Taskali
Forenprofi
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Es ist ihm ständig anzusehen, wie er mit seiner Angst und der Aussicht, auf ein bequemes Sofa mit Leckerlis kämpft. Er steht vor der Tür, er will rein. Will man ihn locken, rennt er lieber davon. Schafft man es, an ihn vorbei zu gehen und plötzlich hinter ihm zu sein, "flüchtet" er ins Haus. Und geht sofort zu seinem Sofa.
Das selbe ist mit Streicheln. Man sieht ständig seinen Zwiespalt zischen Angst und Flucht und dann doch dem Vergnügen, wenn er über seinen Schatten gesprungen ist.
Da beschreibst du das, was ich auch oft bei diesen von draußen nach drinnen Zähmungen sehe: der Weg ist langsam und eigenständig, das finde alle Menschen toll (ich auch), weil es ohne Zwang läuft, aber es bedeutet für eine Katze unglaublich viel Kraft und Überwindung, denn sie muß selbstständig und allein mit ihren Dämonen kämpfen. Dafür braucht es extrem viel Mut und Kraft. Deshalb werden sie oft nicht so zahm, wie sie es werden würden, wenn man sie eben reinholen würde und durch die entsprechende Therapie ziehen würde. Man nimmt dem Tier damit die Entscheidung "Ja-Nein" ab und schubst es eben über diese imaginäre Mauer. Damit erleichtert man dem Tier den Weg - und kürzt ihn ab.
Im Grunde kann man eine Zähmung mit einer Psychotherapie beim Menschen vergleichen (im verkleinerten Rahmen). Ein depressiver Mensch wird selten von allein wieder aus seiner Depression rauskrabbeln - und wenn wird es lang dauern und viel Kraft kosten. Sagt man ihm, dass er zur Therapie gehen soll, will er das nicht - flüchtet davor (so wie die Katzen vor dem Mensch/aus dem Raum flüchten wollen). Zwingt man ihn aber die Therapie, wird er dort sich seinen Ängsten stellen müßen und lernt neue Wege kennen, lernt um und geht hinterher erstarkt da raus. Schön ist es sicher nicht gewesen die Zeit, aber sie hilft hinterher besser und ohne oder mit weniger Angst zu leben.
Und dieses Wissen um das "hinterher ist alles besser" hat die Katze nicht - aber wir Menschen. Manchmal muß mein ein Lebewesen etwas zu seinem Glück zwingen. Immer alles nur auf rein freiwilliger Basis abstellen zu wollen ist sehr löblich, geht aber an der Realität vorbei, weil es beinhaltet, dass der andere weiß, was gut für ihn ist - das weiß er aber in der Regel eben nicht, wenn er in seiner Angst festsitzt. Zuviel Zwang ist ebenso falsch, denn dann bricht das Wesen. Das finde ich furchtbar. Es gibt eine Zähmart, die früher viel bei Kitten angewendet wurde und zum Teil auch noch heute vor allem von älteren Leuten angwendet wird: da hocken die Kitten meist allein einzeln in einem Käfig oder einer Box und werden täglich mehrmals rausgeholt, in ein Tuch gewickelt, dass nicht mehr wehren können, Kopf guckt aus dem Tuch raus und dann werden sie zwangsgestreichelt - so lang, bis sie merken, dass das schön ist. DAS finde ich furchtbar. Es funktioniert bei kleinen Kitten bis zu 8 maximal 10 Wochen oft auch - aber nicht bei allen, die werden dadurch dann so traumatisier, dass sie nie wieder zahm werden und oft richtig aggressiv werden. Da heißt es dann: der ist zu wild, der muß wieder raus, der ist unzähmbar. Wäre er aber nicht gewesen, wenn man es auf die softere Art gemacht hätte. Daher: zuviel Zwang Nein, niemals, ganz doll furchtbar. Aber ein Stückchen Zwang, in der Art, dass man sie zwingt sich mit ihren Ängsten auseinanderzusetzen, immer wieder ein bißchen, dosiert, so wie sie es vertragen. Dann hilft man ihnen ihre Ängste besiegen zu können. Und das ist schneller, besser und effektiver, als darauf zu warten, dass das Miez es allein schafft.
Ja, aber das funktioniert halt nicht immer langfristig. Denn irgendwann wird die Katze ja wieder zu der Katze mit den Bedürfnissen die sie halt einfach HAT, neben dem "Angstabbau" in Bezug auf das Haus/die Menschen. Und das kann sehr unterschiedlich sein.
Ich denke ich weiß du meinst, ist es aber etwas unglücklich ausgedrückt. Die Zähmung funktioniert langfristig, sie verlieren das nicht, was sie erlernt haben, im Gegenteil, je länger sie beim Menschen dann leben, desto mehr verfestigt sich das. Was du meinst ist der Grundcharakter, der dann rauskommt. Und da gibt es eben welche, die wieder Freigang brauchen werden - nicht, weil sie draußen geboren worden sind, sondern, weil sie eben in ihrem eigenen Grundwesen das Bedürfnis nach Freiheit haben. Und da gehe ich mit dir konform, dass das Mist ist diese Katzen dann in Wohnungshaltung zu vermitteln, statt einen Freigangplatz zu suchen, wo sie Mensch und Freiheit haben können. Aber das ist unabhängig davon, ob es nun ein ehemaliger Streuner war oder nicht. Ein Miez, dass Freigang will muß auch Freigang vermittelt werden - Herkunft ist dabei völlig schnurz.
edit: wie aber auch die meisten hier schreiben sind es gerade die Ex-Streuner, die nicht mehr raus wollen, eben weil sie dann genug von draußen haben. Draußen sein wird dann mit dem Überlebenskampf verbunden, drinnen sein dagegen mit der Sicherheit und ihrem schönen ruhigen Leben. Deshalb wollen die meisten Ex-Streuner gar nicht mehr raus. Von daher ist dieser Gedanke "das ist ein Streuner gewesen, der muß wieder raus" eben auch falsch.
Danke, dass du das Thema noch mal so ausführlich beleuchtet hat. Als "Laie" macht man sich da einfach zu wenig Gedanken (und den meisten Menschen, mit denen ich spreche, ist die Streunerproblematik in Deutschland überhaupt kein Begriff. Straßenkatzen im Ausland? Klar. Aber doch nicht hierzulande). Das, was du schreibst, ergibt total Sinn, wenn man da mal drüber nachdenkt.
Wie oben geschrieben - es ist im grunde eine Therapie. Und wenn man das so sieht, ist das auch vielleicht besser verständlich. Die Tiere machen hier eine Verhaltenstherapie zur Bezwingung ihrer Ängste
Über 400 Niemandskatzen, denen du durch deine Zähmung Menschen vermittelt hast, bei denen sie ein zufriedenes, behütetes Heim gefunden haben.
Ich habe 2009 angefangen. In den ersten Jahren waren es nur einzelne Tiere, aber als es dann richtig los ging wurden es im Jahr im Schnitt um die 30-40 Katzen. Ich hatte vor 2 Jahren mal durchgezählt und war da bei 400 Katzen gewesen - also müßte ich jetzt bald die 500 knacken.
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