So nun möchte ich mal das Versprochene nachholen. Warum zeigt Bo jenes Verhalten was du Martina, geschildert hast.
Nach etlichen Überlegungen, aus deiner Beschreibung, aus dem was du beschrieben hast und den Info’s die ich noch zusätzlich erhalten habe stell ich jetzt hier mal eine These auf. Aber so wie alle Thesen ist auch diese reine Theorie
Was ich weiß, das Bo aus Spanien stammt. Für gewöhnlich landen diese Tiere jung oder etwas älter in den Auffangstationen oder Tierheimen und werden von dort aus vermittelt. Von Bo wissen wir aber, dass er bis zu seinem „Rauswurf“ bei einer Frau lebte.
Ich vermute einfach mal, dass Bo als spanisches Kitten riesiges Glück gehabt hat. Entweder ist er eine Handaufzucht oder wurde mit rund 6 Wochen an die Dame vermittelt. Dort ging es ihm gut – um nicht zu sagen sehr gut. Wenn diese Vermutung stimmt, dann hatte er keine sozialen Kontakte zu anderen Katzen – folglich weiß er nichts davon wie man mit anderen Katzen interagiert. Hält sich Katz an die Regeln ist alles easy – was aber wenn er diese Regeln gar nicht kennt?
Wie war das doch gleich?
😉
Der rote Kerl strotzt vor Selbstbewusstsein und hat sich hier in kurzer Zeit ohne große Probleme seinen Platz neben Shanna und Mäxchen erobert...
...Dann wagten wir mit einem Gitter an der Tür kurze Begegnungen mit Shanna und Mäxchen und einen Tag später war es schon Zeit für die erste Zusammenführung ohne Barriere.
Da dies viel besser klappte als erwartet, bestimmte ab da Bo das Tempo, denn er dachte gar nicht daran noch einmal in sein Einzelzimmer zurück zu wollen. Mit einer unglaublichen Selbstverständlichkeit stolzierte er neugierig hier herum und eroberte sich die ganze Wohnung incl. zweier verdatteter Altkatzen, denen er kaum Gelegenheit ließ sich groß gegen ihn zu wehren. 😀
Die erste Nacht war durchaus angespannt und unruhig, aber total friedlich. Seit ein paar Tagen wird nun das Revier untereinander neu aufgeteilt und es ist Bo der das Sagen hat. Ab und zu gibt es ein wenig Gefauche, aber die Neugier aufeinander überwiegt eindeutig.
So Mädels und nun stellt Euch mal folgendes vor:
Ihr lebt als Bruder und Schwester schon seit Jahren in einer WG. Plötzlich kommt der Vermieter und teilt Euch mit,
„Das ist Franz und der bewohnt nun das dritte Zimmer dieser Wohnung.“ Franz kommt rein, sagt kurz hallo und geht dann aber sofort, wie selbstverständlich durch die gesamte Wohnung. Er öffnet alle Türen, schaut sich alle Zimmer ungefragt an (auch Eure). Er riecht an Euren Sachen und probiert in Euren Betten aus in welchem es am gemütlichsten ist. Ihr steht fassungslos da und wisst nicht wie ihr mit so viel Frechheit umgehend sollt. Aber Franz kann noch nachlegen. Er geht an Euren Kühlschrank und bedient sich daraus.
Jetzt reicht’s!!! Das ist ja wohl die Höhe!!!
Ihr geht also hin um ihm zu verklickern das das so nicht geht und…
…bekommt prompt eine gelangt.
Uahhhhh.
Ganz ehrlich, wärt ihr gut auf Franz zu sprechen? Ich denk wohl eher nicht.
Nun ja, ihr schaut euch das ein paar Tage an, vielleicht beruhigt sich das Ganze ja wenn Franz alles kennt. Aber Pustekuchen – es kommt noch vieeellll schlimmer. Franz ist nämlich der Ansicht dass ihm nichts auf dieser Welt passieren kann, sofern er sich weiter beim Vermieter einschleimt (aus Eurer Sicht). Und zur Oberkrönung ist Franz noch der Ansicht das Euer Lieblingsplatz der weichste und schönste überhaupt ist und belegt den Platz fast die ganze Zeit. Also ok, so geht das nicht!!! Wir müssen mit ihm reden!!!
Als zivilisierten Menschen nehmen wir uns Franz zur Brust und erklären ihm warum dies und das SO nicht geht. Was macht Franz? Guckt Euch mit großen erstaunten Kinderaugen an
, weiß üüüüberhaupt nicht wovon ihr redet und…
macht weiter wie gehabt.
Ganz ehrlich, das sind jene Momente wo man schon mal gedanklich über die Vor- und Nachteile eines langsam wirkenden Giftes nachdenkt (etwas überspitzt ausgedrückt). 😀
Gut, also, wer nicht hören will MUSS fühlen. (ich möchte das was Menschen dann tun könnten jetzt nicht weiter ausführen).
😉
So ist es doch nur verständlich wenn Bo plötzlich mal die dicke, fette Abreibung bekommt so nach dem Motto: „
Dem bringen wir schon Manieren bei!“
Oups – auweia.
Bo weiß zwar noch nicht so wirklich was er verkehrt gemacht haben könnte, aber DAS er was verkehrt gemacht hat das weiß er JETZT. Und so verunsichert wie er ist (da er ja nicht weiß was ist verkehrt) macht er (typisch Mann) lieber erst mal gar nix.
😀 Und wir Mädels wissen nur zu genau dass, wenn Mann gar nix macht – isses auch wieder verkehrt.
😀
Wenn ich jetzt also die Einschätzung von Martina richtig deute, kann es durchaus sein das Bo nie gelernt hat sich durchzusetzen und nicht weiß wie man mit anderen Katzen kommuniziert. Wenn du, Martina, dann zu alledem auch noch einen Pazifisten erwischt hast… na Halleluja.
Meines Erachtens verstand Bo die Welt nicht mehr als er gemobbt und gejagt wurde. ER wusste einfach nicht warum. Und wenn ich nicht weiß warum, dann kann ich soooo viel verkehrt und sooo wenig richtig machen.
Gut, also das mit dem Fressen und den Watschen weißt schon wie du das probieren kannst.
Jetzt müssen wir Bo nur noch beibringen wie man spielerisch kämpft und sich auch mal Respekt verschafft. Normalerweise lernen Kitten das so ab der 6. bis 8. Woche. Wie lernen sie das? Indem sie „spielerisch“ mit ihren Brüdern und Schwestern kämpfen. Die hat Bo aber nicht mehr zur Verfügung, also musst du als Dosi diese Rolle übernehmen.
Martina, besorg dir mal bitte so eine Handpuppe. So eine aus Plüsch wo man die Hand reinstecken kann. Sie sollte aber auf jeden Fall länger sein, damit auch der Unterarm darin verschwindet. Falls es für dich leichter ist, ich kann dir auch unsere schicken, da dieser hier derzeit nicht gebraucht wird.
Nun kannst du beginnen mit Bo spielerisch zu kämpfen und schauen ob er mitmacht. Dreh ihn damit auf die Seite, auf den Rücken, versuch mit den Plüschfingern an seine Kehle zu kommen. Am besten schaust du mal bei YT wie solche Kittenkämpfe aussehen.
Sofern er dir dann zu doll! spielt, zieh einfach die Handpuppe weg, versteck sie hinter dem Rücken und mach gar nix mehr, nicht mal direkt ansehen. Einfach mit dem Spiel aufhören. Auf diese Art und Weise kann Bo u.U. lernen wie man kämpft ohne wirklich ernsthaft verletzen zu müssen. (Wiederholungen? Ja, immer mal wieder und so lange bis er es gelernt hat).
Ob das klappt, ob Bo da mitspielt und es auch umsetzen kann weiß ich nicht, aber ein Versuch ist es wert denke ich.
Alles andere, also wie man sich so als Neuer benimmt, da musst du ihn unterstützen, zum Beispiel was die Platzwahl anbelangt. Ich könnte mir vorstellen, dass er noch einige falsche Dinge genau zum falschen Zeitpunkt machen wird und sich dann hin und wieder immer mal wieder eine fängt. Aber, mit der Zeit sollte das weniger werden.
Du kannst auch Shannah ein wenig zur Räson bringen und sie lehren, dass sie nicht wegen jeder Kleinigkeit komplett ausrasten muss (falls sie sich jetzt nicht schon von selbst zurückgenommen hat). Toleriere die normalen Missfallensäußerungen. Die da wären ein Fauchen, ein Nachschlagen mit der Tatze, auch mal ein gezielter Tatzenschlag, eine kleine Kabbelei – halt die ganz normalen Warnsignale. Das ist normal, das gehört dazu, damit müssen die Katzen allein klar kommen.
Aber, jeden überzogenen Angriff, jede aggressive Hatz, jedes maßlose Verprügeln, jede Art von stillem Mobbing würde ich unterbinden. Da genügt schon ein
„Shannah, nein“ und das herausheben der Katze aus der Situation. Da reicht es schon aus wenn du sie hochhebst und einen Meter weiter links absetzt. Will Shannah dann nochmal nachlegen machst du das Gleiche nochmal, nur das diese
„Nein!“ mit einem kurzen aber direkten Blick in ihre Augen verbunden wird. Und sollte sie dann immer noch den Drang haben Bo verkloppen zu wollen, nun ja, dann muss Shannah halt mal ne Runde separiert werden. (deswegen die Gittertür an der Treppe). So kann auch Shannah lernen, dass sie nicht so heftig reagieren muss und sollte, denn…
…bei den normalen, weniger heftigen Warnsignalen kommt ja keine Reaktion von dir.