Meine Erfahrung als Anfänger mit 2 Katzen
Ich habe mir letztes Jahr meine Katze Molly aus dem Tierheim geholt, auch Freigänger. Dann gab's aber Probleme mit der Nachbarskatze, Molly wollte nicht mehr 'raus, und ihr wurde es schnell drinnen zu langweilig, sie hat mich genervt ohne Ende. Da habe ich mich entschieden, eine zweite Katze dazuzuholen, denn auch ein Freigänger ist nicht immer draussen. Im Winter war ich dann auch echt froh, dass sich die beiden miteinander beschäftigen konnten.
Ich habe folgende Vorteile bemerkt mit einer 2. Katze:
1) Aussehen, Fressverhalten und den Output kann der Anfänger-Katzenhalter vergleichen und so besser beurteilen, ob die Katze gesund ist.
2) Das Verhalten der beiden Katzen zu vergleichen ist spannend und liefert ebenfalls Anhaltspunkte, ob alles okay ist bzw. welches Verhalten normal und was ungewöhnlich ist.
3) Indem ich die Kommunikation der beiden Tiere untereinander beobachte habe ich gelernt, die Katzen-Kommunikation zu mir besser zu verstehen. Z.B. hat Molly mich immer gezwickt, und ich hatte gedacht, dass ich irgendetwas falsch gemacht habe. Jetzt macht sie das auch mit Roxy (der anderen Katze), die dieses Verhalten i.A. genauso ignoriert wie ich, gelegentlich wird Molly "abgestraft". Molly zeigt also ein Fehlverhalten, ich habe nix falsch gemacht!
4) Die Tiere beruhigen sich in Stress-Situationen gegenseitig. Dazu eine Geschichte: Molly ist ein sehr unsicheres Tier. Ein Nachbar hat mir gerade in der Anfangszeit geholfen, Molly gegen Parasiten zu behandeln. Er war dabei etwas zu brutal, Molly hat sich sehr aufgeregt, dass sie so überraschend so heftig gepackt wurde. Einige Monate später kam der Nachbar mir wieder zur Hilfe für Roxy (meine 2. Katze), ebenfalls für eine Behandlung. Molly sah den Nachbarn und floh entsetzt in den Garten. Nachdem der Nachbar weg war, versuchte ich Molly zu beruhigen und wieder in die Wohnung zu locken. Keine Chance: Molly rannte zitternd und jammernd am Gartenrand hin und her, ich konnte nicht mal zu ihr rübergehen, sonst wäre sie ganz abgehauen. Sie hat sogar unter sich gepinkelt. Da kam doch tatsächlich Roxy anmarschiert, schnuffelte mal an Molly, hob dann die Pfote, haute ihr eins an die Backe und ging dann wieder ganz gelassen ins Haus. Molly guckte doof und kam dann doch zögerlich hinterher. Ich habe keine Ahnung, was ohne Roxy's Eingreifen passiert wäre, womöglich wäre sie tatsächlich ganz weggerannt. Man hört gelegentlich Geschichten, dass die Katzen sich auch gegenseitig suchen, sollte ein Freigänger vermisst werden - das kommt natürlich immer auf den Charakter der Tiere an.
5) Ich habe mit Molly ein Fräulein Rühr-Mich-Nicht-An ins Haus geholt. Seit ich Roxy, die Knutschkugel, dazugenommen habe, ist es für mich leichter, Molly's Art zu akzeptieren - dann knuddel ich halt die Roxy, wenn Molly keine Lust hat.
6) Roxy lässt sich sehr leicht behandeln, Molly ist schwierig. Wenn ich irgenwas mit den Katzen machen muss (z.B. Tabletten geben), dann übe ich als Anfänger erstmal mit Roxy, bevor ich mich an Molly wage.
Aber lass Dir nicht einreden, 2 Katzen würden weniger Arbeit machen. 2 Katzen machen natürlich mehr Arbeit: Mehr Klos, mehr Einkäufe / größere Vorratshaltung, mehr TA-Besuche, doppelte Anzahl angeschlepptes Viehzeugs. Was tatsächlich weniger wird, ist die (artgerechte) Beschäftigung des Tieres, weil die zweite Katze da viel übernimmt. Bei mir hat das zu deutlich ruhigeren Nächten geführt, und ich kann die Tiere ohne schlechtes Gewissen im Urlaub "alleine" lassen (Catsitter kommt 2x am Tag).
Was das Toben angeht, stimme ich den andere Foris zu: Meine beiden Mädels raufen nicht, aber sie jagen sich viel durch Haus und Garten, spielen "Verstecken und Erschrecken". Wenn man so ein Spiel zwischen zwei Katzenmädels das erste Mal sieht, dann wird es einem erst klar, dass kein Mensch das ersetzen kann, da kann man noch so viel herumwedeln.
Ich möchte vermitteln: Eine zweite Katze kostet zwar mehr Arbeit, Zeit und Aufregung, aber hilft gerade Anfängern beim Erlernen des Umgangs mit den Tieren, weil man 2 Tiere miteinander vergleichen kann. Und der Katze tut es (meistens) gut, weil sie einen Partner zum Spielen und einfach als Gesellschaft bekommt.
Nachtrag noch zum Freigang: Ich habe meine Katzen erst nach draussen gelassen, nachdem sie
1. ihren Namen kannten und auf Zuruf gekommen sind (das habe ich gezielt geübt),
2. in Krisensituationen sich an MIR orientiert haben (Molly: Unheimliches Fauchen des Wäschetrockners, Katze - schon halb zur Flucht gewendet - schaut, was ich mache und beschliesst daraufhin, das Wegrennen zu unterlassen. Roxy: Komischer Besuch kommt ins Haus, Katze rennt zu mir, um sich hinter mir zu verstecken)
Dann sind wir zunächst gemeinsam nur in den (ungesicherten) Garten gegangen, das war erst mal spannend genug, die Katzen blieben zunächst in der Nähe. Trotzdem bin ich tausend Tode gestorben, als Roxy eines Tages völlig naiv auf der Straße herumgerannt ist und die fahrenden Autos ignorierte. Ich musste ihr leider erstmal Angst vor Autos einjagen, bevor sie von der Straße weggeblieben ist - hat zum Glück einigermaßen geklappt.