwinden und auf die Katze losdüsen, ein Feuerwerkskörper im Umfeld wegen Geburtstag/Fußballtor/... gezündet werden, eine Fremdkatze kann auf Vicky losgehen.... daß ist alles zu unsicher und daher bleibt sie an der Leine und ich in ihrer Nähe.
Wer denkt, ein Geschirr was eng sitzt ist sicher, der unterliegt leider einem Irrtum. Ich halte inzwischen kein Katzengeschirr für sicher, auch kein kleines Hundegeschirr, alles sitzt wenn passend gekauft sehr gut bis die Katze in Panik gerät! Eine Katze in Panik und erst recht eine blinde Katze, ist draußen nicht mehr zu beruhigen, erkennt sehr wahrscheinlich nicht mal mehr den vertrauten Halter und windet sich in ihrer Angst aus dem Geschirr, es ist eine Frage der Zeit und der Anstrengung, aber aufgrund der Katzenanatomie wird sie sich entweder befreien oder so blöd drin verzurren, daß ebenfalls Gefahr besteht. Hier hilft meiner Erfahrung nach sofort in eine Decke/großes Handtuch wickeln und ins Haus tragen, erst dort in einem sicheren Raum "auspacken".
Für Vicky habe ich mittlerweile Hundegeschirre in XS in Gebrauch, solche mit kurzem Bauch- und Rückensteg, sie zieht daran ihre 20 oder 25 m Schleppleine mit, deren Ende sicher in der Gartenmitte verankert ist. Beim Hundegeschirr geht der Zug nicht auf den Hals wegen Bauch- und Bruststeg, Katzengeschirre haben nur den Rückensteg. Die Länge der Leine habe ich so gewählt, daß Vicky bis ins Haus kann (sie geht dort aufs Klo) und bis nach hinten in den Garten, sie reicht aber nicht unterm Tor durch. So kann Vicky frei laufen, ihre Strecken selbst wählen und auch spielen - sie schafft das meist ohne jedes Verheddern. Nur wenn sie in die Beete stiefelt, bleibt sie an Büschen usw. hängen und ich schaffe es nicht ihr zu vermitteln, dann entgegen dem Zug zu laufen. Da ich sowieso in der Nähe bleibe, macht das aber nichts und ich ziehe die Leine dann aus dem Gestrüpp.
Panikerfahrung:
Vor vielen Jahren lag Vicky entspannt auf der Gartenbank und ich war nur kurz nach vorn gegangen, in dieser Zeit war ein dominanter Kater aus der Nachbarschaft in den Garten gekommen und offensichtlich auf Vicky zu, sie wahrscheinlich angefaucht und sie geriet in Panik - als ich zurückkam, war Vicky ins Beet gerannt, zerrte wie von Sinnen an der Leine, der Kater rannte in die andere Richtung und leider war keine unserer anderen Katzen dabei gewesen, sonst wäre es nicht passiert. Vicky erkannte mich nicht und hatte sich schon fast aus dem vorderen Gurt vom engen Geschirr gekämpft, also holte ich eiligst eine Decke, wickelte sie ein und brachte sie damit rein. Sie hat sich fix beruhigt, den Garten drei Tage gemieden, dann ging sie vorsichtig wieder raus.
Meine Lehre daraus ist, niemals aus den Augen lassen und kein Geschirr ist sicher.
Wir hatten immer wieder andere Geschirrmodelle, die Westen haben Vicky nicht gefallen, alle anderen passenden sitzen durchaus gut und eng, aber nicht zu fest und stören sie nicht - doch bei jedem Schreck, auch wenn sie nur unters Auto flieht und die Leine sich am Rad festzieht, Vicky weiter will und kämpft, sitzt nichts mehr sicher.
Natürlich ist jede Wohnsituation und jede Katze individuell, doch Panik ist nicht vorhersehbar, läuft aber immer ähnlich ab, von daher kann ich nur empfehlen entweder den Garten zu sichern, der Katze nur eine gesicherte Terrasse zu lassen oder eben mit Leine und Geschirr rauslassen, dann aber dabei bleiben.
Die lange Leine ist von Vorteil, weil man als Mensch mit einer kurzen Leine "stört", mit langer Leine kann die Katze selbst ihre Wege bestimmen und frei von Begleitfüssen laufen, so hat sie mehr vom Ausflug.
Vicky genießt ihre Gartenausflüge besonders im Sommer sehr, sie lauert Insekten auf, sonnt sich auf der Gartenbank oder packt sich ins hohe Gras, spielt mit Bällen, sucht neue Katzenminzepflanzen und sie kennt ihren Garten sehr gut. Dennoch ist auch nach dreizehn Jahren die Landkarte im Kopf von draußen nicht so gut wie die von drinnen, Ablenkung kann Vicky draußen "irren" lassen.
Lieben Gruß
Karen