Zum Thema Abstrich -
In meinem letzten Posting steht schon etwas
hinsichtlich der Augen dazu. Ich habe noch KEINEN Augenfachtierarzt erlebt, der SOFORT einen Abstrich gemacht hat. Warum? Es kommen in 99,9% der Fälle, siehe FAQ/Quellen, nur drei Erreger in Frage - Herpesviren, Mykoplasmen, Chlamydien. Diese können gemischt oder einzeln auftreten.
Im Falle von Herpesviren gibt man ohnehin zusätzlich zum lokalen Virostatikum (z.B. Acic-Ophtal) ein lokales Antibiotikum (das BEIDE Bakterien abdeckt! z.B. Gent-Ophtal, Oxytetracyclin), um Sekundärinfektionen zu vermeiden, einer der seltenen Fälle einer präventiven Antibiose.
Im Falle einer gemischten Infektion braucht es ohnehin beides.
Im Falle einer rein bakteriellen Infektion hat man das Virostatikum, das lokale, umsonst gegeben. Das ist meines Wissens nach nur ein Verlust für den Geldbeutel (17 Euro).
Und, bitte nicht vergessen: Bis die Abstrichergebnisse da sind, dauert es - man muss ohnehin initial behandeln im Akutfall und dann ALLES berücksichtigen, um Folgeschäden zu vermeiden. Ergo kann man sich den Abstrich auch erst einmal schenken, in den allermeisten Fällen ist eine Bindehautentzündung mit diesen Präparaten innerhalb von wenigen Tagen Geschichte (allerdings sollte man die Präparate, um ein Rezidiv zu vermeiden, noch längere Zeit, mindestens eine Woche, über das Abklingen hinaus geben).
Hinsichtlich Atemwegskrankheiten: Hier sind es eine überschaubare Anzahl an Erreger, die überhaupt solche auslösen können, das hatte ich schon geschrieben. Ein sorgfältig und kompetent ausgewähltes Antibiotikum (! - Convenia ist das NICHT!) hat hier gute Chancen, die Erkrankung in den Griff zu bekommen - wenn es von vorne herein dazu geeignet ist, so gut wie alle in Frage kommenden Primärerreger (= Krankheitsauslöser) abzudecken.
Das können einige Antibiotika in der Theorie - Doxycyclin, Azithromycin, Pradofloxacin sind hier für gewöhnlich in der engeren Auswahl (bitte aufpassen - das ist eine allgemeine Angabe, bei Kitten gelten "andere Regeln"). Diverse Tierärzte nehmen auch gerne Amoxicillin mit Clavulansäure, weil es (im Gegensatz zu z.B. Doxy) bakterizid wirkt (abtötend - und nicht nur wachstumshemmend, bakteriostatisch), allerdings wirkt das eben NICHT gegen Mykoplasmen.
Mit einer, vielleicht zwei verschiedenen Antibiosen sollte eigentlich auch jede feline Atemwegserkrankung Geschichte sein - vorausgesetzt, die Antibiose wird korrekt durchgeführt (keine Einnahmefehler, bei Erbrechen/Durchfall anderer Wirkstoff, korrekte Dosierung/keine Unterdosierung, ausreichende Dauer).
In der Humanmedizin macht man doch auch nicht bei jeder Erkrankung einen Abstrich?! Wenn ich Angina habe, was ich sehr oft habe, sollte der Arzt WISSEN, dass es Streptokokken sind. Diesbezüglich gibt es Antibioserichtlinien, die bei derlei Streptokokken ein AB der 1. Wahl, der 2. und der 3. vorschlagen.
Gut, hinsichtlich der neuen Antibioseverordnungen in der Vetmed werden jetzt eh diverse Tierärzte ständig nach Abstrichen verlangen, um bestimmte Antibiotika zu verordnen. Das ist teilweise erfreulich, ich sehe hier aber große Fehlerquellen - resultierend aus meinen eigenen leidigen Erfahrungen. Warum?
Weil viele Tierärzte herzergreifend unwissend zu sein scheinen. Da wird bei einer felinen Atemwegserkrankung der oberen Atemwege davon ausgegangen, dass bei gleichzeitigem Befall der Augen die Flora gleich ist in Augen und Rachen und nur ein Abstrich von den Augen genommen. Es wird bei einer Erkrankung der unteren Atemwege nur ein Abstrich in den oberen genommen oder in der Luftröhre. Ich habe das selbst mit meiner oben genannten Katze erlebt - die Flora ist nicht zwingend die gleiche, leider -
siehe hier, Posting Nr. 16.
Oder: Es liegt ein Abstrichergebnis vor. Zwei Bakterien werden gefunden, Mykoplasmen und irgendwelche Kokken. Mykoplasmen werden nicht im Antibiogramm erfasst, dass die weitere Antibiosemarschrichtung vorgeben soll (weil Mykoplasmen-Antibiogramme nur in Speziallaboren machbar sind, weil sie Zellwandlose sind und sich nicht so einfach anzüchten lassen). Der Tierarzt sieht das Antibiogramm, die Kokken sind sensibel auf Amoxicillin, er gibt Amoxicillin. Hier auch schon passiert. Was ist der Fehler? Grundlagen-Anfänger-Fehler: Das Vorhandensein von einem Erreger sagt nichts über dessen Pathogenität aus, also die Fähigkeit, eine bestimmte Erkrankung auszulösen. Das muss "ortsbezogen" vom Tierarzt entschieden werden. Nun - vielen Tierärzten ist das mit den Mykoplasmen z.B. nicht klar, dass die dann nicht im Antibiogramm erscheinen. Und vielen Tierärzten ist erschreckenderweise auch nicht bekannt, welche Erreger in den Atemwegen der Katze Primärerreger sind (Krankheitsauslöser), welche Sekundärerreger sind (Mit-Party-Feierer, ergo Bakterien, die sich auf eine bestehende Kiste draufsetzen) und welche "normal" dort vorkommen können. Zum Teil ist das auch wieder symptom- und ortsbezogen. In diesem besagten Beispiel ist es sehr sicher, dass die Katze weiter Probleme hat/hätte. Warum? Weil Amoxicillin zwar gegen Kokken wirkt, die aber in diesem Fall sehr sicher Sekundärerreger sind, nicht aber gegen Mykoplasmen, die sehr sicher die Auslöser sind.
In obigem Link lässt sich auch so eine Kiste nachlesen - meine Katze wäre fast eingeschläfert worden, weil der Klinikchef seine Antibiose auf einen zwar auf den ersten Blick furchteinflößenden Keim ausgerichtet hat (Pseudomonas), der aber, und das hätte er WISSEN MÜSSEN, IMMER (!) Sekundärerreger ist - und die Antibiose hat die ebenfalls vorhandenen Mykoplasmen NICHT abgedeckt (die der Chefe nicht gefunden hatte, weil er der Ansicht war, dass ein Abstrich aus der Luftröhre dieselbe Flora abbildet wie in den unteren Atemwegen, was ebenfalls ein fetter Fehler war).
Ich sehe die Abstrichkiste mitunter kritisch. Warum? Weil sie fehleranfällig ist und definitiv von der Kompetenz der Ärzte abhängt. Mein Vertrauen in jene ist mittlerweile stark gesunken, das gebe ich zu. Warum noch? Weil ich es z.B. bei einer Erkrankung der unteren Atemwege (und oftmals lässt sich das nicht so genau verifizieren, ob jetzt nur die oberen betroffen sind oder auch schon die unteren - ein Röntgenbild bildet das nur ab, wenn es schon weiter gediehen ist) erfordern würde, dass man zwingend eine Lavage macht. Das verursacht einerseits ordentliche Kosten und birgt immer ein Risiko (hier gleich ein doppeltes, Lavage an und für sich bei der Katze, die in der Lunge ein Problem hat - klar, sonst bräuchte sie keine, dennoch - sowie Narkose). Ich würde mich in so einem Fall IMMER zuerst auf eine kompetent (!) ausgewählte Antibiose "stürzen" - ich meine, im Idealfall (!) basiert diese auf der Erfahrung und Forschung von zig Jahrzehnten und Tausenden Fällen, es ist ja nicht so, dass das alles "vom Himmel gefallen" ist, das Wissen um feline Atemwegskrankheiten.