Jeder Streuner, der irgendwann schon mal mit Menschen gelebt hat, verhält sich anders im Vertrauensprozeß, ist wohl abhängig vom Charakter und vom Vorleben, von Erfahrungen.
Mir sind mittlerweile vier Streuner, alle schon mal mit Menschen vertraut gewesen wie deiner, "zugelaufen". Jeder hat sich anders verhalten. Aber alle sind "drangeblieben" und haben sich meiner Gruppe angeschlossen.
Bonny war Menschen gegenüber aufgeschlossen und geht schon immer auch bei anderen in die Häuser, hat sich an fremden Näpfen durchgefuttert.... als er potent wurde und sich kein Besitzer fand, habe ich ihn kastrieren lassen, er zog danach zunehmend durch immer ausgedehntere Aufenthalte drinnen ein. Das war easy.
Teddy war im Sommer öfter im Garten, aber immer auf Distanz, ich dachte Gastkater der sein Heim irgendwo hat. Bonny und Teddy prügelten sich oft. Im Herbst mauznte er mich an, kam nahe, ließ sich plötzlich streicheln, verbrachte die Nacht auf dem Fensterbrett... er war nicht kastriert und gehörte niemandem, er zog ein weil er das wollte.
Leo, scheu aber herrenlos, unkastriert, kam wegen Futter, zwei Jahre lang dauerte die Vertrauensbildung übers Füttern, bis ich ihn packen konnte und reinzog. Das Einfangen drin im Raum war schlimm, er blieb nach der Kastra aber drin eingesperrt zum "zähmen". Sonst wäre es mir vermutlich wie dir gegangen, denn Leo war offensichtlich schon lange Überlebenskünstler ohne Menschenbezug. Er sollte das drinne kennenlernen, bevor er entscheiden durfte ob drinnen oder draußen leben. Er gewann Vertrauen zu mir, schloß sich den anderen Katzen an und als er wieder rausdurfte, wollte er auch wieder zurück - aber die Türschwelle war knifflig, das ist die Grenze zwischen seinen Welten. Anfangs mußte die Einganstür und die Tür zum nächsten Raum offen stehen, damit er durchflitzen konnte. Heute ist das kein Thema mehr. Und wenn er reinkommt, dann ist erst ein Begrüßungsritual dran mit Durchflauschen und Katerküsschen, bevor er Leckerlies annimmt. Er ist mittlerweile ein absoluter Schmusekater mit mir, andere Menschen sind dagegen ein Fluchtgrund.
Snooky. Seit Mitte Dezember lebt draußen ein kastrierter, älterer Kater, den ich vom Sehen kenne, der ab da Schutz vor Kälte und Futter suchte. Nachforschungen im Umfeld ergaben nichts. Ich hatte gehofft sein Personal wäre nur verreist/ krank, aber nun Ende Februar ist er immer noch da und sieht das Grundstück als seine Heimat an. Er zog in den Kellerfensterschacht, war allerhöchstens mal mit langem Arm über den Rücken streichelbar, hat mir gezeigt was er mag oder nicht (keine Körbe im Schacht, flache Decken sollen es sein), manches schlug ihn in die Flucht, aber er kam immer zurück. Er blieb auch immer an den anderen Katzen interessiert, traute sich aber nicht recht über die Türschwelle. Im tiefsten Winter dann doch, es klappte erst ganz gut, aber Kater Teddy war zu penetrant und irgendwie gerieten sie aneinander, ab da wollte der Kater lieber draußen bleiben. Er kommt immer wieder gucken, kommt rein, aber mache ich die Tür zu, geht er dorthin und dann raus sobald ich öffne. Da er nun so oft an der Treppe sitzt, habe ich ein flaches Bettchen auf den Abtreter vor die Tür gestellt (Treppe hoch und überdacht), das ist jetzt "seins", da verbringt er viel Zeit drin, zum Tiefschlaf geht er in den Fensterschacht.
Mittlerweile kommt er vormittags immer für eine Schmuserunde (Kopf, Brust, Rücken streicheln) und folgt mir im Garten. Mit Teddy klappte es zunächst wieder, die zwei spielten sogar Fangen - aber es gibt auch Rückschläge. Gestern waren alle draußen, ich habe Holz in einer Wanne geholt, bin gestolpert und habe bevor ich samt Holz hinknalle, das Holz "weggeworfen", dann gleich eingesammelt, der Kater kam nahe, nur ich hatte Handschuhe an und habe vergessen, daß ich damit zuvor die Tüte mit gesammeltem Kaffeegrund unter die Fichte geleert hatte. Also streckte ich die Handschuhhand nach dem Kater aus und der fauchte wohl wegen dem Fremdgeruch (den Handschuh selbst kennt er) und schlug mit seiner Krallenpfote in den Handschuh. Teddy hat das alles nicht gesehen, aber gehört, kam angesaust und daß ein nicht-Gruppenmitglied einen aus seiner Gruppe angeht, sei es nur anfaucht, das duldet er nicht und geht Richtung Angriff. Er ist also mit Buschelschwanz dem Kater nach und ich hatte meine Mühe, das Ganze vom Eskalieren abzuhalten, bin immer wieder zwischen die Zwei gelaufen oder beim Kater geblieben... bis Teddy drinne war. Heute ist Teddy immer noch skeptisch. Doch sobald der Kater (aktuell nenne ich ihn Snooky und er beginnt darauf zu hören) fest in die Gruppe gehört, drinne wie draußen, würde Teddy auch für Snooky gegen Fremdtiere ins Gefecht ziehen. Er verteidigt Revier und alle Gruppenzugehörigen ohne Zögern. Aber er muß Snooky sympathisch finden, sonst wäre der gar nicht zu seinem Aufenthaltsrecht gekommen.
Vier Kater - vier unterschiedliche Wege des "Einzugs", aber alle sind diejenigen gewesen, die die "Enge" der Beziehung zwischen uns bestimmt haben. Und alle sind geblieben, ich denke die Katzen "sehen" auch, wer auf sie eingeht und wer nicht.