Ludmillas Reise nach Moskau - Reisebericht für den 24./25.04.2015
Liebe Fories,
sehr lange ist es her, dass wir den letzten Reisebericht veröffentlicht haben, es liegt aber nicht daran, dass wir keine Reisen nach Russland unternommen haben, sondern daran, dass neben der üblichen Vereinsarbeit, den Vermittlungen, der Sicherstellung der Pflegestellenversorgung und Unterstützungssuche für Projekte vor Ort, Arbeits- und Privatleben leider wenig Zeit für Berichte bleibt.
Am 24.04.2015 war es soweit, dass Ludmilla wieder nach Russland flog um unsere nächsten Glückspilze nach Deutschland zu bringen. Wie immer war sie mit Futter und Euren Geschenken für unsere Pflegekatzen voll bepackt und wurde von den Katzen auch sehnsüchtig erwartet. Auch auf dieser Reise konnte sie ca. 45 Kilo an die hungrigen Mäulchen übergeben. Der Flug nach Moskau verlief unproblematisch, Ludmilla konnte zum Glück alles an Futter mitnehmen was dafür vorgesehen war.
In Moskau angekommen wurde sie diesmal pünktlich von Lilia abgeholt. Lilia meinte, dass in Moskau gerade Rush-Hour war und sie den Stau soweit es geht umfahren müssten, sonst würden sie mind. 4-5 Stunden im Stau stehen. Gerade wenige Tage vor Ludmilla’s Ankunft war in der Nähe des Flughafens eine neue private und dadurch kostenpflichtige Autobahn eingeweiht worden und nun haben die beiden diese Route genommen. Die Autobahn war fast leer, ganz neu und sah auch gut aus. Als nach den ersten 9 km die 1. Zahlstelle kam, haben die beiden auch verstanden, warum die Autobahn so leer war, sie war nämlich ganz schön teuer – 150 Rubel für 9 km, das entsprach nach dem damaligen Wechselkurs 2,71 €.
Also blieb Lilia und Ludmilla wenig anderes übrig, als auch weitere 4 bis 5 bezahlbare Autobahnabschnitte zu nehmen und nach 1,5 Stunden Fahrt sind sie bei Lilia’s Haus angekommen. Unterwegs haben die Zwei wie immer viel über die Katzen, Vermittlungen und Neuigkeiten gesprochen. Lilia berichtete, dass sie bald Oma wird, die Freundin ihres erwachsenen Sohnes war schwanger. Lilia erzählte außerdem, dass eine hochschwangere Katze einen Tag zuvor zu ihrem Haus gekommen war und nach der Fütterung nicht weg gehen wollte. Es war offensichtlich, dass die werdende Mutter nach einem sicheren Platz suchte, wo sie ihre Kinder zur Welt bringen konnte. Lilia hat lange überlegt, ob sie diese Katze, die den Namen Charlotta bekommen hat, aufnehmen soll, denn die überfüllte Pflegestelle ist überhaupt nicht geeignet um die Kleinen groß zu ziehen, es gibt keine Möglichkeit einer vollständigen Quarantäne, weil alles überfüllt ist und ohne Isolation der Kleinen ist die Gefahr einer Ansteckung mit Krankheiten natürlich groß. Aber Charlotta ließ Lilia keine andere Wahl, sie hat anscheinend für sich festgestellt, dass sie hier ihre Kitten bekommen möchte und ging nicht weg. So hat Lilia auch diese hochschwangere Katze aufgenommen.
Als das Auto sich Lilia’s Haus näherte, kam von einem Nachbarsgrundstück eine schwarze Katze zugelaufen und mauzte lautstark. Lilia kannte diese Katze auch noch nicht. Ludmilla stieg aus dem Auto und ging zu der Katze, sie hatte offensichtlich nicht so gute Erfahrungen mit Menschen gehabt und versteckte sich hinter dem Nachbarszaun, auch angebotenes Trockenfutter half nicht, ihre Angst zu überwinden. Man muss sagen, dass schwarze Katzen in Russland immer noch von einem Großteil der Bevölkerung als Unglücksbringer angesehen und deswegen gehasst werden. Daher war die Haltung der armen schwarzen Katze für schon nachvollziehbar. Wir fragen uns nur jedes Mal, wie finden fremde Katzen Lilia’s Haus, wieso laufen sie selbst zu ihr? Wie fühlen sie, dass Lilia so ein großes Herz für Tiere hat?
Bei Lilia im Haus angekommen, wurde Ludmilla von Lilia’s Tieren wie immer sehr freudig begrüßt, offensichtlich verstehen sie schon, dass Ludmilla mit Geschenken für sie kommt. Lilia’s Sohn Daniel war auch Zuhause und guckte fern, er war natürlich auch sehr froh, dass Ludmilla kam, denn für ihn hat sie ja auch immer ein paar Süßigkeiten dabei. Plötzlich rief Lilia vom 1. Stock, Ludmilla soll nach oben kommen. Oben befand sich Charlotta, die anscheinend gerade zwei kleine Würmchen auf die Welt gebracht hatte. Lilia fasste Charlottas Bauch an und sagte, dass sie anscheinend noch ein Kitten im Bauch hat.
Lilia ging dann runter um die Tiere zu versorgen und die Katzenklos sauber zu machen, denn die sind bei so vielen Katzen immer unsauber, egal wie oft man sie am Tag sauber macht. Außerdem musste Lilia ein Zimmer für die neue Katzenfamilie vorbereiten, denn die frisch gebackene Mutter brauchte natürlich Ruhe und Hygiene damit sie ihre Kinder groß ziehen konnte. Ludmilla ist bei der frisch gebackenen Mutter geblieben, zu groß war ihre Bewunderung für die kleinen Würmchen. Charlotta war sehr entspannt und kümmerte sich um ihre Kitten, sie ließ Ludmilla auch ihren Bauch massieren, schnurrte (wahrscheinlich weil sie Schmerzen hatte) und schon bald spürte Ludmilla, dass sie wieder Wehen bekam. Ludmilla hat ihr gut zugeredet und nach wenigen Versuchen war das 3. Kitten auf der Welt, es war rot und etwas größer als die Geschwister. Da die meisten roten Kätzchen männlich sind, wurde das rote Kitten Paul getauft. Das dreifarbige Kitten war offensichtlich weiblich und hat den Namen Amine bekommen. Das weiße Kitten mit roten Flecken bekam noch keinen Namen, weil unklar war, ob es weiblich oder männlich war. Ludmilla hatte schon mindestens 25 Jahre lang keinen Geburtsvorgang bei einer Katze erlebt, als Tierschützer versucht man ja eher ungeplanten Nachwuchs zu verhindern, damit es nicht noch mehr streunende und unglückliche Katzen auf dieser Welt gibt. Kurze Zeit später war ein Zimmer für die junge Familie fertig und die beiden Frauen haben Mutter und Babies rübergetragen. Als Ludmilla ein Kitten in die Hand nahm um es in das andere Zimmer zu tragen, hat Charlotta sie ganz ernst und mit Sorge angeschaut, und Ludmilla bekam Gänsehaut, weil sie fühlte wie groß Charlottas Mutterinstinkt war.
Ludmilla war von der Geburt noch ganz begeistert, als Lilia sie auf den Boden der Tatsachen zurück brachte. Sie berichtete, dass die Lebens-Startbedingungen der Kitten alles andere als optimal waren, zwar hatten sie jetzt einen Dach über dem Kopf und wurden versorgt, doch blieb es ungewiss, ob die Mutter während der Schwangerschaft schon Krankheiten überstanden hatte (denn die Wahrscheinlichkeit, dass sie je geimpft worden war, war sehr gering - auf dem Dorf macht sich leider so gut wie gar kein Tierhalter über Impfungen Gedanken). Außerdem bringt eine Unterbringung auf einer so großen Pflegestelle automatisch die Gefahr einer Ansteckung mit Krankheiten mit sich. Die meisten Krankheiten werden von erwachsenen Tieren zwar gut überstanden, aber die schutzlosen Kitten können diese Krankheiten kaum abwehren und da deren Mutter schon einen unklaren Gesundheitsstatus hatte, blieb es fraglich, ob diese kleine Seelen überleben. Wir hofften aber auf das Beste.
Etwas später wurden die Spenden ausgepackt und die Begeisterung der Pflegetiere kann man den Fotos entnehmen. Leon z. B. war von den Baldriankissen ziemlich im Rausch und hat sich sogar später in Ludmilla’s Tasche versteckt als hätte er gewusst, dass er bei dieser Reise mit nach Deutschland mitkommen darf.
Auf der Rückreise am nächsten Tag flog Ludmilla mit folgenden Glückspilzen nach Frankfurt zurück: Ljolik, Gisele, Milli, Leon und Madlen. Ljolik, Gisele und Milli wurden direkt am Flughafen von ihrem neuen Frauchen Daniela und ihrem Lebensgefährten begrüßt und übernommen. Leon und Madlen fuhren mit Ludmilla mit dem Zug nach Hannover, wo sie von ihren neuen Frauchen Jasmin und Kristin im Empfang genommen wurden. Wir danken Daniela, Jasmin und Kristin vom ganzen Herzen für die unkomplizierte und schnelle Übernahme der Tierchen!
Wenige Tage später berichtete Lilia, dass das rot gefleckte Kitten (es war ein Junge) sehr schwach sei und Charlotta ihn mittlerweile nicht mehr beachtete und sich nicht um ihn sorgte. Lilia hat mehrere Tage um das Kitten gekämpft, doch leider hat er es nicht geschafft und verstarb. Wir waren alle sehr traurig und aufgelöst, denn diese kleine Seele hat fast gar nichts auf dieser Welt gesehen und schon musste er wieder gehen. Ludmilla’s Verzweiflung war mit Wut vermischt, Wut auf die Menschen, die ihre Tiere nicht kastrieren (weil es ja für die inhuman ist) und die Tierchen sich selbst überlassen, ist es denn human, dass ein Kitten wenige Tagen nach der Geburt stirbt? Da wir nicht möchten, dass diese kleinen Kitten vergessen werden, gibt es hier auch ein Foto von ihnen.
Auf dieser traurigen Stelle müssen wir unseren Reisebericht beenden. Tierschutz bereitet nicht nur Freude, sondern auch viel Leid, wir sind nicht allmächtig und nicht für alle unsere Tiere gibt es einen Happy End. Das zu akzeptieren fällt uns allen jedes Mal schwer.
Wir möchten uns bei allen Spendern ganz herzlich bedanken, wir hoffen, die Fotos bringen die Freude der Tiere gut rüber! Ohne Eure Unterstützung könnten wir nicht mal einen Bruchteil der Tiere retten, die wir bisher gerettet haben.
Die Fotos zum Reisebericht poste ich separat. LG, Berit