Ich denke auch nicht, daß immer der Mensch "schuld" ist - aber er ist nun mal derjenige, der noch am ehesten an den Umständen und der Situation schrauben kann, der die Möglichkeit hat, etwas zum Besseren für alle Beteiligten zu tun.
Zumal Unsauberkeit häufig ein Hilferuf der Katze ist, ein Verhalten, an dem wir erkennen sollten, daß etwas im Argen liegt und Miez sich nicht wohl fühlt.
Auch wenn die Ursachenforschung knifflig ist.
Wenn es tatsächlich ums Markieren geht, sind ja auch wir diejenigen, die sich dran stören, für die Katzen selbst, ist das echte Markieren eine völlig artübliche Verhaltensweise. Mit Mitteilungsfunktion.
Auch Stressabbau.
Mir selbst hat immer geholfen, in der jeweiligen Situation aus Katzensicht eine Alternative zu finden.
Die echte Herausforderung liegt in der großen Individualität, was hilft genau dieser Katze in dieser Situation unter diesen Lebensumständen und Katzenkonstellation.
Deshalb sind auch Ferndiagnosen so schwer, weil man oft nicht das Gesamtbild hat, andererseits hilft natürlich der wertfreie Austausch unter Leidgeplagten sehr (schon weil man im übringen menschlichen Umfeld oft kein Verständnis findet) und womöglich hat jemand einen Tipp, auf den man selbst so nicht gekommen wäre. Das ist wichtig.
Grad wenn es Katzen mit Vorgeschichte sind, die bei uns leben, wissen wir oft nicht, was wirklich zu diesem oder jenen aktuellen Verhalten geführt hat, was Katz womöglich nicht gelernt hat, welche Situationen vorgeprägt haben.... wir können nur im Jetzt lesen und im Verhalten der Katzen untereinander.
Nicht jede Katzengruppe ist ideal, aber oft genug hat sie eben das Leben so zusammengeschrieben, es klappt auch, aber hier und da sind Kanten, Konflikte, und zum Teil Mißverständnisse.
Bei manchen dieser Konstellationen läßt sich aus unterschiedlichsten Gründen nichts machen und wir müssen irgendwie lernen damit zu leben oder die Gruppenzusammenstellung ändern.
Aber ich finde auch Katzen können untereinander neue Wege lernen und wir können sie durch Erfolgserlebnisse unterstützen. Und dann kann durchaus der Drang zu markieren nachlassen, weil Auslöser gemildert oder weg sind.
Sehr schwer ist das bei scheuen Katzen oder solchen, die den Menschen zumindest auf bestimmter Distanz halten wollen.
Bei den anderen hat man mehr Möglichkeiten. Und so genial ich die Literatur von Schroll und Hauschild finde, alle Literatur hat Grenzen, im komplexen Mehrkatzenhaushalt daheim, hat man da keine genaue Handlungsvorlage, da naturgemäß zu viele Variablen, aber gute Leitlinien mit denen man den eigenen Weg finden kann. Zuerst muß man allerdings richtig lesen, die eigenen Katzen richtig lesen, nicht erstmal das Verhalten einordnen wollen, sondern zuerst aus Katzensicht gucken, warum macht er/sie das jetzt. Und dann, wie sähe eine mögliche Alternative aus.
Drei meiner eigenen Kater sind vom Umfeld in die Gruppe gewachsen - das war z.Teil eine echte Herausforderung für uns alle. Und bis zuletzt Leo dazukam, gab es hier drinnen keine Markierprobleme, nie. Doch für Leo war Markieren in vielen Situationen seine Lösung - ich mußte lernen. Mit Verzweiflung und Tränen meinerseits, aber selbst erleben erweitert den Horizont.
Und ich kann nun jeden Verstehen, der mit dem Problem konfrontiert wird.
Zum Glück gibt es Inkontinenzauflagen, Matrazenauflagen (auch nutzbar für viele Sofas), billige Fleecedecken, Folien, Feliway und Biodor!
Leider braucht es auch Einfühlungsvermögen, Zeit, Nerven und Geduld - kann man nicht kaufen und hat man leider nicht immer zur Verfügung, man kann an seine Grenzen kommen. Dann muß man für sich sorgen, finde ich, um wieder für die Miezen zu funktionieren zu können.
In einer Katzengruppe mit Ecken und Kanten sehe ich mich selbst oft als Dirigent oder Mediator, hier ein wenig bremsen, loben wenns sie es richtig gut machen, da ein wenig Selbstvertrauen aufbauen.... und immer wieder jeden individuell da abholen wo er steht und auch jedem seine eigene Zeit widmen und ihm das geben was er möchte. Das ist irgendwie als öle man den Motor des Zusammenspiels und Katzen lernen neue Wege beizubehalten, wenn etwas plötzlich gut in ihrem Sinne läuft.
Um beim Beispiel Leo zu bleiben, er hat vor Einzug anderswo durch dominantes Verhalten "gewonnen" (anderswo, zu meiner Gruppe war er draußen nett, er wollte dazu und hat sie respektiert), hat "seins" mit Urin markiert und sich durch beides Sicherheit gegeben. Dann kam Einzug und Kastra. Mit Abflauen der Hormone markierte er seine Schlafplätze nicht mehr, er zog richtig in die Gruppe und lief mit. Aber er blieb häufig innerlich restangespannt und eher in sich unsicher. Er mußte seinen Platz finden und scheiterte teils mit seiner Art auf die anderen zuzugehen bzw. trug in Körperhaltung "zu dick" auf. Viele Jahre hat er sich draußen allein behaupten müssen - ohne kätzische Verbündete.
In unsicheren Situationen geht er nach vorn, z.B. TA-Besuche. Außeneinflüsse wie bestimmte Stimmen oder fremde Menschen generell änstigten ihn und warfen ihn teils auch aus der Bahn.
Ob in diesen Zeiten wirklich er das Sofa als Piselplatz mißbrauchte habe ich nicht mit eigenen Augen gesehen, ich konnte es nur an den Toi-Besuchen der anderen, an wer ist wo usw. ablesen.
Ob es dabei auch darum ging, wer durchs Fenster draußen auf der Straße entlangkam, weiß ich nicht sicher, aber das Sofa steht genau davor, wo man die Nachbarkatzen entlangkommen sieht, meist sehr frühmorgens, dann wenn das Sofa oft genug "Klo" wurde. Kann also ein "hier ist mein Revier" sein.
Der Platz der Pisel auf dem sehr großen Sofa war immer in etwa gleich und nie dort, wo ich sitze, sondern da, wo sich die anderen Kater und Ronya zu mir setzen/legen. Es kann also auch ein "das ist auch meins" sein.
Oft genug, wenn ich dachte, jetzt ist alles in Butter und ich kann von Fleece wieder zu meinen Baumwolldecken wechseln, bekam ich als Antwort eine eingepiselte Lieblingsdecke.
Inzwischen, drei Jahre nach Leos Einzug quasi, ist das Problem wohl im Griff - doch wenn die Umstände Leo in innere Ausnahmesituation versetzen, rechne ich durchaus noch mit Piselunfällen, einfach weil es seine Lösung für sich in solchen Notsituationen zu sein scheint.
Doch wenn ich Leo jetzt sehe, ist er ein Kater der "angekommen" ist, der entspannt mit den anderen ist, der inzwischen auch mitspielt bei gegenseitigen Katerjagden und der sich weitestgehend sicher fühlt. Sicher in "mein Zuhause, meine Versorgung, ich werde geliebt". Er hat gelernt wie er mit den anderen Katern zurechtkommt, seinen Platz behauptet, ohne dominant zu sein und er weiß, er gehört dazu.
Leo ist der Typ, der bei Unsicherheit nach vorn geht, das scheint über Jahre einfach seine Erfolgsstrategie draußen gewesen zu sein. Dennoch wohnt in diesem Pelz ein nähesuchender Kuschelkater, der sich sehr viel gefallen läßt von mir. Der sich unter "Überschütten mit Liebe" entspannt. Etwas, was mir in vergleichbaren Situationen mit anderen Katzen so nie einfallen würde, weil es mit Abwehr beantwortet würde.
In dem Zeitraum wo Leos Markieren abflaute, fand ich plötzlich (abends/nachts) genau vorm Sofa das große Cat-On mit Urin markiert (an dem Punkt reichte einem Katzentier kratzmarkieren nicht mehr aus), entsprechend das Sofa dahinter und der Dielenboden auch, dann auch mal die Tischseitenwand im Eingangsraum, wo ein Wassernapf steht, das immer morgens. In flagranti erwischt habe ich keinen, es wird aber Bonny gewesen sein.
Nach zwei müllreifen Cat-ons (2x das Molecular Fauteuil, Jamies und Bonnys Lieblingsplatz), habe ich an der Stelle nur noch das runde, große Wellpappenteil von Z+ platziert, das Billigteil blieb verschont, hat auch keine tolle Lehne die einläd... . Die Tischseitenwand ist mit Biodor gebadet worden und trägt nun eine Frischhaltefolie an der entsprechenden Stelle als Schutz.
Die zwei Problemstellen haben sich erledigt, seit der Sofavorplatz (Bonnys Liegeplatz) und das Sofa selbst nun von allem Katern entspannt in Gemeinschaft genutzt werden. Und Bonny morgens mit seiner kurzen GrundstücksRevierrunde nicht mehr bis nach dem Katzenfüttern warten muß, sondern vorher raus gehen darf und dann zum Futtern zurückkommt.
Bonny ist morgens meist aufgedreht und voller Spannung, darf er nicht raus (TAtermin, ich bin gleich für lange außer Haus), werden die Mitkatzen spielerisch mit Hetzjagden durchs Haus bedacht. Daher denke ich, als er gegen den Tisch markiert hat, war es seine Lösung um Frustration abzubauen/Anspannung loszuwerden, da spielen durch die "katerinterne" Schrägsituation zu diesem Zeitpunkt unpassend war.
Das sind meine Gedanken zu diesen eigenen Situationen, sie mögen aus Katzensicht nicht genau stimmen, sie können ja nun mal nicht sprechen, aber es scheinen mir derzeit die Treffendsten zu sein.
Leider sieht man als Mensch nie alles, was die Katzen untereinander ausmachen, von manchem sieht man nur die Gegenreaktion, aber nicht den Ursprung und so kann man noch nach Jahren mit der eigenen Truppe Aha-Erlebnisse haben, es bleibt spannend 😉
Teil 2 vom Beitrag folgt...