Der Kern meiner Aussage war aber dieser hier:
Die Kritik galt ja eigentlich jenen Orgas die selbst wildgeborene Katzen ausschließlich in Wohnungshaltung vermitteln, egal wie gut das passt.
Denn das war die Ausgangskritik, die ich unterschreibe. Nicht immer ist es eine gute Lösung für die Katze sie in eine Wohnung zu vermitteln und wenn das dann so "pauschal" passiert, dann ist vielleicht das Problem der Menschen gelöst, aber der Katze geht es deshalb eben nicht zwingend besser.
Wenn man feststellt, dass die Katze auch mit einer Wohnung mit Balkon zufrieden ist, dann ist das ja etwas anderes als zu sagen: Wir (als Verein/Organisation) vermitteln ausschließlich in reine Wohnungshaltung, weil wir das für BESSER halten.
Ich finde diesen Trend reine Wohnungshaltung als die bessere Haltungsform zu sehen aber generell schwierig, meiner Meinung nach kann sie das gar nicht sein, sondern es ist reine Schönrederei, wenn man davon ausgeht, dass das grundsätzlich die bessere - weil sicherere - Haltungsform für das Tier ist.
Wenn das Tier frei entscheidet, dass es nicht raus will, ist das ja was ganz anderes, als wenn ich als Mensch darüber entscheide. Und das finde ich eben den springenden Punkt bei solchen Pauschalansichten: Es geht dabei mehr um den Menschen als um das Tier, wird aber als "Tierliebe" verkauft.
Ich habe hier ja auch so ein "Wildchen" und sie geht sehr gerne raus und ihr fehlt auch definitiv was, wenn sie das nicht kann. Schlimme Erfahrungen hat sie draußen denke ich nicht groß gemacht, da sie soweit ich weiss an einer Futterstelle eingefangen wurde mit ca. 5 Monaten. Sie hat aber halt 5 Monate lang von ihrer Mami gelernt, was eine Katze so "zu machen hat" und das waren halt lauter "Draußendinge". Mäuse fangen, Revierkontrolle, nach Feinden Ausschau halten und die betreibt sie auch mit Leidenschaft und großer Ernsthaftigkeit. Die Wohnung stellt ihr sicheres Kernrevier dar, das Draußen ist ihr erweitertes Revier indem man halt all die "Katzendinge" macht, die im Kernrevier nicht oder nur unzureichend möglich sind.
Trotzdem war es am Anfang so, dass sie sich nicht durch die offene Tür raus getraut hat. Hätte man jetzt auch so interpretieren können, dass sie gar nicht raus will. Das wäre aber falsch gewesen. Denn raus wollte sie, sie wollte nur auch sicherstellen, dass sie danach wieder rein kommt und nicht ihr wichtigstes Revier verliert, wenn sie es "verlässt".
Das war bei ihr tatsächlich interessant, da sie recht bald ständig vor der - noch geschlossenen - Katzenklappe saß und irgendwann auch damit anfingt sie anzustupsen. Ich habe ihr dann die Tür aufgemacht, weil ich die Klappe eigentlich noch nicht wirklich aktivieren wollte für sie, und da hat sie die Flucht in die Wohnung ergriffen. Durch die offene Tür oder ein offenes Fenster ist sie zu der Zeit partout nicht raus. Als ich dann doch die Klappe aufgemacht habe war sie sofort draußen und meine Vermutung war, dass sie Katzenklappe halt als etwas kannte, worüber sie selbst die "Kontrolle" hat und deshalb auch weiss: Da komme ich raus, aber auch wieder rein. Durch die Klappe rausgehen war also "ungefährlich", durch die offene Tür gehen hingegen nicht, denn die hätte ja auch zu sein können für sie, wenn sie wieder rein will. Und damit wären auch Futter, Schutz etc. unzugänglich gewesen.
Mittlerweile ist sie da nicht mehr ganz so vorsichtig und geht hier in der Wohnung souverän ein und aus, auch durch Türen und Fenster. Aber wenn sie zB. aus dem Garten ins Treppenhaus läuft (da gibt es eine extra Tür), dann ist sie super vorsichtig und achtet penibel darauf, dass niemand die Tür zumacht. Da rennt sie dann selbst vor mir weg, wenn ich auf dem Weg in die Wohnung gehe und sie merkt, dass ich in den Flur komme und flitzt schnell an mir vorbei nach draußen, um dann durch die Klappe rein zu kommen.
Sie hatte sozusagen in "beide Richtungen" ihre "Ängste". Sie hatte Angst davor irgendwo gegen ihren Willen eingesperrt zu werden und dann "ausgeliefert" zu sein. Sie hatte aber auch Angst davor, dass sie gegen ihren Willen von den Ressourcen in der Wohnung abgeschnitten werden könnte, wenn sie diese auf einem Weg verlässt, der ihr keine sichere Rückkehr garantiert.
Und deshalb muss man sich halt auch das individuelle Tier wirklich länger und aufmerksam ansehen, wenn man sicher beurteilen will, was das Tier präferieren würde. Oft geht es aber ja weniger darum, was das Tier präferieren würde sondern es geht eher darum, was das Tier halt ohne sichtlich zu leiden mit macht. Das ist halt einfach den Umständen geschuldet und lässt sich nicht komplett vermeiden, aber deshalb muss man es ja nicht als "Ideal" anpreisen und zur "besten Lösung" erklären.