Es ist fantastisch, kleinen Katzen zuzusehen, wie sie wachsen und sich zu eigenständigen Charakteren entwickeln. Obwohl ich von Beginn an das Gefühl hatte, dass sich meine Samtpfoten schnell an ihr neues Zuhause gewöhnt haben, ist es unbestreitbar, dass sie nun ganz „meine“ Momo und „mein“ Saijay sind. Ihre Zugehörigkeit zum sechsnäsigen Katzenrudel, dem sie entsprangen, wurde durch die Entwicklung einer innigen Beziehung zwischen uns dreien abgelöst. Ja, wir sind ein unzertrennliches Trio. Ich selber fühle mich mehr und mehr an sie gebunden. Ich kann nicht anders, denn sie umgarnen schnurrend meine Hand und meine Seele, zaubern mit verträumtem Blinzeln ein inneres Band, singen miauend und gurrend das Lied unserer Freundschaft.
Es ist verrückt! Soweit wollte ich es doch gar nicht kommen lassen. Schliesslich bin ich Mensch – und sie Katzen. Sie sind von mir abhängig, ich nicht von ihnen. Und doch straft mein Verhalten diesen rationalen Vorstellungen Lügen. Wie konnte ich nicht ahnen, dass ihre kätzische Magie mich fesseln würde. Ich staune und akzeptiere, gebe mich hin dieser fantastischen Glückseligkeit. Dem Glück, zwei einzigartige und wundervolle Katzenwesen zu meinem Rudel zählen zu dürfen. Gerne möchte ich davon berichten und euch an meinem Glück teilhaben lassen.
Schnipp, schnapp, Schnäbi ab!
Wir sind auf dem Weg zur TA. Es ist Anfang September, Mittwochmorgen früh. Ich verfluche den Moment, als ich den Termin um viertel vor Acht vereinbarte. Schliesslich bin ich doch kein Frühaufsteher. Wie immer war das Einfangen und Eintüten der Katzen kein Problem. Jetzt liegen sie in ihren Boxen neben mir, auf und vor dem Beifahrersitz. Saijai sucht meinen Finger, miaut leise und weinerlich. Momo zerfetzt die einliegende Zeitung, unterbrochen von aufgeregtem Miaue. Es ist bereits unser dritter TA-Besuch, das Verhalten ist soweit normal. Da ich erst zwei Kaffee hatte und noch nicht voll da bin, wird aus meinem beruhigendem Schwatzen ein Murmeln. Aber ich gebe mir Mühe.
Angekommen, nimmt mir die TA-Assistentin die beiden ab und bringt sie gleich in den OP. Die Assistentin fragt mich nach meiner Handynummer – falls was wäre. Ausserdem könne ich um die Mittagszeit nachfragen, wenn ich wollte. Ich nicke und merke an, dass ich das kaum tun werde. Ich sag tschüss und raune Saijay noch ein „Schnipp, schnapp, Schnäbi ab!“ zu. Die anwesenden Herrchen und Frauchen und das Personal müssen lachen. Ich auch.
Ich arbeite den ganzen Tag und kann die Kleinen erst am Abend wieder abholen. Ich nehm's gelassen – was soll schon passieren? Und trotzdem beschleicht mich immer wieder ein besorgtes Gefühl. Bis am Abend kein Anruf. Ich freue mich, die beiden wieder zu sehen. Sie sind bereits voll wach. Sie seien ganz brav und lieb gewesen, meinte die Assistentin. Sie zeigt mir die Naht von Momo und sagt, dass alles gut gegangen sei. Dann lächelt sie und fügt an, dass meine Katzen sich von einer grossen Dogge nicht beeindrucken liessen. Diese wurde heute ebenfalls operiert. Da sie nicht in eine Box rein passte, ist sie vor der Katzenbox aufgewacht. Sie war wirklich imposant. Meine beiden seien schnuppernd ans Gitter gegangen, die Katze in der Box neben an hatte sich fauchend in den hintersten Ecken verzogen. Irgendwie bin ich stolz auf meine Kleinen. Kastration gut überstanden und sich gar nicht beeindrucken lassen vom grossen Hundi.
Guten Morgen, gute Nacht
Seit ich entdeckt habe, dass meine Katzen es gerne haben, mich zu verabschieden und zu begrüssen, werden die Rollläden im Esszimmer immer schön hoch gezogen. Verlasse ich nämlich die Wohnung, versammeln sich Momo und Saijay auf dem Tisch und schauen mir mit grossen Augen hinter her wie ich davon radle. Am Abend komme ich dann jeweils spät nach Hause, zische mit dem Fahrrad an meiner Wohnung vorbei. Der kurze Blick, den ich in die Wohnung werfen kann, offenbart mir meist zwei Katzen schlafend auf dem Kratzbaum. Ich bremse, steige ab, verstaue mein Rad im Fahrradraum, laufe die paar Meter zu meiner Wohnung zurück und ich kann sicher sein, dass mich zwei pelzige Knäuel mit grossen Augen durch das Fenster begrüssen. Egal, wie leise ich mein Rad verräume, meine Katzen hören/merken/spüren, dass ich nun zuhause bin und stehen am Fenster Spalier.
Während ich mich auf die klassischen menschlichen Begrüssungsrituale berufe, sie also mit Namen begrüsse, auf sie einsäusele, sie streichle, den Hals kraule und Flanken massiere, haben meine Katzen verschiedene Methoden entwickelt, mir Hallo zusagen. Das reicht vom gelangweiltem Lidheben und einen Blick à la „Aja, bist auch hier. Egal, lass mich jetzt pennen.“ bis zum wilden Umschmusen meiner Beine, meines Kopfes oder was auch immer ich in ihre Nähe manövriere. Momo wird da auch gerne rabiat und zeigt mir mittels der Methode amore brutale, wie sehr sie doch meine Waden oder meine Füsse mag, um ihre schriftliche Willkommensgrüsse blutend zu hinterlassen.
Mittlerweile, da sie raus dürfen, bin ich froh, dass ich Momente habe, in denen ich unbeobachtet bin. In den meisten Situationen folgt mir garantiert eine der beiden Katzen. Ob ich nun koche, das Altpapier binde, auf dem Klo sitze, am Schreibtisch arbeite, mir die Schuhe anziehe oder etwas lese: Es dauert nicht lange, und ich werde aus sicherer Entfernung beobachtet. Mache ich dann den Fehler und sprich sie an oder werf auch nur einen Blick zu, wirft sich die Katze an mich. Auf dem Klo wird auf die heruntergelassene Hose gelegen und es sich zwischen meinen Beinen gemütlich gemacht. Beim Kochen, kitzeln mich feuchte Schnäuzchen und haarige Schwanzspitzen an den Zehen und Waden. Ausserdem legen sie sich jeweils so hin, dass ich garantiert (fast) darüber stolpere und beinahe die heiss Sauce über mich, die Katze und die Küche verstütte. Bin ich in ein Buch vertieft oder über die Tastatur gebeugt, nähert sich bald schnüffelnd ein Katzenköpfchen und läuft über das Objekt meiner Aufmerksamkeit.
Mit Momo kann ich wunderbar reden. Sie versteht mich einfach. Egal was ich sage, ich kriege fast immer eine Antwort. Was Saijay an Schnurren von sich gibt, macht Momo mit Gurren und Miauen wieder wett. Sie ist diejenige, die „kefft“, wenn sie ein Insekt sieht. Sie miaut und klappert mit den Zähnen, gurrt und ist ganz aufgeregt. Auch Saijay jagt Insekten, allerdings höre ich bei ihm dann nichts. Auch das vielbesprochene „typische“ keffen, also das klappern mit dem Kiefer und das leichte Krächtzen, ist bei ihm nicht beobachtbar. Momo kann gar nicht anders, als sich akkustisch bemerkbar zu machen. Ich weiss auch nicht warum, aber wenn sie aufs Klo geht, wird das ebenfalls laut miauend angekündigt. Mittlerweile weiss ich, dass wenn sie in Spiel- und Jagdlaune ist, ich sie durch miauen und gurren zu mir locken kann, um sie zu schmusen. Schnurr...