Freie Presse 14.9.2010
Behörden weisen den falschen Weg
Katzenfreunde zücken Bürgerliches Gesetzbuch: "Herrenlose" Samtpfoten sind Fundtiere und müssen angezeigt werden
Aue-Schwarzenberg. Im Drama um zahlreiche vermisste Katzen, nach denen die Bürgerinitiative "Kitty" seit Wochen sucht, hat sich nun eine bizarre Wende ergeben. Denn wie die Mitglieder der Initiative jetzt öffentlich machen, wurden sie bereits bei der ersten Kontaktaufnahme mit der Polizei vom dortigen Mitarbeiter "völlig falsch beraten", wie Romy Horn aus Schwarzenberg sagt. Sie hatte nach dem spurlosen Verschwinden ihres Tieres mit vielen anderen betroffenen Katzenfreunden der Region die Initiative ins Leben gerufen und sollte auf Empfehlung des Beamten wegen Diebstahls eine Anzeige gegen Unbekannt stellen.
"Das haben dann alle betroffenen Katzenfreunde auch getan. Danach hieß es, nun müsse die Staatsanwaltschaft entscheiden wie es weiter geht. - Alles Quatsch!", wissen sie jetzt. Die Katzenbesitzer lassen nicht locker und haben Erkundigungen eingezogen, Gespräche geführt und Gesetzestexte gewälzt.
Nichtsdestotrotz glauben sie noch immer daran, dass ein Mann aus Aue mit dem Verschwinden ihrer Samtpfoten zu tun hat. Er soll eine große Anzahl von angeblich "herrenlosen" Tieren in seinem Haus beherbergen. Katzen, die er nach eigen Angaben aufgefunden und in Obhut genommen habe.
"Doch scheinbar sind alle Auskünfte, die wir bislang von den offiziellen Behörden in Aue bekommen haben, falsch", meint Romy Horn kopfschüttelnd. "Es stimmt nämlich auch nicht, dass das Ordnungsamt der Stadt nicht zuständig ist. Denn laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) handelt es sich bei Katzen, die aufgegriffen werden, grundsätzlich zunächst um Fundtiere." Und diesbezüglich legt der Gesetzgeber fest: Gefundene oder zugelaufene Katzen müssen unverzüglich dem zuständigen Fundbüro gemeldet und in einem Fundregister verzeichnet werden.
Denn, so heißt es weiter: "Es besteht die Möglichkeit, dass das Tier von seinem Halter gesucht wird." "Und genau das tun wir", so Romy Horn, die nicht glauben kann, dass die Behörden Bürger derart falsch beraten. Doch es geht noch weiter: Danach muss das Fundbüro - in den meisten Kommunen dem Ordnungsamt zugeordnet - für eine artgerechte Unterbringung der aufgegriffenen Katzen sowie deren Fütterung und notwendige Tierarztkosten Sorge tragen - und dies für die Dauer von sechs Monaten.
Fazit: Wer zugelaufene Katzen nicht meldet, unterschlägt also "Fundsachen". Eine entsprechende Anfrage der Presse wurde kürzlich von beiden Ordnungsämtern in Aue und Schwarzenberg verneint und somit gänzlich falsch beantwortet.
"Aus unserer Sicht hätte das Ordnungsamt der Stadt Aue nach dem Bekanntwerden unserer Vermutung sofort in die Spur gehen müssen", behaupten die "Kitty"-Mitglieder. "Wir haben jetzt 22 Anzeigen im Auer Fundbüro gemacht. Das sind aber noch nicht alle", so Romy Horn, die nun hofft, wenigstens jetzt Unterstützung in der Sache von der Stadt Aue zu erhalten. "Oder hat die Stadt das Vorgehen im Katzenhaus geduldet, weil sie damit jede Menge Geld spart", ist eine weitere Überlegung der Tierhalter.
Jana Hecker, Pressesprecherin der Stadt Aue, sagt dazu: "Wir haben die Pflicht, für Fundtiere zu sorgen und das tun wir auch. Aber wenn uns diese nicht angezeigt werden, können wir nichts tun. Als Vergleich: Wer eine Geldbörse findet und nicht abgibt, macht sich strafbar, weil er sie unterschlägt. Und das ist dann wieder ein Fall für die Polizei." Dennoch sichert sie zu. "Aber wir werden jetzt nochmals alle unsere ordnungsrechtlichen Möglichkeiten prüfen, den Katzenfreunden zu helfen. Wir sind dazu auch schon in Kontakt mit der Polizei."
Von Beate Kindt-Matuschek