In Bezug aufs Trinkverhalten ist das bis zum heutigen Tage aber unverändert so. Gerade Trockenfutterhersteller arbeiten daher mit höheren Salzzugaben, um das Durstgefühl der Durchschnittskatze künstlich zu verstärken. Und empirisch reicht es diesen Umstand über die Wasseraufnahme bei Trockenfutterfütterung im Vergleich zum Nassfutter zu verifizieren. Auch wenn Katzen lange und oft trinken, kommt es letztenendes auf die tatsächliche Menge an. Tiere die wirklich viel Trinken sind meist krank. Darum ist das eben ein Warnsignal.
Wo liegt für die Katze denn der Vorteil, sich dahingehend umzustellen? Die Tiere haben ihren Artgenossen gegenüber dadurch keinen entscheidenden Vorteil. Es gibt also in unseren Breiten keinen Selektionsdruck in diese Richtung. Und deswegen ist es eben der entscheidende Punkt, woher sie abstammen. Streuner erreichen meist kein Alter, in dem die Nieren zu einem Kriterium werden. Und durch die Kastrationsrate sehe ich auch bei Nichtstreunern wenig Gelegenheit sich über Generationen effektiv an das Trockenfutter anpassen und noch entsprechend zu vermehren. Zumindest nicht in absehbarer Zukunft.
Mag sein, dass die durchschnittliche Hauskatze in der Savanne verdursten würde, aber das bedeutet auch nicht, dass sie bei uns mehr trinken würde. Bei soetwas spielt ja nicht nur die Wasseraufnahmemenge eine Rolle. Klar hat es ein Tier schwer, das bisher mehr Wasser gewöhnt ist und den Urin deshalb nicht so sehr konzentriert. So ein Tier wird sicher schnell Probleme bekommen, oder an einer der wenigen Wasserstellen zur Beute werden.
DL-Methionin säuert künstlich den pH-Wert im Urin an, deswegen ist es nicht nur in Struvitfutter, sondern auch in vielen anderen Trockenfuttersorten als Ausgleich zu den Kohlenhydraten enthalten. Was allerdings auch zu vermehrten Oxalaterkrankungen führt.
http://edoc.ub.uni-muenchen.de/5816/1/Arens_Gesa.pdf
Bei Calciumoxalat wäre eine künstliche Ansäuerung kotraindiziert.

Ach du liebe Güte, es führt jetzt zugegebenermaßen weit ab vom Thema, aber du bestärkst gerade mein Vorurteil, Mediziner sollten sich nicht auf das dünne Eis der Chemie begeben. Ich hatte bisher erst einmal das zweifelhafte Vergnügen, die Promotion eines Mediziners zu begutachten, weil es ein chemisches Thema, aus meinem Wirkungskreis, betraf. Ich habe mich vornehm zurück gehalten, weil man sonst das Ding in die Tonne getreten hätte. Der Delinquent untersuchte die sensibilisierende Wirkung eines bestimmten Stoffes, in handelsüblichen Produkten. Das Problem bestand darin, dass ein Teil dieser Produkte den Stoff überhaupt nicht enthielten. Du kannst dir das brüllende Gelächter vorstellen, denke ich.
Schon auf den ersten Seiten, der von dir zitierten Dissertation geht die Begrifflichkeit munter durcheinander. Ammoniak, Ammonium, Oxalat und Oxalation ist alles egal.
Jede Volltorfnase aus einem Lacklabor kann dir bestätigen, dass sich Struvitkristalle garantiert bilden, wenn Magnesiumionen mit Phosphaten und Ammoniak zusammen treffen. Dafür hat der Schreiber nur Römps Chemielexikon lesen müssen.
Wenn Calciumchlorid dazu führt, dass der Urin saurer wird, dann mag das biochemische Gründe haben, die ich nicht verstehe. An dem Punkt bin ich nicht kompetent. Wenn du aber Calciumchlorid, mit Calciumoxalat, mischt, passiert garantiert überhaupt nichts. Wie sollte es auch, die Kationen sind identisch?
Wenn die relativ wage Behauptung aufgestellt wird, bei leicht saurem Urin, werden vermehrt Oxalate im Harnstein festgestellt, ist das kaum verwunderlich. Alle anderen potenziellen Kandidaten lösen sich in saurem Milieu. Das dürfte aber nichts daran ändern, dass Eisen (III) Chlorid eine vergleichsweise starke Säure ist und dass Calciumchlorid entsteht, wenn die beiden Substanzen auf einander treffen. Der Trick besteht darin, dass Calciumchlorid gut wasserlöslich ist und daher permanent aus dem System entfernt wird. Damit verschiebt sich das Massenwirkungsgesetzt und das unlösliche Calciumcarbonat geht immer wieder neu in das Chlorid über. Bei welchem pH-Wert das passiert ist nur ein Teilaspekt.
Was den Selektionsdruck betrifft, möchte ich dir auch, zumindest vorsichtig, widersprechen. Bei der Frage bin ich in einer ähnlichen Situation, wie der oben erwähnte Mediziner. Es ist nicht mein Fachgebiet.
Die Selektion fand nicht bei mir oder dir zuhause statt, sondern in einer prinzipiell trocken heißen Umgebung. Die zusätzliche Verfügbarkeit von Wasser, dem Grundstoff des Lebens, muss einfach eine Auswirkung haben.
Wenn die heutige durchschnittliche Hauskatze in der Savanne verdursten würde, dann ergibt sich genau daraus der Umkehrschluss, dass sie zusätzliche Wasserquellen nutzt, sogar nutzen muss.