Eigenheiten II
Eigenheiten II
Bienes Einzug ging, das habt ihr ja schon rausgehört, mehr auf das Betreiben meines Mannes zurück als auch meins. Ich war einfach reservierter, wollte die Haare nicht in der Wohnung und fand es eigentlich bequem ohne Haustier. Wie anders geht es mir da jetzt!?!
Jedenfalls hab ich dann darauf bestanden, dass wenigstens ein Zimmer haarfrei sein soll und zwar das Schlafzimmer. Schließlich war dort der Kleiderschrank mit allen Klamotten. Tatsächlich haben wir es ein halbes Jahr lang geschafft, dass Biene im nebenan liegenden Arbeitszimmer meines Mannes auf einem Sessel genächtigt hat. Das hat sich schnell so eingespielt, und sie hat es sehr brav mitgemacht. Morgens kam es vor, dass sie an der Schlafzimmertür rumort hat, wenn wir nicht schnell genug aufgestanden sind. Uns hat nichts gefehlt, sie wäre jedoch sicherlich lieber bei uns gewesen.
Im Februar 2010 wurde ich ziemlich krank, so krank, dass ich den ganzen Tag im Bett verbracht habe. Ich weiß das deshalb noch so genau, weil in dieser Zeit die Olympischen Spiele in Vancouver waren und ich den ganzen Tag, sofern ich wach war, Sport geguckt habe. Abends saß mein Mann dann am Schreibtisch und die Tür zum Schlafzimmer war geschlossen. Biene war bei ihm. Und ich kam mir, fiebrig und verrotzt, plötzlich sehr einsam und abgeschnitten in dem Schlafzimmer vor, so dass ich schließlich die Tür geöffnet habe, um irgendwie noch am Leben teilzunehmen. Mein Mann wies mich darauf hin, dass Biene dann sicher mal gucken kommen würde, aber ich erklärte, dass sei mir egal. Und sie kam gucken, inspizierte das Schlafzimmer ganz genau und kletterte ins Bett. Damit war es vorbei mit meinen schönen Plänen eines haarfreien Schlafzimmers... Biene wäre vielleicht sogar wieder freiwillig gegangen, aber ICH fand es nun viel schöner, eine warme und weiche Katze neben mir zu haben. Sie brauchte nie wieder alleine draußen zu schlafen!
In diesen ersten Jahren hatten wir ein 1,40m breites Bett (heute irgendwie unvorstellbar), da hat sie meistens bei mir in den Kniekehlen geschlafen. Das war irgendwann sehr unangenehm, zumal ich mich nachts gern und viel bewege. Deshalb habe ich sie dann immer zwischen unsere Köpfe gelegt. Als wir in Wohnung 2 das 1,80m breite Bett bekamen, lag sie dann freiwillig zwischen unseren Köpfen. Das war für einige Jahre sehr angenehm. Im letzten halben Jahr ist sie dann wieder eher an die Beine gewandert, eventuell war ihr das unangenehm. Mittagsschlaf hat sie ja eh zwischen den Knien meines Mannes gemacht, der sich dann bewunderungswürdiger Weise gar nicht mehr bewegt hat.
Wenn sie krank war – einmal hatte sie einen heftigen Schnupfen und in diesem Jahr die Operationen – hat sie immer ganz eng an mich gepresst geschlafen, komplett unter der Decke. Das war sehr rührend, wie sie Kontakt gesucht hat. Aber auch warm und beengend. Wenn ich gerutscht bin, gab es eine Kuhle, in die sie nachgekugelt ist. Irgendwann lag ich dann immer an der Bettkante und Biene hatte den Rest okkupiert. Sie wusste, wie es geht!
Schlafkörbchen hat sie nie benutzt, sie kam ins Bett, schlief auf Sesseln oder der Gartenbank oder in ihrem Katzenkorb auf dem Schrank. Dort lag sie vor allem, wenn wir beide länger außer Haus kamen, das war anscheinend ihr safe place.
Im Hexenhäuschen
Im Winter lag sie auch viel auf dem großen Kratzbaum hier direkt an meinem Schreibtisch und hat meine Arbeit beaufsichtigt.
Das ist noch der kleine Kratzbaum, trotzdem aber im Rücken meines Schreibtischstuhls.
Sie war der beste Supervisor, nur deshalb habe ich überhaupt meine Doktorarbeit und mein letztes Buch schreiben können!
Supervising
Wenn man so eine kuschlige Schlafemiez hat, ist es sehr schwer, aufzustehen oder sich nicht wieder dazuzulegen. Schlief sie entspannt und tief, konnte man sie am Bauch streicheln und sie hat in wacher werden, einem dann die ganze Bauchseite entgegengestreckt, egal ob sie vorher ein Kringel oder eine lange Schlange als Schlafposition gewählt hatte.
Morgens wurde mein Mann von ihr dadurch geweckt, dass sie seinen Kopf geputzt hat, was durchaus liebevoll gemeint, aber auch recht schmerzhaft war. Man konnte sie dadurch übrigens auch beruhigen, zumindest in den ersten Jahren. Wenn der TA sie untersucht hat und sie den Kopf putzen konnte, dann war es möglich, die Sedierung zu umgehen. In ihren letzten Lebenswochen fiel uns auf, dass sie in vehementer und fordernder putzte. Und an ihrem Lebenstag, das hat er mir dann erzählt, war es so, dass sie ihn morgens eben nicht weckte. Als er ihr seinen Kopf hingehalten hat, hat sie ihn nicht geputzt. Für ihn war das neben den anderen Anzeichen fast das stärkste Signal, dass sie ihren Lebensmut verloren hat. Klingt vielleicht merkwürdig, aber er empfand es so.
Alleinsein war das ganz große Thema bei Biene. Wir haben sie seit 2010 nie wieder auch nur eine Nacht allein gelassen, sondern immer dafür gesorgt, dass jemand bei uns geschlafen hat oder dass wir abends wiedergekommen sind.
Als wir sie 2009 bekommen haben, Ende Juli wie gesagt, haben wir sie im September für unsere Hochzeitsreise alleine gelassen. Es kam nur einmal am Tag jemand, um sie zu versorgen. Da hatte sie sich das erste Mal einen Arm nackig und blutig geputzt. Das zweite Mal war im selben Jahr, als wir zwei Tage vor Silvester für einen Tagesauflug meine Familie besucht haben und erst spät abends zurückkamen. In Berlin wird deutlich vor Silvester schon sehr intensiv geböllert. Da muss sie schreckliche Angst gehabt haben. Ihre Beruhigungsstrategie, grundsätzlich immer wenn sie unsicher oder ängstlich war, bestand eben darin, sich zu putzen. mAuch da blutete sie wieder. Also musste eine andere Lösung für Abwesenheiten her!
Ab 2010 haben wir für unsere Urlaube immer einen Catsitter organisiert, der bei uns einzog, oder wir haben keinen Urlaub gemacht und uns bei dienstlichen Reisen abgestimmt, so dass sie nie alleine sein musste. Das war nicht immer einfach und wurde auch von Jahr zu Jahr schwieriger. Es gab zwar immer eine Freundin, die gerne mal ein paar Tage Urlaub in Berlin verbringen mochte, aber das ganze muss ja auch zu koordinieren sein. Zwischen 2013 und 2017 hat es mit zwei Freundinnen super geklappt, da konnten wir zweimal sogar für jeweils 10 Tage wegfahren. Und die eine Freundin ist eine tolle Tierfotografin und hat uns auch noch mit wunderschönen Bildern von Biene belohnt:
Biene ist uns als Einzelkatze im Alter von vier Jahren vermittelt worden. Als sie sechs war und ich lange genug im Katzenforum unterwegs, haben wir es nach langer Suche mit einer Zweitkatze versucht. Ich wollte, dass sie jemanden zum Spielen und Putzen und Schmusen hat, und wir beide erhofften uns, Zeiten der Abwesenheit mit zwei Katzen, die sich gegenseitig stützen, besser gestalten zu können. Die kleine Rosa, die aussah wie ein Schachbrett, war eine anhängliche, soziale Miez im Alter von drei Jahren. Nicht ganz perfekt, was das Alter anging, aber vom Verhalten her supersozial und fröhlich.
Wir hatten vor, mit Gittertür zu arbeiten, was für Rosa echt schrecklich war, denn die wollte bei uns sein. Biene hat fürchterliches Theater gemacht und sich dann komplett unter unser Bett zurückgezogen. Ihr Revier war dramatisch verkleinert. Als sie dann angefangen hat sich wund zu putzen und ihr Geschäft dort zu verrichten, war uns klar, dass ihre Lebensqualität in den drei tagen massiv gelitten hatte und wir den Versuch abbrechen mussten.
Ich habe in all den Jahren gesagt, dass das Schlimmste, was ich im Leben machen musste, gewesen sei, ein Tier ins Tierheim zurückzubringen. Rosa wurde zum Glück bald vermittelt. Heute muss ich leider sagen, dass das Schlimmste war, das Leben eines Tiers zu beenden. Wobei es ein unterschied ist: Das eine war für Rosa schlimmer als für uns. Das andere war für uns schlimmer als für Biene, die nicht mehr konnte.
Hier im Garten hat sie mit viel Gedrohe und Gebahren sämtliche anderen Katzen, die es wagten, an ihren Zaun zu treten, verjagt, da kannte sie nichts. An ihrem letzten Vormittag hat sie dafür sogar auch noch die Kraft aufgebracht, wie auch immer sie das geschafft hat.
Wachdienst am Gartenzaun
Ich denke, sie war ein Einzeltier, wahrscheinlich von Anfang an. Wir haben sie nicht dazu gemacht, das haben andere Menschen versaubeutelt. Wir haben aber unser bestes gegeben, dass sie sich nicht alleine fühlt. Unsere Jobsituation hat uns da in die Hände gespielt, und wir haben auf manchen Urlaub und manche Einladung halt verzichtet.
Ich hoffe wirklich, sie hatte es gut bei uns und wir konnten ihr alles geben, was sie brauchte, Sie sollte nie Angst haben müssen.