Ja klar.
Die Argumentation (gesamt) leuchtet mir ein.
Es ist halt unglaublich verlockend für den Katzenhalter, der sich nicht oder nicht gut genug auskennt (mich inklusive) und sein blindes Vertrauen in Tierärzte verloren hat, zu denken: "na, daß ich keine Ahnung habe macht ja nichts, da wird ein Abstrich gemacht und dann weiß jeder ganz genau und haarscharf, was los ist und wieviel man von welchem Mittel geben muß." 😉
klar
🙂
das problem ist halt auch folgendes - ich stelle dir mal ein beispiel nach, ein fiktives, ähnliche fälle kenne ich aber: du hast eine katze mit fettem husten. du lässt einen abstrich machen. heraus kommen: mykoplasmen, streptokokken, staphylokokken. darunter klemmt dann das antibiogramm, angegeben sind zwei reihen mit angaben zur resistenzlage.
otto normalverbraucher schaut sich nun diese "ketten" an und schaut, wo zwei mal ein "s" für sensibel steht und gibt darauf ausgewählt nun ein antibiotikum. und wundert sich dann, dass die geschichte nicht besser wird.
dazu muss man einiges wissen:
- ein abstrich/lungenspülung/was auch immer zeigt lediglich die flora an, die vorhandene; diese sagt als solche (noch) NICHTS darüber aus, ob ein erreger pathogen ist oder nicht, ob es primärerreger (lösen die party aus) oder sekundärerreger ("da ist was los, da gehen wir hin") sind. DAS muss der tierarzt (im idealfall ...) sorgfältig anhand seines wissens und der symptomatik selbst entscheiden.
- sensibel heißt nicht immer "gleich sensibel". stichwort: minimale hemmkonzentration, dazu steht
hier einiges, schau mal.
"Die MHK ist die minimale Hemmkonzentration eines Antibiotikums, bei der 90 % der Erreger im Wachstum gehemmt werden. Sie spiegelt somit die Empfindlichkeit eines Erregers gegenüber dem jeweiligen Antibiotikum wider. Je niedriger die MHK, desto wirksamer ist ein Antibiotikum."
und weiter:
"Obwohl generell ein Antibiotikum umso wirksamer ist, desto niedriger seine getestete MHK liegt, ist ein Antibiotikum mit einer niedrigeren MHK nicht automatisch wirksamer als eines mit einer höheren MHK! Bei der Beurteilung der Wirksamkeit eines Antibiotikums spielt nicht nur die MHK, sondern auch die bakterizide Wirkung auf den jeweiligen Erreger, intrinsische Resistenzen der einzelnen Erreger, Verstoffwechselung des Antibiotikums etc. eine Rolle. Faktoren, wie die Pharmakodynamik und –kinetik des Medikamentes, Infektionsort, Infektionsdosis etc., werden bei der in vitro Testung nicht erfasst und müssen vom behandelnden Arzt bei der Antibiotika-Gabe berücksichtigt werden.
Die Auswahl eines Antibiotikums für die Therapie sollte sich daher nicht allein nach der MHK, sondern auch nach Therapieempfehlungen für den jeweiligen Erreger richten. Generell ist eine gezielte Antibiotikatherapie der Gabe eines Breitspektrum-Antibiotikums vorzuziehen."
in dem obigen fiktiven fall kommt dann noch dazu: das antibiogramm wird sich auf die kokken beziehen. das fällt dem normalen halter dann gar nicht auf, weil irgendwo oben die keime durchnummeriert sind und unten dann "keim eins", "keim zwei" steht, wenn man das nicht schon häufiger gesehen hat, wird man da nicht drauf kommen.
ein fall wie obiger kann ganz klassisch ins auge gehen: die depperte variante eines tierarztes wird mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit das antibiogramm zur hand nehmen und ein beta-laktam-antibiotikum verabreichen, vielleicht auch convenia, weil die kokken darauf so gut wie immer ansprechen. das wird mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit NICHT wirken, danach wird er ein andere beta-laktam nehmen etc. - und der halter wird dann im dümmsten falle denken, er hat einen "chroniker", man kann nichts (mehr) machen.
achtung, falle: viele tierärzte berücksichtigen eben NICHT, welche erreger primär- und welche sekundärerreger sind. in obigem fall ist das ganz klar - kokken lösen keine atemwegsinfektion aus, es sind sehr wahrscheinlich die mykoplasmen. diese sind aber, weil zellwandlose, gar nicht im antibiogramm erfasst (kann man nur in speziallaboren anzüchten). und beta-laktam-antibiotika, die 1. wahl bei kokken, wirken ALLE nicht gegen mykoplasmen (ihre wirkung beruht auf der zerstörung von zellwänden, mykoplasmen "hausen" intrazellulär in den wirtszellen).
verstehst du, was ich meine?
🙂
über meine katze zora habe ich ja schon wirklich viel berichtet, hier aber auch eine kleine anekdote: sie hatte ja felines asthma, danach wurde eine simple erkältung falsch behandelt, viel zu lange, die dann in einer lungenentzündung resultierte.
die wurde behandelt, man hatte mir aber in der uniklinik anfangs NICHT explizit gesagt, dass schon ein großteil der lunge irreversibel über die wupper gegangen ist. insofern war es rückblickend klar, dass die geschichte wieder aufflammte, obgleich ich SEHR lange behandelt hatte mit antibiotika (mykoplasmen). [in der akte stand eine notiz (kannte ich damals noch nicht!), dass man ihr eine maximale lebensdauer von drei monaten gibt - sie hat es nachher noch über vier jahre geschafft und hätte auch noch länger, das konnte wirklich keiner dort glauben. zum teil hat man mir nicht geglaubt, dass dieses tier dasjenige auf dem röntgenbild ist - und später war man völlig perplex, dass zoras lunge sich sogar etwas verbessert hat, was medizinisch für unmöglich gehalten wurde]
zwei monate, drei monate ruhe - erneut die gleiche symptomatik. ich war dann hier vor ort in der tierklinik beim leiter (sehr guter ruf, eigentlich ...), wollte eine lungenspülung machen lassen. er hat mich davon überzeugt, dass ein abstrich aus den hinteren oberen atemwegen genauso "gut" bzw. aussagekräftig ist (ich habe mehrfach nachgehakt). das ergebnis war: pseudomonas aeruginosa, ausschließlich. eigentlich hätte ihm schon auffallen müssen, dass der pseudomonas zwar ein fieser (!!!) multiresistenter problemkeim ist, aber eben ein SEKUNDÄRERREGER. der setzt sich nur drauf, wo es eh schon scheiße ist - gut, war es ja, die lunge verschattet usw., aber die erkältung löst der pseudomonas eigentlich nicht aus ... nun, er hat daraufhin ein ausnahme-antibiotikum gezückt (gefährliche garstige nebenwirkungen und häufige!), umgewidmet und ich habe es zora sechs wochen verabreicht (gsd ohne nebenwirkungen). es wurde nichts besser, ganz im gegenteil. sein rat: einschläfern lassen, sobald es richtig fies wird - ist halt ein problemkeim, der zweite abstrich zeigte schon eine völlige resistenz, hoffnungsloser fall. ich bin dann wieder in die uniklinik, habe eine lungenspülung machen lassen, weil ich verschiedentliche zweifel hatte - ergebnis: pseudomonas aeruginosa UND mykoplasmen (merke: flora obere atemwege ungleich flora hintere obere atemwege ungleich flora lunge - kann gleich sein, muss aber nicht). vorgehen: stinknormales doxycyclin, erneut, wie davor auch schon. nach fünf tagen war eine deutliche verbesserung da, nach zwei wochen war die ganze symptomatik komplett weg. überflüssig zu erwähnen - der pseudomonas war resistent auf doxycyclin.
zoras zustand wurde mir dann klar: mehr als 80% der lunge "tot", sprich - zerstört. dort kann eine antibiose auch nicht richtig bzw. nicht mehr wirken, sprich: es war illusorisch, die ohnehin hartnäckigen mykoplasmen und den sekundärerreger, den garstigen, loszuwerden. die devise hier war also: wir stehen mit dem rücken zur wand, dauer-antibiose, lebenslang - um die keime an einer weiteren ausbreitung zu hindern (nicht vergessen: zora bekam ja auch noch inhalatives cortison, durch die kaputte lunge hatte sich das asthma verschlechtert, ergo brauchte sie richtig viel, was natürlich für die infektion richtig sch... war). sch... auf die potentiellen nebenwirkungen, weil die katze OHNE antibiose nur noch wochen hat. insofern hat zora fortan doxycyclin bekommen, dauerhaft.
irgendwann aber kam der tag, da hat auch das nicht mehr funktioniert, die symptome kamen zurück. lungenspülung - ergebnis wie oben. ich habe mich mit diversen ärzten unterhalten, kompetenten fachärzten. sie haben mir empfohlen, mit gentamicin zu inhalieren - und auch darauf hingewiesen, dass es dazu noch keine studien gibt usw., dass es ein versuch wäre, wirksamkeit nicht garantiert usw.. ich habe genta gekauft und - mich anders entschieden. gentamicin ist ein ausnahme-ab, extrem toxisch (nephro-, neuro- und ototoxisch), ich hatte angst. AUßERDEM wollte ich mit einer inhalation (bei der man nicht wusste, ob es nun wirklich zielführend ist) nicht den pseudomonas "triggern", resistenzen auszubilden (das kann er sehr sehr schnell) und mir somit die möglichkeit einer systemischen gentamicin-anwendung verbauen als letzte chance (trotz der risiken ...). also habe ich überlegt und mir gedacht - "mmmh, was wenn schon wieder die mykoplasmen schuld sind an der symptomatik und nicht der pseudomonas? was, wenn das doxy aus welchen gründen auch immer nicht mehr so greift wie früher?". nichts zu verlieren, also habe ich zora ZUSÄTZLICH zum doxy azithromycin gegeben. und, siehe da - nach einer woche war der spuk vorbei. ich habe es den ganzen ärzten DANACH erzählt, dass ich zwar "ja klar" gesagt habe, aber eben genau nicht das gemacht habe, was man mir empfohlen hatte. man hat es mir nicht übel genommen, sich mit mir gefreut und eingestanden, dass es halt alles immer ein bisschen komplizierter ist - sie konnten es anfänglich gar nicht glauben, dass es funktioniert hat.
[ernsthaft? zeilenlimit gesprengt
😱😳 - teil zwei folgt gleicht]