Teil 2
Ich konnte von meinem Platz aus sehen, dass dort diese Tasche stand, mit der ich gekommen bin. Trotz aller Anstrengung zu lauschen, ob da bald auch mein Bruder rauskommt, konnte ich nichts hören.
Ein Ticken und andere fremde Geräusche hörte ich. Ein Miau von meinem Bruder war nicht dabei.
Essen wollte ich inzwischen, aber es passte nichts in meinem Bauch rein. Der war immer noch voll.
Da waren die ungerufenen Miaus und das Warten auf meinen Bruder drin. Ja, so voll aber doch ganz komisch leer war es in mir und kalt.
Du Frau hast mich hin und wieder aufgehoben und mir das Essen unter die Nase gehalten. Ich habe etwas davon in mein Mäulchen genommen aber das Runterschlucken viel mir sooooo schwer. Das Essen rutschte kaum an den Kloß vorbei, der mir im Hals steckte.
Wo der wohl herkam???
Jetzt kamen wieder die über Nacht angesammelten Miaus aus mir raus. Lauter wie je zuvor.
Ich wurde von der Frau gestreichelt aber das will ich doch nicht.
Also flitzte ich wieder unter mein Sofa.
Dann kam der Einer rein, den du, du Frau, auch Michael rufst.
Michael fragt, ob der Kleine was gefressen hat. Er sagt zu dir Schatz.
Du bist also die Schatz?
Du sagst: "Ach nein, er hat fast nur geleckt am Futter!"
Michael fragt: "Was machen wir denn nun?"
Schatz sagt: "Wenn er bis morgen nicht ißt müssen wir wohl zum Tierarzt!"
Was auch immer das bedeutet. Ich habe kein gutes Gefühl dabei.
Ich habe viel geschlafen und fühle mich auch so richtig müde. Kein Fellchen, an das ich mich kuscheln kann, und keine Pfote, die mich berührt, und kein Herz, das ich nah an meinem Ohr schlagen hören kann.
Einfach nichts da!!!!!!!!!!!
"Miau, Miau" ,weine ich, und das so lange, bis ich wieder einfach umkippe und schlafe. Wie lange ich geschlafen habe, keine Ahnung.
Ich werde wach und höre wie der Michael sagt: "Guten morgen, Schatz."
Er fragt, ob ich über Nacht was gefuttert habe, und du Schatz sagst traurig nein.
Es sei nun der dritte Tag an dem ich nichts gegessen hätte und auch nicht Pipi oder sonstwas gemacht hätte.
"Michael, komm, wir fahren jetzt zum Tierarzt", sagts du Schatz.
Michael sagt: "Hmm, okay!"
Du nimmst die Tasche und Michael greift mich so fix, dass ich keine Zeit oder auch Kraft habe, um mich tief unterm Sofa zu verstecken.
Schon stecke ich in der Tasche und habe nichts mehr, was ich rufen könnte. Nichtmal ein Miau kommt aus meiner Kehle. Ich schlafe ein und werde wach, als die Tasche aufgemacht wird.
Um mich herum riecht es sehr komisch und ein fremder Einer, zu dem du Schatz Herr Doktor sagst, schaut mich an.
"Wie alt ist denn der Kater?" Fragt er.
Michael sagt "14 Wochen."
"Was wiegt er denn?", fragt der Fremde.
Schatz sagt: "Er hat vor 3 Tagen 1300 Gramm gewogen."
Der Fremde greift mich und setzt mich auf etwas und sagt: "Dann wiegen wir ihn mal jetzt."
Oh, sagt der Fremde: "Er wiegt 1000 Gramm, dann hat er aber viel abgenommen!"
Er schaut mir in meinen Mund, in meine Ohren und steckt etwas kaltes in meinen Popo.
"Also", sagt der Fremde, "er hat wohl sonst nichts. Alles scheint ok zu sein."
Du sagst: "Aber er frisst einfach nichts!" Und deine Stimme klingt so zitterig dabei. Aus deinen Augen tropft etwas auf mich runter.
Der Fremde, den ihr Herr Doktor nennt, fragt, ob ich denn ohne Kumpel leben würde.
Kumpel? Das Wort kenne ich nicht.
Michael sagt, dass ich keinen habe. Du Schatz sagst: "Nein, wir wollten einen Kater."
Der Herr Doktor sagt, dass das wohl das Problem sei. Ich sei halt alleine und deshalb wäre das so. Es könnte halt noch dauern, bis ich dann wieder fresse. Aber alleine wäre ich dann trotzdem.
Ja, ich bin alleine, ist es das was in meinem Bauch und Hals steckt? Alleine sein.
Tut das so weh, dass ich nur schreien möchte?
Du Schatz nimmst mich und steckst mich wieder in die Tasche. Michael sagt nichts.
Als ich dann wieder unter Sofa bin höre ich Schatz und Michael reden. Aber ich kann euch nicht verstehen, ihr seit nicht im Zimmer.
Dann schlafe ich ein.
Ich werde wieder wach und es scheint eine weitere Nacht vergangen zu sein. Meine Beine haben keine Lust, mit mir aufzustehen. Die schlafen wohl noch.
Dann kommst Du rein. Du hast etwas am Ohr und in der Hand. Michael kommt auch rein und sagt zu dir: "Guten Morgen, Schatz."
Du redest mit dem Ding in deiner Hand und am Ohr. Dann sagst du was zum Michael.
Er sagt: "OK. Den Beißer wollte wohl keiner, deshalb ist er noch da."
Du sagst: "Egal. Komm wir fahren jetzt."
Michael nimmt wieder diese Tasche.
Oh nein; muss ich wieder zu diesem Tierarzt?
Ich will aber nicht und rutsche tief unter das Sofa.
Michael beugt sich runter und schaut mich an. Er sagt: "Wir müssen weg und du bist lieb, OK?"
Dann gehst du und Einer weg.
Ich bin erschrocken. Jetzt bin ich aber ganz allein unterm Sofa. Miau und Miau und noch lauter Miau. Keine hört mich. Was soll das?
Also schlafe ich ein. Tief und fest und ich träume sogar.
Ich träume dass ich das Herz meines Bruder höre und sein Fell spüre. Ich träume, dass mein Fell geleckt wird und ich rieche im Traum sogar meinen Bruder. Ja, ich träume so tief und höre echt seine Stimme!
Ich möchte nicht mehr aufwachen, so schön ist der Traum.
Dann werde ich aber etwas geschüttelt und das Sofa wird über mir weggeschoben.
Ich wache auf!!!!
Nein, ich wache wohl doch nicht auf und träume weiter. Ich träume, dass mein Bruder neben mir sitzt und mein Fell leckt.
Ich werde verrückt, ich bin wach! Es ist kein Traum, bitte lass es kein Traum sein!!!!
Mein Bruder haut mir seine Pfote auf die Nase, er miaut und schnurrt mich laut an.
Ich kann es nicht fassen. Er ist da!