Hallo ihr Lieben,
Nochmals lieben Dank für eure rührendne Worte und Anteilnahme, ihr stütz uns sehr.
Ich habe das hier nun schon lange genug vor mir hergeschoben und ich weiß einfach es ist wird nicht einfacher werden, ich glaube egal wie lange ich warte. Gleichzeitig weiß ich, dass es wichtig für mich ist mir beim Verarbeiten hilft und ich denke Simba hat es verdient. Entschuldigt wenn der Text der folgt länger ist und keine wirkliche Richtung hat, aber wie gesagt ich denke es muss raus.
Simba ist gegangen, es ist immer noch kaum zu erfassen für mich. Ich habe vieles durchgemacht in meinem Leben, krieg, flucht, Verfolgung, Tragödie. Hätte jemand zu mir vor drei Jahren gesagt der Verlust einer Katze wird der schlimmste Moment meines Lebens…Ich hätte entweder gelacht oder ihm eine gelangt.
Jetzt weiß ich es besser. Simbas Einschläferung waren die schlimmsten zehn Minuten meines Lebens, diese Form von Schmerz, habe ich so nicht gekannt. Zum einen hatte ich sicherlich eine naive und vlt. Zu romantische Vorstellung davon, irgendwie friedvoller, sanfter. Aber der Prozess war alles andere als friedvoll für meine Augen. Die Ärztin versicherte mir zwar er spürt das alles nicht mehr…aber ich werde nie vergessen wie immer wieder gezuckt hat und wie er sein Maul immer wieder stoßartig aufgerissen hat. Ich habe immer wieder versucht seine Augen zu schließen in meiner Hilflosigkeit, damit er nicht in die Leere starren muss…bis mich meine Freundin sanft aber bestimmt wegezogen hat, einfach weil das nur in Filmen funktioniert und weil ich wahrscheinlich immer noch dort stehen würde.
Ich weiß es war die richtige Entscheidung. Ich hatte mir immer geschworen nicht zu zögern, wenn es soweit ist und als ich in der Klinik ankam sah ich auch seinen Blick…der alles sagte. Aber dennoch, einem lebenden Wesen, deinem Bruder, eine Spritze setzen zu lassen die sein Leben endgültig beendet. Das letzte nicken zu geben und es ihm nicht erklären zu können, zu sehen wie er sich gegen den Einstich wehrt und dann plötzlich ganz schlaff wird…es verfolgt mich bis in meine Träume.
Nicht falsch verstehen, ich weiß es war richtig und ich würde es genauso wieder tun aber in dem Moment nicht einen Stich von Schuld zu verspüren fällt mir schwer. Ein Leben zu beenden…daran werde ich mich nie gewöhnen können, Ein Leben für, dass ich solange gekämpft habe.
Ich erinnere mich noch wie wütend ich zwischen all der Trauer war, das Gefühl der Resignation, den Hass auf die ganze Welt darüber nun doch kapitulieren zu müssen…und immer wieder den eine Satz dem ich ihm die ganze Zeit ins Ohr Geflüster habe: „Es tut mir leid, du hattest mehr verdient“
Dann ist da Schuld. Simbas letzter Tag bei uns. Meine kleinen Brüder waren zu Besuch und es hat sich überraschend rausgestellt, dass mein Bruder allergisch reagiert. Ich musste Simba aus dem Wohnzimmer aussperren, da es wirklich schlimm wurde. Er hat ständig an der Tür gekratzt und gerufen…ich habe ihn ignoriert. Der letzte Abend den wir hätten zusammen verbringen können. Ein Teil fragt sich sogar ob es diese Aufregung war die seinen Zustand plötzlich verschlimmert hat, ich weiß es eigentlich besser, aber diese kleine Stimme ist dennoch da.
Ich habe ihn an dem Tag kaum gesehen, weil er dann mit meiner Freundin ins Bett ist. Irgendwann kam sie dann und meinte wir müssen in die Klinik, er atme wieder viel schwerer. Wenn ich ehrlich zu mir bin wusste ich in dem Moment, dass es vorbei ist, ich wusste es einfach. Dennoch habe ich sie alleine fahren lassen. Feigheit, nicht mehr und nicht weniger, es nicht wahrhaben wollen. Dann kam der Anruf von ihr und ich habe mich sofort auf den Weg gemacht, dennoch schäme ich mich für diesen Moment der Schwäche…ich hätte von Anfang an bei ihm sein müssen. Seine Lunge hatte sich wieder komplett gefüllt und er konnte eigentlich schon nicht mehr atmen, die Ärzte meinten auch, dass sie mir nicht versprechen können auf mich zu warten und ihn unnötig leiden zu lassen. Als ich kam standen sie auch schon mit der Spritze bereit und haben mein Nicken eigentlich kaum mehr abwarten können.
Vergib mir Simba. Natürlich weiß ich auf rationaler Ebene, dass ich da nicht zu hart mit mir sein darf, nicht mal eine Woche zuvor beim Tierarzt sah alles gut aus. Aber auf emotionaler Eben verspüre ich doch Reue und Schmerz, ich würde alles für diesen letzten gemeinsamen Tag geben und dafür ihn sofort in die Klinik begleitet zu haben.
Gleichzeitig verspüre ich auch unglaubliche Dankbarkeit für seine Loyalität und seinen Kampf, ich hatte selber mehrere Wochen in einer Klinik verbracht und bin immer noch gesundheitlich angeschlagen. Ich war noch gar nicht solange wieder Zuhause bevor ich ihn gehen lassen musste.
Jetzt fühlt es sich an als hätte er eigentlich nur noch auf mich gewartet, er hat solange durchgehalten wie es ging…one last ride with ma bro.
Dafür danke ich dir Simba.
Dann gibt es da das Gefühl der Scham über die Erleichterung die ein Teil von mir verspürt hat. Ich würde alles dafür geben ihn zurück zu haben, wirklich alles. Aber ich gebe auch zu dass mich die Zeit gegen Ende sehr belastet hat, die Sorge hat mich zerfressen und die Belastung wog schwer. Ich weiß es gibt Menschen die tragen noch schwerer mit ihren Tieren und Lieben. Aber am Ende waren es zehn Tabletten pro Tag die ich ihm geben musste, mein gesamter Alltag war um seine Tablettengabe geplant und auch für ihn war es jedes Mal Stress. Auch dieses hin und her mit seinem Zustand, nicht zu wissen ob ich jetzt endlich wieder durchatmen kann, die gemeinsame Zeit einfach genießen…dass viel mehr schwer. Ich musste ständig seine Atemfrequenz zählen, wenn er bei mir lag und kam gar nicht mehr runter.
Trotzdem verspüre ich einen Stich schlechten Gewissens, weil sich „Erleichterung“, so falsch anfühlt.
Noch dazu haben wir kurz darauf sehr überraschend eine neue Wohnung gefunden…was ich dafür geben würde sie mit ihm teilen zu können. Etwas dass wir uns für uns drei immer gewünscht haben. Und ohne ihn …ist da immer ein Beigeschmack dabei. Ich bin froh die alte Wohnung zu verlassen. Alles In der alten erinnert mich an ihn. Aber hier wäre es für ihn ein Paradies gewesen.
Wir haben von der Klinik aus auch noch den Rosengarten kontaktiert zwecks seiner Bestattung. Ich werde Kremierung und Urnen immer merkwürdig finden, aber alles andere war für mich keine Option. Eigentlich wollte ich dabei sein, aber ich hatte nicht kapiert, dass es in Stuttgart nur eine Filiale ist und die eigentliche Kremierung über 500km entfernt…das war einfach nicht drin.
Ich muss wirklich sagen, dass man uns sehr entgegen gekommen ist. Geld war keines mehr da, wir zahlen immer noch die Klinik ab. Aber sie haben uns sofort eine unbefristete Ratenzahlung angeboten, keine Vorauskasse und waren wirklich rührend und viel Taktgefühl um uns bemüht. die Urne ist sehr teuer geworden, aber das war mir in dem Moment alles egal. Auch kann ich meiner Freundin gar nicht genug danken, sie hat die letzten Monate einfach alles gemanaged, ich bin gerade zu sehr wenig im Stande und ich konnte einfach nicht mit jemandem sachlich über die Verbrennung meines Seelenbruders sprechen. Und ich weiß, dass es sie genauso schwer trifft wie mich, gleichzeitig kann sie mit mir auch nicht drüber reden…weil ich es einfach nicht kann.
Sie steht jetzt dort bis sie abgezahlt ist und dann kann er endlich wieder zu mir. Tatsächlich war mir das mit dem plötzlichen Umzug auch lieber, ich möchte nicht das er zwischen Umzugskisten rumfährt. Aber es war dennoch schwer ihn in der Klinik zu lassen und zu wissen „du siehst ihn nie wieder, er ist tot“.
[Fortsetzung im nächsten Post]