Spiel und Umzüge
Zwei Wochen ist Biene nun schon nicht mehr da. Heute waren wir alle beide zur Hautkrebsvorsorge. Die Ärztin ist vier Häuser neben unserer Tierärztin. Wir hatten beide kein schönes Gefühl, an der Praxis vorbeizugehen. Das Herz ist schwer.
Gerade deshalb ist auch heute wieder die richtige Zeit, um an Biene zu erinnern.
Spiel und Umzüge
Biene war alles in allem nicht die große Spielemiez. Da kamen sicherlich die Faktoren Alter und Einzelkatze zusammen, um so älter sie wurde. Katzenminze und ähnliches Zeug haben sie auch total kaltgelassen, genauso wie Spielmäuse und Geschicklichkeitsspielzeug. Da sie keine Leckerlis fraß, konnte man sie da auch nicht locken.
Anderes ging dafür gut:
Kaum dass sie uns das Bällchen mit dem Mäulchen hingeworfen hatte, habe ich das Ballspiel mit ihr angefangen. Wir nannten sie zeitweise unsere „Olli-Kahn-Katze“, weil sie im Stil des Titanen in unserem Flur die Bälle abfing. Ich hatte Softbälle, die teilweise echt gut aufsprangen, aber anders als Flummis nicht wehtaten, wenn man ihnen in die Quere kam. Ich habe also den Ball im Flur mit Schmackes gegen die Eingangstür geworfen, von dort prallte er auf den Boden und sprang noch mal richtig schön auf. Dazu müsst ihr euch Biene vorstellen, die in allen Lagen und Flugbahnen diesen Ball abfing und hin- und herraste. Dieses Spiel haben wir etwa über ein Jahr jeden Abend sehr ausdauernd gespielt, das war ihr Ding.
Mit unserem Umzug in Wohnung 2 verloren wir leider diese gute Spielstelle, an den dortigen Türen wollte sie irgendwie nicht mehr mitmachen. Vielleicht war der viel größere Balkon auch Ablenkung genug. Dafür bekamen wir einen immens langen Flur. Wenn alle Türen geöffnet waren, ergab sich eine Rennstrecke von etwas über 20m. Und Biene konnte und wollte rennen, ihre fünf Minuten dauerten durchaus länger. Wenn sich eine über 7-Kilo-Katze in Bewegung setzt, hört es sich schon mal so an, als hätte man ein ordentliches Stampede in der Wohnung. So sehr diese Katze still und harmlos schleichen konnte, so laut konnte sie sein, wenn sie wollte.
Besonders beliebt war das Jagdspiel, das auch wiederum eher ich mit ihr gespielt habe, bei meinem Mann hat es nicht so gut funktioniert. Ich habe sie gejagt und mich dann versteckt, hinter der Tür in einer Ecke zum Beispiel. Dann kam sie an – klack, klack, klack – das Fell zur Flaschenbürste und zum Punk aufgestellt, mit leichtem Seitwärtslaufen wie ein Kitten. Ich muss aus meiner Ecke springen und sie rast davon, ich hinter her und dann dasselbe Spiel von vorn. Irgendwann ließ sie sich dann fallen und zeigte den Bauch. Dann konnte ich meinen Arm hinhalten, und wir haben gekämpft. Sprich: Sie hat meinen Arm zerfleischt.
Mit dem Laser hat sie viel gespielt. In ihrem Klozimmer stand ein altes Sofa, auf dem man den Laser hervorragend jagen konnte. Das Sofa stand mit dem Rücken in den Raum, so konnte sie von der Lehne auf eine etwa 75 cm entfernt stehende, etwas höhere Kommode springen (oder umgekehrt), über einen Stuhl aufs Fensterbrett und von dort wieder auf das Sofa, oder auf ein kleines Regal und sich dann in den Flur stürzen. Wer sich das jetzt nicht vorstellen kann: Sie konnte in dem Zimmer von einem Möbel zum anderen springen und hin- und herhechten.
DaBird und Angeln, Fäden und Zahnseide (!) standen immer hoch im Kurs. Als passionierter Onlineshopper – ich bekennen mich schuldig – mangelt es in unserem Hause auch nie an Kartons. Es standen immer irgendwo Kartons herum.
In dem langen Flur lag noch ein großer Rascheltunnel von Ikea. Wenn sie in dem saß, mochte sie es, durch die halbe Wohnung gezogen werden, natürlich mit möglichst hohem Tempo. So ein bisschen wie surfen. Wenn ich es so bedenke, war Biene eigentlich ziemlich verwegen.
Ich habe den Rascheltunnel auch mal ausprobiert...
Und natürlich Klippo (so heißt hier der sichere Platz beim Fangespiel), das feine Papier aus der Reinigung. Da kann man angeln und Laser drunter jagen, sich drin wälzen oder es herrlich zerfetzen. Ein Klippo liegt unter ihr im Grab!
Biene hat immer mit Krallen und mit Zähnen gespielt, und wir haben das auch ordnungsgemäß mit ihr gemacht. Sie sitzt am Bett, und einer spielt mit den Fingern an der Bettdecke oder unter dem Kissen. Da springt sie mit Karacho ins Bett und will die Hand jagen.
Dieses Spiel hat sie in den letzten Wochen der Krankheit dann nicht mal mehr ansatzweise machen wollen. Ein paar Tage vor ihrem Tod hab ich einen Roman mit einem Lesebändchen gelesen. Mit diesem Bändchen konnte ich sie, als sie neben mir saß, noch einmal ein bisschen animieren. Sie hat es getatzt und mit dem Mäulchen gefangen. Das ging sogar eine ganze Weile so. Da hatte ich sogar nochmal etwas Hoffnung.
Aufregend waren die Umzüge. Beide gingen mit ihr insgesamt ganz problemlos. Bei beiden Umzügen war sie natürlich an der tagelangen Einpackaktion und den großen Kartons sehr interessiert.
Beim ersten Umzug wurde sie immer schwärzer und vor allem anschließend hatte sie eine ganz verstaubte und verkrustete Nase, die sie einige Tage behalten hat. Beim zweiten Umzug haben wir etwas besser aufgepasst, dass sie nicht ganz so staubig wird. Aber Dreck lässt sich einfach nicht vermeiden, egal wie viel man vorher im Alltag so putzt.
Beim ersten Umzug, der nur 900m weit war, sind wir die Nacht vor dem Umzug alle in die neue Wohnung gezogen. Wir haben uns nämlich ein neues Bett geleistet, eine Einbauküche war eh drin. Und wir waren fertig, die alte Wohnung einfach ein Chaos. Da hab ich vorgeschlagen, dass wir unseren Frühstückskram und Bienes Klo nehmen und einfach schon mal in die neue Wohnung fahren. Am Morgen haben wir dann die Umzugsfirma in der alten Wohnung in Empfang genommen. Diese Nacht quasi zwischen den Wohnungen haben wir nicht gut geschlafen, u.a. auch deshalb, weil Biene die ganze Nacht –klack, klack, klack – die Wohnung inspiziert hat. Geschlossene Türen kannte sie nichts und die hätten auch nur ein Jammern produziert.
Während des Umzugs kam sie dann in ihr späteres Klozimmer, zusammen mit Klo, Bettchen, Futter und Wasser und Decken. Tür zu, abgeschlossen, Besen in die Tür und großes Warn-Schild dran. Das hat sie gut ausgehalten, aber mit der Geräuschkulisse war es sicher auch komisch.
Beim zweiten Umzug ist sie in diesem Zimmer verblieben. Als wir um die Mittagszeit abgefahren sind, war sie bis in den späten Abend allein. Es war im Januar, d.h. es wurde auch zeitig dunkel. Ich stelle mir vor, dass sie auf dem Fensterbrett gesessen und auf die Straße geschaut hat. Aber bestimmt hat sie sich irgendwie verlassen und gruselig gefühlt. Wir mussten unser Haus nach Abzug der Firma noch komplett durchputzen, da durch den Schnee alles voll mit Streu und Streusalz war. Das war topdreckig und für Biene total ungesund. Mein Mann hat sie dann geholt, es war aber fast eine Stunde Fahrweg. Berlin halt.
Mit einer Kindertreppensicherung haben wir die obere Etage gut abtrennen können, so dass sie in der Nacht nicht gleich das ganze Haus erkunden konnte. Sie war auch ruhiger als beim ersten Umzug. Den ersten Tag habe ich dann auch nur auf der Etage ausgepackt, und sie blieb die ganze Zeit bei mir.
Erst am zweiten oder dritten Tag konnte sie die Treppe runtergehen und unten alles ansehen. Ihr Gang auf der Treppen war da, und blieb es auch, eher abenteuerlich. Wie ein kleines Kind, immer schön ein Bein nachziehen. Die Treppe hoch ging wie ein weißer geölter Blitz.
Und natürlich musste sie dann den Garten entdecken, bei Schnee, iiiiihhhhhhhhhhhhhhhhhhh.