Hallo,
ich weiß nicht, ob das hier die richtige Stelle ist, die Threadüberschrift lautet ja anders, möchte trotzdem meine Gedanken zu Susi sagen.
Zunächst habe ich eine Weile auch Tierkommunikation gemacht. Ich habe Erfahrung mit einem traumatisierten Kater und mit einer scheuen Katze. Außerdem kenne ich Traumatisierung bei Menschen. Und über Katzenpsychologie weiß ich auch Bescheid. Soviel zu meiner Vorgeschichte.
Eine Katze ist ein Reviertier. Bevor sie sich an Menschen orientiert, wird sie erst die Umgebung, ihr Revier in Augenschein nehmen. Sicherheit im Revier geht immer vor. Da braucht sie vor allem Sicherheit.
Susi wurde nicht nur 10 Jahre schlecht gehalten, sondern dann in ein Tierheim gegeben. Das ist ja ein zusätzliches Trauma. Sie hat demnach kein Vertrauen in Menschen, aber durch ihre Zeit im Tierheim ist auch ihr Vertrauen in die Sicherheit vom Revier erschüttert.
Sie ist im Dezember zu euch gekommen. Da dauerte es schon mal lange, bis sie ihre Sicherheit im Revier gefunden hat. Also die täglichen Geräusche, die Gerüche, wissen, wo man sich versteckt, welche Gefahren lauern, mit wem man alles rechnen muss. Dieses Vertrauen hat sie wohl gerade eben gefunden, als die Sache mit dem Urlaub kam. Das ist ein dramatischer Einschnitt und eine Retraumatisierung. Gerade eben findet sie Sicherheit, dann wird das wieder erschüttert. Diese sitzt natürlich jetzt noch tiefer und wird auch schwerer zu überwinden sein. Darum, es ist kein Wunder, dass sie noch kein Zutrauen fassen konnte. Von ihrer Orientierung Richtung Mensch an diesem Punkt ist noch gar keine Rede. Noch kämpft sie mit ihrem Vertrauen gegenüber dem Revier. Sie traut der Sache noch nicht.
Und klar empfindet sie auch den anderen Kater als Bedrohung. Er ist in seinem Verhalten nicht einschätzbar. Sie ist aggressiv, weil sie Angst hat, die Situation nicht einschätzen kann.
Wenn es möglich ist, würde ich den Bewegungsradius von Susi ein wenig einschränken. Je kleiner der Raum ist, den sie überblicken muss, umso mehr Fixpunkte hat sie, umso geringer sind die Störungen. Ideal wäre es, wenn man Susi in einem Zimmer hält, wo sie am Tag in einer Höhle wohnen kann und in der Nacht hat sie da Futter und Katzenklo. Den Kater müsst Ihr in der Nacht aus dem Zimmer verbannen. In diesem Zimmer müsste größtmögliche Ruhe herrschen und viel, viel, viel Routine. Wenn sie mitbekommt, in der Nacht ist sie allein und da kann sie in Ruhe aufs Klo, dann wird sie auch nicht mehr daneben machen. Katzen sind große Liebhaber von Ritualen. Gerade an Freigängern sieht man das oft. Sie gehen zur gleichen Zeit raus, laufen verschiedene Plätze in einer festen Reihenfolge ab. Also gib ihr so viel Routine wie möglich.
Im Tierheim wird das große Problem gewesen sein, dass Susi dort zu viele Eindrücke verarbeiten musste und darum hat sie völlig zu gemacht und sich aufgegeben.
Wäre super, wenn ihr jeden Tag um die gleiche Zeit mit ihr "Traumatherapie" machen könntet. Bei einer Katze ist das nicht so schwierig. Du setzt dich einfach jeden Tag um die gleiche Zeit in die Mitte des Raums, grundsätzlich mit dem Rücken zu ihr und denkst an Licht, Wärme, Liebe. Das erst Mal fünf Minuten lang. Dann aufstehen und sie in Ruhe lassen.
Wichtig ist, dass Susi die Gelegenheit zur Beobachtung hat, damit sie kapiert, dass ihr nichts passiert. Sie wird dann mit jedem Tag weniger Angst haben. Irgendwann kommt sie von allein zu dir. Konsequent auch weiterhin sie nicht anschauen, ihr nur den Handrücken hinhalten. Dann gut wäre es, ein Leckerchen in der Hand halten. Wenn sie sich das holt, nicht reagieren. Einfach ruhig dasitzen und nichts tun. Konsequent wegschauen, ignorieren. Wenn du nach vielen, vielen Tagen anfängst vielleicht mal eine Spielangel in der Hand zu halten, irgendwann anfangen sanft damit zu wippen. Warten bis sie von allein anfängt, danach zu hangeln und dann erst wirklich mit ihr spielen. Aber bitte, das kannst du in zwei, drei Monaten ins Auge fassen.
Es ist ganz ganz wichtig, dass du ihr Vertrauen in die Situation zementierst. Je mehr Ruhe und Routine du ihr bieten kannst, umso schneller löst sich der Schock, in dem sie lebt. Nur denke bitte daran, der Schock hatte 10 Jahre Zeit sich festzubeißen. Das muss man langsam und behutsam lösen.
Einem Menschen - und wohl auch einer Katze - hilft man bei einer Traumatisierung nicht, indem man ihn bedrängt. Die Panik, die Angst ist völlig vereinnahmend. Jedes kleine Geräusch erschreckt und macht Angst. Jede Bewegung erschreckt. Das ist, als würden tausend Dinge gleichzeitig auf dich einschlagen. Der Körper ist permanent im Zustand von Lebensbedrohung und da ist natürlich nicht viel Platz für andere Eindrücke. Sie ist ununterbrochen in einem Zustand großer Bedrohung.
Wenn du mit Susi kommunizierst, stell dir das so vor, die arme kleine Maus sitzt in einem Minenfeld und die explodieren ständig um sie herum und dann kommst du und willst was von ihr. Und wenn du ihr nur den Handrücken zum Beschnuppern hinhältst, sie empfindet das erstmal als zusätzliche Bedrohung.
Darum möchte ich dir auch dringend von Tierkommunikation abraten. Ich kenn das von Sonas. Erstmal war er sowieso nicht erreichbar. Und auch Susi wird ihre Schutzschilde hoch gefahren haben. Du kommst gar nicht durch zu ihr. Und jedes Anklopfen an dieses Schild wird als lebensbedrohlicher Angriff interpretiert. Das beste was du für sie machen kannst, einmal am Tag nimm dir fünf Minuten Ruhe, denk an die Maus und schicke ihr Liebe und Wärme. Sie wird wissen, es kommt von dir.
Werde dir bitte ganz klar darüber, was immer du für Susi im Moment tust, für sie ist es eine Bedrohung. So lieb und gut du es meinst, es wird als Bedrohung bei ihr ankommen. Je lauter du bist, umso mehr schürst du ihre Angst. Jede Aufdringlichkeit zementiert die Panik. Das einzige, was ihr helfen kann, das ist die Liebe. Denke an sie mit ganz viel Liebe. Sie ist die stärkste Kraft und das einzige, was hilft.
So kann Susi ihre innere Ruhe finden und sich langsam wieder nach außen orientieren.
Gib ihr weiter Bachblüten, nämlich Star of Bethlehelm. Die wirken schon bei ihr. Aber die müssen auch erst mal zu ihr durchdringen können. Das dauert lang.
Bei Sonas hat es ein Jahr gedauert, bis er anfing aus seinem Trauma zu kommen. Der war aber zu dem Zeitpunkt, als ich ihn holte, auch erst zwei Jahre. Dem ging es ähnlich wie Susi. Das erste Jahr lief der hier nur auf dem Bauch durch die Gegend.
Je mehr Ruhe ihr der Maus geben könnt, umso schneller wird sie zu euch kommen. Susi kannst du am besten helfen, wenn du aufhörst ihr helfen zu wollen. Vergesst einfach, dass ihr eine zweite Katze habt. (Aber nicht vergessen, die nicht vorhandene Katze zu füttern! 😛)
Um dir ein wenig Hoffnung zu machen. Sonas ist jetzt ziemlich genau zwei Jahre bei mir. Die ersten vier Wochen saß er nur hinter der Heizung, dann kam er langsam raus, aber er lief hier noch ein Jahr quasi auf dem Bauch durch die Gegend. Heute läuft er stattdessen oft schnurrend durch die Gegend, ist ein richtig süßes lustiges Kerlchen, immer gut gelaunt. Also es geht. Und du kriegst das auch hin.
mikesh