Liebe Nicccey,
ich würde auch gern meine Sicht auf die Dinge darlegen. Aber zunächst mal: Tolle Fotos! Ihr habt ne schöne Kartonburg für Missy aufgebaut, sehr liebevoll, und Merle ist optisch ein absoluter Hingucker.
Merle war recht lange allein, das sollte man beim Betrachten der Situation berücksichtigen. Sie ist interessiert und das ist ein gutes Zeichen. Mit Missy hast du eine soziale Katze bekommen, mit Gruppenerfahrung und Erfahrung im Umgang mit verschieden kätzischen Charakteren. So ne Gruppe stellt sich Katz ja nicht selbst zusammen, aber im Idealfall lernt sie, mit allen auszukommen. Das schätze ich so an den Zante-Katzen, hab ich selbst so erlebt und erlebe es noch, denn Sydney, unser kleiner Migrant 😀, ist zwar dicke Tinte mit Frodo, muss aber noch Sam so richtig "knacken", aber es wird. 🙂
Eure Voraussetzungen sind also gut, meine ich. Dass dir Missy durchgeschlüpft ist und es zu einer ersten richtigen Begegnung unter unglücklichen Bedingungen (Schreck und Überraschung auf beiden Seiten) gekommen ist, naja, nicht super, auch auch nicht das große Drama, meine Meinung.
Wie nun weiter vorgehen? Ich schreib dir jetzt das, was ich an deiner Stelle unter diesen Bedingungen tun würde.
Aus meiner Sicht vorerst Gittertür weiternutzen, aber keine Holztür, das sehe ich wie Sandra. Um die notwendige Begegnung an der Tür voranzutreiben, würde ich an der Gittertür beidseitig und gleichzeitig füttern. Anfangs mit größerem Abstand, dann immer weiter verringern, aber immer mit Sichtkontakt. Allerdings würde ich die Gittertür nicht mehr zu lange drinlassen, vielleicht 2, 3 Tage noch. Man läuft sonst Gefahr, dass sich die Situation "festfrisst", es also keine Bewegung mehr nach vorn gibt. Letztlich ist die erste geplante Konfrontation ohne Tür unausweichlich, wenn man Katzen zusammenführen möchte. Für die Katzen ist es meiner Meinung nach nicht halb so schlimm wie für uns Menschen, wenn wir erleben, dass unsere Katzen zu Körper- und Lautsprache fähig sind, die wir ihnen nicht zugetraut haben. Ging mir zumindest so. 😉 Fauchen, brummen, Fell sträuben, Pfote heben - alles normal, vergiss das nicht. Evtl. könnte sich Merle damit schwerer tun, als Missy mit ihren gemachten Erfahrungen. Merle wird evtl. die Flucht ergreifen, das hat Sam bei uns auch ne Weile gemacht, ist nicht schlimm. Falls es dich beruhigt, kannst du dir auch ein Kissen für den Notfall bereitlegen. Sollte es doch zu einem richtigen Angriff, Anspringen kommen - womit du aber nicht rechnen solltest, ich tue es zumindest nicht - kannst du das Kissen werfen. Aber es ist wirklich nur für diesen Notfall gedacht, oben beschriebene Anzeichen sind kein Angriff oder klare Anzeichen für einen direkt bevorstehenden. Falls du selbst das Gefühl hast, dass du zu emotional drinsteckst, bitte jemanden anderen aus deiner Familie z. B. um Hilfe. Das Kissen würde die Katzen erschrecken und damit die Angriffssituation beenden. Das wäre das Gute und auch der Sinn der Sache. Das Schlechte wäre, man fängt wieder von vorn an bzw. muss man sich nach einem echten Angriff sicher überlegen, ob ein erneuter Versuch noch sinnvoll ist. Das ist eine Was-wäre-wenn-Beschreibung, ich vermute, dass es entspannter abläuft, als du erwartest bzw. dass Merle vorerst den Rückzug antritt.
Was ich nicht machen würde: Aktuell Merle übermäßig in Watte packen, weil das der aktuellen Situation noch mehr den Stempel des Besonderen aufdrückt. Je mehr du um Merle drumrumwuselst, desto mehr verwirrst du sie, weil sie dich so nicht kennt. Überhaupt braucht es gerade deine Gelassenheit, ist schwer, ich weiß, aber wichtig.
Hab Vertrauen in deine Mädels. 🙂
Ich werf noch einen Gedanken hinterher: Es könnte sein, dass Merle von sich aus länger braucht, um der neuen Partnerschaft die schönen Seiten abzugewinnen. Das erinnert mich an Sonja (Muffin Shelley) und ihre erste und zweite Zusammenführung. Ich hab ja auch drei Nasen hier, das verteilt sich besser als bei zweien. Es könnte also sein, dass Merle und Missy zwar gut miteinander auskommen, aber nach deinem Empfinden sich nicht (schnell genug) die große Liebe einstellt. Vielleicht wäre auch diese Option einen Gedanken wert, damit Merle nicht allein leben muss, sich aber auch mal der Situation entziehen kann und über Beobachten des Umgang zwischen Missy und X wieder kätzisches Sozialverhalten recht leicht lernen kann.
Puh, langer Text, wie ich gerade sehe, aber vielleicht konnte ich dir ein wenig weiterhelfen.