Die Frage ob Freigang nicht doch das Optimum ist, stelle ich mir regelmäßig. Unsere jetzigen zwei Mitbewohner haben wir zur Wohnungshaltung mit Zugang zur abgesicherten Terasse verdonnert. Und ehrlich: So ganz im Reinen bin ich da auch nach einem Jahr noch nicht mit mir.
Unserer Regenbogenkater waren Freigänger. Ein Tier wurde uns im Alter von 2 Jahren überfahren, die anderen erreichten 13, 17 und 19 Jahre. Wir wohnen prinzipell schon so, dass Freigang möglich ist (deshalb auch mein immer wiederkehrendes, schlechtes Gewissen), haben uns aber bewusst dagegen entschieden. Rein von den Anreizen zur Bewegung/ Abwechslung gibt es bestimmt nichts besseres als Freigang für Katzen. Wir versuchen hier zwar das Optimum aus der Wohnungshaltung rauszuholen, aber auch wenn die beiden abwechslungsreiche Aussichtspunkte haben und Vögel, Eichhörnchen und Mäuse beobachten können, den Erfolg eines Fangs erleben sie nie. Auch denke ich, dass sie sich in der Wohnung bestimmt nicht soviel bewegen, wie im Freigang. Es gibt nicht so viel neues zu entdecken, egal wieviel Mühe ich mir gebe. Es wird in unserer Abwesenheit mehr geschlafen und auch beim Beobachten ist der Radius doch sehr eingeschränkt. Auch wenn unsere Freigänger defintiv nicht den ganzen Tag auf den Beinen waren, sondern liebend gerne in den Tujas, Lorberhecken & Co ausgiebige Schläfchen machten, sie waren selbstbestimmter und aktiver sobald die Neugierede durch ein Rascheln oder ähnliches geweckt wurde.
Nun könnte man ja sagen, dann mach die Tür auf, lass die zwei Flitzen! Und da kommt dann mein Großes "Aber", denn es stimmt beide Haltungsformen haben eindeutige Vorteile wie Nachteile. Nachteile bei Freigang in unserer Situation: Zu allererst ein Nachbar, der Katzen so gar nicht leiden kann. Das gibt es bestimmt öfter, aber unserem Nachbarn fehlen leider jegliche Hemmungen gegenüber den Tieren.Da ist der Wasserschlauch noch das "Netteste" was zum Einsatz kam. Ich war froh, dass unsere Sternenkater ihre Sturm- und Drangzeit schon hinter sich hatten als er das Haus neben uns kaufte! Und leider habe ich gar nichts davon wenn ich ihn wegen "Sachbeschädigng" anzeige, weil meine Katze im Stacheldraht am Baum hängt. Die anderen Gründe warum wir uns nun gegen Freigang entschieden haben, liegt im Alter der Katzen. Die Medikamentenvergabe bei Freigängern empfand ich als sehr belastend. Vor allem bei unseren Schildrüsenkatern. Denn selbst wenn man sie eine halbe Stunde vorher noch gesehen hat, zur Medivergabe waren sie oft weg! Damals fütterten wir noch nach Zeiten. Bei AYCE stelle ich es mir noch schwieriger vor. Außerdem stieg im Alter auch das Verletzungsrisko durch Unfälle und Kämpfe mit anderen Katern draußen. Und dieses Suchen nach dem Katertier, dass sich verletzt zurükgezogen hat und nicht abschätzen können was passiert ist, halte ich nicht mehr gut aus.
Von daher empfinde ich Freigang grundsätzlich für artgerechter, bewegungsanregender und abwechslungsreicher als Wohnungshaltung. Allerdings darf man dabei die vorhandenen Rahmenbedingungen nicht außer Acht lassen. Sollte es unseren Nachbarn doch einmal woandershin verschlagen, wird die Situation neu überdacht. Dann stehen nämlich "nur" noch meine Ängste dem Freigang im Weg.