Eigenheiten I
Eigenheiten I
Wie schon erwähnt, hatte ich bis zu meinem Auszug mit Anfang 20 Kater, die dann bei meiner Mutter verblieben. Das waren Dorfkatzen in einer Zeit, in der man sich um viele Dinge, die heute doch sehr verbreitet sind, keine Gedanken machte. Mein Mann ist ohne Katzen aufgewachsen. Damit haben wir also mit Biene im Prinzip ganz von vorn angefangen.
Aber sie hat uns mehr oder weniger schnell beigebracht, was geht und was nicht.
Wegen ihrer schlimm aufgekratzten Haut wurde uns empfohlen, das Trockenfutter aus dem Tierheim weiter zu verwenden, ich glaube es war RC. Allergietests waren im Tierheim waren aber m.W.n. negativ. Das haben wir brav gemacht bis zu unserem ersten Tierarztbesuch. Zwischenzeitlich haben wir auch Nassfutter probiert, aber da wollte sie partout nicht ran. Der TA sah Trofu tatsächlich kritisch, meinte aber, es würde eben Katzen geben, die partout nichts anderes wollten, man solle dann wenigstens ein einigermaßen gescheites Trofu nehmen. So sind wir beim Orijen gelandet, das sehr gut bei Biene ankam.
Von den Umstellungsversuchen auf Nassfutter haben wir irgendwann komplett abgesehen, weil Biene extrem unruhig war und auf Veränderungen jeglicher Art mit Kratzen, also quasi mit Selbstverletzung reagiert hat. Das galt nicht nur für das Fressen, sondern in den ersten Jahren für sämtliche Abweichungen vom Tagesablauf. Insofern war sie bei uns ganz gut aufgehoben, weil wir zwei sehr ruhige Menschen sind, die beide schon immer sehr viel zuhause gearbeitet haben. Es reichte aber schon, dass wir mal länger gefrühstückt haben und dann für Biene nicht ganz klar war, ob jetzt jeder an seinen Schreibtisch geht oder ob wir uns noch in der Wohnung bewegen. Sie kam dann nicht zur Ruhe, sondern musste immer zwischen uns hin- und herlaufen, bis alle mal saßen. Das war schon sehr auffällig. In solchen Situationen hat sie sich dann sehr gern gekratzt. Das sah immer aus wie ein Kratzen aus Verlegenheit, aber sie hat nicht von sich abgelassen. Wunden an den Schläfen oder hinter den Ohren oder im Nacken gab es dadurch immer wieder. Wir haben gelernt, das zu behandeln, sie abzulenken, oder – wenn es wirklich Juckreiz war – auch mal für sie zu kratzen. Generell hat sie sich selbst immer sehr vehement bearbeitet, was das Putzen anging. Ihr kennt alle Bilder von einem blank geputzten Bauch, den sie öfter hatte. Nach der Operation im Januar ist er zwar einigermaßen, aber deshalb nie wieder völlig zugewachsen.
Hier sieht man, wie weiß sie in hellem Licht war. Da ist kein Filter drüber:
Gute Erfahrungen haben wir mit Rescue Tropfen im Trinkwasser gemacht, die haben tatsächlich für einen Ausgleich gesorgt. Die haben gut geholfen, bis wir sie vor ein paar Jahren abgesetzt haben, weil Biene uns zu ruhig vorkam. Die ganz große Unruhe kam auch nicht wieder.
Leider hat Biene sich grundsätzlich nicht für anderes Futter oder Leckerlis oder Menschenessen interessiert. Alles, was ich von Katzen kannte, das sie mögen, wurde von ihr mit Desinteresse quittiert. Leberwurst, Thunfisch, Knusperstangen, Milch, Sahne, Fisch, Wurst, Schinken, Sonntagsbraten... Einerseits war das praktisch, denn man konnte alles herumstehen lassen. Andererseits konnte man ihr nie etwas Gutes tun, beispielsweise dann wenn sie, wie in diesem Jahr, so krank war. Wir hätten sie gerne mit etwas Gutem zu futtern verwöhnt. Das einzige, was sie gerne nahm, war Joghurt. Damit konnte man ihr zumindest noch in der vorletzten Woche ihres Lebens eine Freude machen.
Eine Zeitlang haben wir ihr einmal in der Woche Rohfleisch unterjubeln können, aber irgendwann war auch diese Phase vorbei. Futtermäuse vom Tierhotel gingen zwischenzeitlich auch ganz gut, aber in den letzten Jahren auch nicht mehr.
Zwischenzeitlich war sie durch das Trofu leider wirklich deutlich zu dick, nicht nur mopplig , sondern zu dick. Das Schicksal einer Wohnungseinzelkatze, die das falsche frisst und sich zu wenig bewegt. Mit dem Umzug und dem gesicherten Freigang nahm sie dann langsam ab, wir denken außerdem, dass der Krebs auch dafür gesorgt hat. Zuletzt hatte sie sechs Kilo und dünner wiederum hätte sie auch nicht sein dürfen. Ich sehe es allerdings so, dass sie uns auch deshalb so lange erhalten blieb, weil sie von einem höheren Ausgangsgewicht kam. Wäre sie von vornherein im idealen Bereich gewesen, wäre sie schnell ins Untergewicht gekommen. So hatte sie zuzusetzen.
Was sie ihrer Leckerliabneigung zum Trotz allerdings leidenschaftlich gern mochte, waren Blätter von Kürbis-, Zucchini- und Gurkenpflanzen. Mein Mann hat so ein Faible für urban gardening und bepflanzte in Wohnung 2 unseren recht großen Balkon. Eines Morgens wachten wir auf und hörten es schnorpsen und reißen und schmatzen. Als wir auf den Balkon traten, weidete Biene wie eine Kuh im Kürbis. Wir fanden das zwar überaus merkwürdig, aber in all den Jahren wurde extra für Biene eine dieser Pflanzenarten angebaut, ganz unabhängig vom Ertrag für uns. Auch in diesem heißen Sommer wächst eine Zucchinipflanze in ihrem Garten.
Wir haben, wenn man so ein gemütliches Tier hat, auch immer gedacht, dass sie wahrscheinlich keine große Jägerin sein würde. Aber als wir ins Haus zogen und sie den gesicherten kleinen Garten bekam, waren wir erstaunt, wie sie nach Mäusen und Vögeln jagte. Heute denke ich, dass sie als echte Freigängerin der Vogelwelt wahrscheinlich ziemlichen Schaden zugefügt hätte. Als sie das erste Mal einen Vogel gefangen hatte, wusste sie allerdings nicht so recht etwas damit anzufangen. Später hat sie dann aber auch mal einen gefressen. Was sie echt liebte, waren Schmetterlinge und Nachtfalter. Die waren hier ihres Lebens nicht sicher. Bis zu ihrem vorletzten Tag hat sie solche gefangen und mit Schmatzen gefressen, nur am Ende hat sie ihnen nur noch nachgeschaut, aber nicht mehr nachgesetzt.
Wächterin des Gardens
Und Wächterin des Balkons
Im September wird bei uns der wilde Efeu anfangen zu blühen, der die Mauer zum Wald und alle Bäume hier bedeckt. Das ist für alle Insekten wunderbar, aber vor allem Schmetterlinge werden angelockt und sitzen dann auch überall auf der Terrasse und an den Hauswänden in der Sonne. Darauf freue ich mich schon, und ich werde dabei an Biene denken.
Biene wurde jeden morgen bis zu ihrem letzten Lebenstag von meinem Mann gebürstet. Das hat sie geliebt und auch eingefordert. Bei Regen oder Kälte im Bad, ansonsten immer draußen auf dem Balkon oder der Terrasse. Ihr dichtes, weiches Flauschfell hatte das auch nötig, sie hatte schon viel Pelz, am Bauch auch besonders lang, so dass ich mich immer fragte, ob da unter ihren Ahnen vielleicht doch eine andere Rasse war. Mit Blick auf ihre Größe hätte das sein können. Besonders mochten wir beide ihre Pluderhosen. Und mein Mann schwärmte gestern von der Weichheit zwischen Brustbein und Kinn.
Hier ist es ganz weich:
Wenn man sie unter dem Kinn gekrault hat, hat sie ihre kleine süße rosa Nase ganz kraus gezogen. Die Schnurrhaare gingen nach vorn, und sie sah aus wie ein Walross. Wie alle Katzen mochte sie es auch sehr, hinter den Ohren gekrault zu werden.
Sie schnurrte sehr laut, wenn die Zimmertüren alle offen waren – also meistens – konnte man sie im Nebenzimmer schnurren hören. Wenn man sie am Schwanzansatz kraulte, fiel sie meistens einfach um und wollte dann kämpfen. Allerdings nur mit mir, eher nicht mit meinem Mann.
Spielemietz
Glück hatte ich, wenn ich lange Kleidung mit langen Ärmeln trug, denn der ganze Arm wurde dann drangsaliert, immer mit Krallen, und die waren spitz. In den letzten Jahren haben wir ihr auch regelmäßig die Krallenspitzen gekürzt, weil sie selbst die nicht so sehr gepflegt hat. Sie konnte einem echt wehtun, aber nie mit Absicht. Wenn Sie entspannt schlief und sich drehte, konnte man ihr durchaus auch das Bäuchlein streicheln. Ach, war das warm und weich und gemütlich.
Ein Katzenrad zum Mitnehmen bitte:
Biene war keine Schoßkatze, aber sie war sehr, sehr schmusig. Köpfeln, Treteln, Um die Beine Schleichen, Ankuscheln, alles durchaus mit Druck dahinter, schließlich hatte sie meist über 7 Kilo Kampfgewicht. Da kann man sich schon mal sehr vehement an seine Menschen ranschmeißen. Oder an das, was sonst noch so rumsteht: