Unabhängig von der Frage, ob die Euthanasie noch einige Tage aufgeschoben werden könnte oder nicht:
In der Klinik geht es Katzen anders als dem Menschen (oder auch, denke ich, Hunden); sie fühlen sich dort nicht wohl, schlicht und ergreifend.
Meine Katze Mercy war vier Wochen lang in der Uniklinik und wurde - keine tödliche Erkrankung, aber eine mit einer Aussicht auf chronischen Verlauf bei guter Lebensqualität - zweimal operiert. Sie ist ein ausgeglichenes Sonnenscheinchen und macht sich überall gute Freunde, so natürlich auch beim Pflegepersonal und unter den Ärzten. Entsprechend hatte sie auch immer jemanden, der sie zwischendurch mal bespielte und durchflauschte.
Aber Mercy fühlte sich in der Klinik trotzdem gar nicht wohl; sie nahm im Verlauf der vier Wochen über 1,5 kg ab, von 4 kg Kampfgewicht auf 2,5 kg; sie sah aus wie der Tod auf Pfoten.
Sprich: sogar bei diesem wirklich zutraulichen, sehr resilienten und positiv eingestellten Tierchen hatte der Krankenhausaufenthalt mit Lebensqualität nur wenig zu tun!
Wenn keine Aussicht auf Heilung besteht und die Chemo nur eine Verlängerung der Lebenszeit bedeutet, würde ich das Katerchen zügig euthanasieren lassen. Eine Fortsetzung der Chemo würde ich wirklich nur dann überlegen, wenn es aktuell keine erkennbaren Nebenwirkungen gibt und wenn sie auch ambulant problemlos angewendet werden kann (Tabletten oder s.c. Injektionen).
Alles andere hat für mich persönlich und so, wie ich die letzte Zeit meiner insgesamt vier Sternchen erlebt habe, nichts mehr mit wirklicher Lebensqualität zu tun.
Bei meinen Sternchen hatte ich zwei Fälle, wo die palliative Behandlung bzw. die chronische Krankheitssituation sich vergleichsweise lang erstreckte. Die Bezaubernde Jeannie hatte operativ behandelten Brustkrebs mit einer Prognose von nur einigen Wochen; wir machten ihr noch eine schöne letzte Zeit, die sich im Ergebnis noch auf fast ein Jahr belief. Bei Jeannie hatten wir auch eine Chemo überlegt, letztlich aber darauf verzichtet, weil es offen war, ob es nicht doch heftige Nebenwirkungen geben würde und weil das verbleibende Zeitfenster so kurz bemessen schien (pathologischer Befund). Natürlich bekam Jeannie bei Bedarf Schmerzmittel.
Erst ganz am Ende machte Jeannie - sozusagen von einem auf den anderen Tag - deutlich, dass ihre Zeit abgelaufen war und dass sie Hilfe beim Weg über die Brücke wollte. Wir fuhren dann direkt zur Haustierärztin, und Jeannie machte ihren letzten Schnaufer, kaum dass die erste Injektion (das Schlafmittel) begonnen worden war.
Bei unserer "wandelnden Krankenstation", Nine Katharine, wurden im Verlauf ihres Lebens etliche gesundheitliche Baustellen diagnostiziert und behandelt. Die, an der sie letztlich starb, war aber gar nicht das komplizierte internistische Sammelsurium, das in ihrem armen kleinen Körperchen so durcheinander geraten war, sondern die bösartigen Caliciviren, die in ihrem System immer wieder wüteten und denen sie ganz am Ende nichts mehr entgegenzusetzen hatte.
Nine hatte viel zu ertragen, sie bekam regelmäßig subkutane Injektionen, sie bekam Tabletten, sie inhalierte mehrfach täglich in ihrem Kennel, und sie war ein Dauergast in der Tierklinik (ambulant). Aber sie hatte einen unbändigen Lebenswillen, und man merkte ihr an, dass sie unglaublich viel Lust auf das Leben hatte. Die schlimme Zeit der Calicischübe, die immer schwerer wurden und immer schneller aufeinander folgten, dauerte vielleicht ein Jahr, und es gab eine gute Routine, wie wir mit den fiesen Halsschmerzen und der Anorexie umgehen konnten. Auch hier zeigte Nine - wie Jeannie - deutlich, als der Zeitpunkt gekommen war, sie gehen zu lassen.
Die Situation zu entscheiden, ob mein Sternchen Nero direkt in der Klinik euthanasiert werden sollte, oder ob ich ihn noch einmal mit nach Hause nehmen und nach dem Abschiednehmen einschläfern lassen wollte, hatte ich mit meinem ersten Kater, als er wegen des Verdachts auf Bauchspeicheldrüsenkrebs in der TK operiert werden sollte: nachgucken, was da im Bauch los ist. Da der Befund niederschmetternd war - Metastasen überall im Bauchraum -, rief der Oberarzt mich im Büro an, ob wir Nero wieder aus der Narkose aufwachen lassen wollten, oder ob er direkt in der OP euthanasiert werden sollte.
Ich entschied mich schweren Herzens, Nero direkt gehen zu lassen, da ich in einer Beendigung der Narkose und seiner Heimkehr für die ambulante Euthanasie für ihn keine Vorteile entdecken konnte. Für mich: ja, wir hätten uns noch von einem Kater verabschieden können, der dies in vollem Bewusstsein mitbekommen hätte, wir hätten ihn gestreichelt und ihm schöne Worte gesagt und uns besser gefühlt. Aber er?
Nero war in der TK, weil er Gelbsucht hatte und nicht mehr fressen wollte. Es ging ihm erkennbar nicht gut, und die Bauchöffnung sollte mehr Klarheit bringen, ob eine weitere Behandlung überhaupt sinnvoll wäre, denn der Krebsverdacht hatte isch bereits aus dem Ultraschall ergeben. Zuhause hätte er keine zusätliche Lebensqualität gehabt, unser Wunsch einer Verabschiedung in Person hätte Neros Leiden nur verlängert.
Es ist nicht leicht, dir sinnvoll zu raten; letztlich kannst nur du selbst die Situation deines Katerchens einschätzen. Aber bitte denk daran, dass der Klinikaufenthalt von einer Katze ganz anders wahrgenommen wird als von einem Menschen (oder auch nur von einem Hund!) und dass es sogar für eine so zufriedene und ausgeglichene Katze wie meine Mercy eine reine Plage darstellt!
Eine Katze, die sich beim Tierarzt (geschweige denn in der TK) unwohl fühlt und unsicher ist oder gar Angst hat, wird noch viel mehr im Krankenhaus leiden, als es bei Mercy der Fall war.
Meine rein gefühlsmäßige Tendenz geht daher dahin, deinen Kater direkt in der TK einschläfern zu lassen, natürlich in deinem Beisein und (anders als bei meinem Nero) wach.
Wenn du unsicher bist, kannst du gern auch den behandelnden TA fragen, was er an deiner Stelle tun würde, also wenn das Katerchen sein eigenes Tier wäre. Ich hatte das (im Büro seinerzeit) bei Nero gemacht, und der Oberarzt sagte auch direkt, er würde Nero nicht mehr aufwachen lassen.
So wie ich es wahrgenommen habe, ist beim Menschen die Chemo nicht minder nebenwirkungsbelastet und schlimm, als es beim Tier der Fall ist. Die Chemo besteht ja letztlich darin, den Körper massiv mit Gift zu versorgen, um möglichst viele Krebszellen anzugreifen und zu vernichten. Gleichzeitig erwischt man auch "unschuldige" Körperzellen, die ähnliche Eigenschaften wie die Krebszellen aufweisen; vor allem geht es um den schnellen Stoffwechsel, wie die Krebszelle ihn hat - so meine Info.
Die Chemo in der Humanmedizin greift insofern u. a. die Schleimhäute und die Haarwurzeln sehr stark an. Insofern ist eine häufige Begleiterscheinung, dass die Nase läuft und dass die Mundschleimhaut leidet und es zu Nebenwirkungen wie Halsschmerzen, sehr schmerzhaften Läsionen und ähnlichen Erscheinungen kommen kann.
Zudem würde im Stadium wie bei deinem Katerchen, wenn also eine Heilung nicht mehr möglich ist (so verstehe ich es), die Chemo "nur" bedeuten, dass der Patient am Leben bleibt und der Tumor nicht weiter wächst, im günstigen Fall. Mit Absetzen der Chemo verschlechtert sich der Zustand dann weiter, und auch aus diesem Grund dauert eine Chemo im Durchschnitt nur wenige Durchgänge, wenn ein Patient in diesem späten Stadium angekommen ist.
Menschen können ihre Lebensqualität sehr gut einschätzen und selbst sagen, wann sie nicht mehr wollen, wann die Nebenwirkungen der Chemo die Vorteile des Weiterlebens zu stark überlagern. Sie halten die minunter sehr starken Nebenwirkungen der Medis aus, weil sie die Hoffnung auf Besserung bzw. Heilung haben (kurative Chemo). Oder weil sie sich erhoffen, dass sie noch einige Wochen oder Monate länger leben können, wenn sie die Nebenwirkungen in Kauf nehmen.
Katzen können das nicht.
Medikamente sind ihnen schlicht schnurz, sie verknüpfen damit im Regelfall keine Auswirkungen auf ihr Wohlbefinden, und ihre subjektive Lebensqualität ist insofern nicht abhängig davon. Katzen haben nicht diesen Hoffnungsaspekt, den Medikamente bei uns Menschen auslösen.
Katzen arrangieren sich mit Handlungen wie Tablettengabe, Insulininjektion und vorheriges Blutabnehmen, mit Inhalationen bei Asthma etc., weil es Routinehandlungen werden und vielleicht auch, weil das Tier eine direkte körperliche Folge wahrnehmen kann. Inhalation = freie Atemwege. Pieks = mehr Wohlbefinden beim Diabetes (wie immer das genau aussehen mag ^^).
Bei Tabletten mit der verzögerten Wirkung möchte ich so eine bewusste Wahrnehmung des Tieres wirklich ausschließen.
Aus meiner Sicht könnte daher eine Chemotherapie für eine Katze nur dann wirklich Lebensqualität herstellen, wenn sie kurativ angewendet würde und nicht palliativ.
Und was tiha über den Magenkrebs ihres Vaters schreibt, lässt auch bei mir massiv die Alarmglocken schrillen.
Bitte lass dein Katerchen nicht mehr lange leiden, ActionAngg.
Für die anstehende Entscheidung wünsche in dir und deiner Familie viel Kraft!