Ich habe eine Freundin, die ein paar Monate, nachdem Edgar und Allan bei uns eingezogen sind, auch un-be-dingt wieder eine Katze haben wollte. Sie ist mit Katzen aufgewachsen (immer Einzelkatzen) und da sie jetzt ein Haus mit Garten in aus ihrer Sicht freigängertauglicher Lage hatte, dazu drei Söhne, die sich auch ein Haustier wünschten, zog ein knapp dreimonatiges Kätzchen bei ihr ein. Zu Weihnachten... Die wurde erst ein paar Tage bei ihren Eltern, eine Stunde entfernt, geparkt, damit sie dann als Weihnachtsgeschenk einziehen konnte. Glücklicherweise hat sie ein unfassbar selbstbewusstes Exemplar erwischt. Die ist eingezogen und war sofort super freundlich zu allen, auch Besuchern, ist zu jedem hin und hat sich auf den Rücken geschmissen.
Jedenfalls durfte sie total früh in den Freigang, da war sie erst ein halbes Jahr alt oder so.
Von Anfang an war sie ständig weg. Sie ist total weit gelaufen und in wirklich jedes offene Haus in der Umgebung. Inzwischen kennt die jeder im Umkreis von so zwei Quadratkilometern. Sie legt sich in Betten, schmust mit jedem und natürlich füttern sie auch viele, wenn sie noch nicht wissen, dass sie ein Zuhause hat. Sie ist ständig von irgendjemandem auf facebook als Fundkatze geführt, bei nebenan.de ebenso. Und meine Freundin ist eine Weile lang j-e-d-e-n Abend irgendwo hingefahren und hat ihre Katze wieder abgeholt. Habe ihr einen Sender empfohlen, den trägt sie jetzt schon lange, so weiß meine Freundin wenigstens, wo sie sie abholen muss.
Da die Familie auch in fast allen Ferien in den Urlaub fährt, ist die Katze dann mit Katzensitter weitgehend alleine. In den Osterferien durfte ich sie zwei Kilometer entfernt aus einer Wohnung im dritten Stock abholen. Sie saß dort im Hauflur und hat kläglich gemaunzt, ehemalige Katzenbesitzer nahmen sie mit in die Wohnung und über Umwege kontaktierten sie dann meine Freundin im Urlaub. Nach einer Nacht in der fremden Wohnung habe ich sie dort abgeholt und wieder in den heimischen Garten gesetzt.
Sie ist auch schon Straßenbahn gefahren und dank GPS konnte meine Freundin sie im Nachbarort aus einem Vorgarten holen.
Meine Freundin sieht das so: wir haben eine Katze, aber haben nix von der. Sie ist NIE irgendjemandem sauer, wenn die sich kümmern oder sie reinlassen. So ist es halt mit ihr.
Meine Sicht: das Tier ist NULL gebunden an ihre Familie, ist völlig selbständig, im Grunde wildlebend unterwegs und hat überhaupt kein Interesse, sich länger zuhause aufzuhalten. Wozu auch. Dort wird sie zwar gefüttert und gestreichelt, aber sonst ist da nichts für sie.
Dafür gibt es zig andere Haushalte, wo sie jederzeit aufschlagen kann und dort dann betüddelt wird.
So lange meine Freundin nicht bereit ist, sich mehr mit ihrem Tier zu beschäftigen und nicht ständig im Urlaub alleine zu lassen, wird sich daran überhaupt nichts ändern und die Verantwortung daran tragen ganz sicher nicht die Leute, die sie reinlassen, füttern, nach ihren Besitzern suchen, sondern meine Freundin mit ihrer Familie, die sich mit der Situation abgefunden haben und nicht bereit sind, etwas zu ändern.
Der Nachbar hier im Faden ist vielleicht tatsächlich verzweifelt. Aber zwischen verzweifelt sein und auch etwas an der Bindung zum Tier und den Haltungsbedingungen zu ändern ist halt ein Unterschied. Dass der Kater mehr Menschenanschluss sucht, ist nunmal so. Ich würde ihn in Deiner Situation auch nicht verscheuchen oder nicht reinlassen. Er ist eigenständig und sucht sich, was er braucht. Und das, was er braucht, bekommt er zuhause nicht. Du bist im Gespräch mit dem Besitzer, er weiß Bescheid, jetzt liegt es an ihm, etwas an der Situation zu verändern. So sehe ich das jedenfalls.