Streng genommen ist jede Haltung von Schoßtieren, Ziervögel und Zierfischen Egoismus des Menschen.
Denn diese Tiere erfüllen keinen "Nutzen" im weiteren Sinne: sie bewachen nicht unser Haus, schützen nicht unsere Schafe etc., und sie rücken kein Holz oder geben Milch usw.
Sie leben bei uns, weil WIR sie um uns haben wollen, für unseren Zeitvertreib, zum Kuscheln, zum Beobachten (Exoten etc.), teilweise vielleicht auch zum Angeben ("Handtaschenhündchen"
😉).
Dementsprechend haben wir eine Verpflichtung, diese Tiere möglichst artgerecht zu halten.
Das Chamäleon in seinem Terrarium, die Vögel in der Gruppe in einer entsprechend großen Voliere oder in einem eigenen Vogelzimmer, die Katzen mit Menschenkontakt und - je nach persönlicher Art der Katze - zu zweien oder in der Kleingruppe.
Einzelhaltung von Katzen ist vielfach leider menschengemacht, aber natürlich gibt es auch diese, die einfach nicht (mehr) das notwendige Rüstzeug an Sozialverhalten haben oder aber in der Vergangenheit nur schlechte Erfahrungen mit Artgenossen gemacht haben und nur mit entsprechend großem Aufwand erneut vergesellschaftet werden könnten.
Im Ergebnis sind das aber - wenn ich mal das zusammenzähle, was ich vor allem auch hier im Forum gelesen habe, und wenn ich dazurechne, wo ich es selbst mitbekommen habe - weit weniger Fälle, als man so denkt. Wie oft habe ich schon mitbekommen, dass eine Katze, die zuerst für nicht vergesellschaftungsfähig oder aber "als Single zufrieden" eingeschätzt worden war, regelrecht aufblühte, wenn der/die "Neue" denn erstmal über die ersten Hürden der Vergesellschaftung hinweg war!
Und, nein: dafür braucht es keine permanenten Stapelfotos!
Auch bei meinen stapelwütigen Oris gibt es jeden Tag die Situationen, wo der eine im Wohnzimmer chillt, der zweite unter der Bettdecke im Schlafzimmer und der dritte sich über den Futternapf hermacht und dann satt und zufrieden im Kinderzimmer verschwindet.
Wer uns in diesem Augenblick sehen würde - drei Katzen in drei verschiedenen Wohnräumen ausgebreitet -, könnte genauso auf den Gedanken kommen, dass die drei einander nicht viel zu sagen haben und bestenfalls trist nebeneinander her leben. *lach*
Aber die Stapelbilder sind natürlich sehr plakativ und verführerisch, die Latte unendlich hoch zu hängen!
Ich hatte insofern das Glück, dass alle Katzen, die Sternchen eingeschlossen, fürs Stapeln offen waren. Daher kann ich mir die Verzweiflung, diese Latte nicht überspringen zu können mit den eigenen Katzen, nur abstrakt vorstellen. Aber so unsinnig so ein Wunsch, rational betrachtet, im Grunde ist, kann ich mir gut vorstellen, dass er mich auch überkommen würde, wenn ich keine Stapler hätte.
Es geht ja auch darum, dass die Dosis sich wünschen, dass ihre Miezen glücklich sind, und Stapelfotos sind insofern ein typisches Beispiel für so ein idyllisches Bild. Im Grunde genauso wie bei dem Pärchen, das sich im Film endlich gefunden hat und in der letzten Filmszene innig küsst.
😉
Von daher: ich würde bei Katzen, die nun gerade nicht so plakativ stapeln, besonders auf die Zwischentöne achten. Und ein weiterer Revierbewohner gibt dem vorhandenen Katz ja auch immer wieder Abwechslung: die Reviermarkierungen werden vom Artgenossen übermalt und müssen regelmäßig erneuert werden. Der Inhalt des Katzenklos muss kontrolliert werden. Gemeinsames Katzenfernsehen auf der Fensterbank macht mehr Spaß als allein. Ebenso gemeinsame Unflätigkeiten, die dem Draußenkatz, das unverschämterweise durch den Vorgarten schleicht, hinterher gerotzt werden müssen. Doppelt genäht hält besser. Usw.
Warum gehen Menschen in die Kneipe oder setzen sich ins Café? Mit Sicherheit nicht allein wegen des guten Essens und Trinkens und der Freude, sich bedienen zu lassen!
Der Wunsch nach Gesellschaft anderer Menschen, auf Zeit, auf Distanz, macht mit Sicherheit sehr viel vom Vergnügen, in so einer Lokalität Zeit zu verbringen, aus.
Und insofern ist auch dort, wo sich die Katzen vielleicht nicht so viel zu sagen haben, eine Bereicherung des kätzischen Alltags vorhanden, der dem Dasein als Einzelprinz/essin weitaus vorzuziehen ist.
Zwei Tiere zu vergesellschaften, die einigermaßen (wir können sie ja leider nicht fragen) zueinander passen, ist ein Stück weit immer Roulettespiel. Und sowas kann man natürlich auch nicht beliebig wiederholen; daher wird es in vielen Fällen bei einer Konstellation bleiben, die eben nicht zu rosaroten Wolken und dem dauerhaften Abo auf den siebenten Himmel führt, sondern mehr etwas von einer Zweck-WG hat.
Aber auch das ist eine Form des Zusammenlebens, die für viele Katzen machbar ist.
Ich finde daher, dass man sich von der Haltung eines Katzenduos oder auch einer Kleingruppe nicht zuviel erwarten sollte, was die öffentlichen Demonstrationen gegenseitiger "Liebe" zwischen den Tieren angeht. Sie können auch ohne permanenten Körperkontakt und tägliche Raufrunden sehr gut miteinander befreundet sein - oder zumindest zufrieden miteinander leben.
Und: ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich schreiend das Weite suchen würde, würde mich ein geliebter Partner so massiv und so häufig und stundenlang beschmusen wollen, wie meine Katzen miteinander stapeln!
In der Anfangsphase einer Beziehung, gerade in der Phase der Verliebtheit, ist das überhaupt kein Thema, da möchte man fast in den geliebten Menschen reinkriechen.
😉
Aber wenn sich die Partnerschaft verfestigt, vielleicht auch zur Familie führt, nimmt der Kuschelbedarf doch deutlich ab, so meine Erfahrung. Regelmäßig: ja. Intensiv: ja. Stundenlang: eindeutig Nein!
🙂
Und auch bei den Katzen gibt es genau diese vielen Grautöne auch.
Gemeinsam ist ihnen nur: Einzelhaltung ist demgegenüber in etwa so wie beim Menschen diejenigen, die freiwillig eine Einsiederlei beziehen oder sich um die Bewirtschaftung einer Alm reißen. Schätze ich. ^^
Am anderen Ende der Skala muss man aber auch sagen (finde ich): eine Katze stirbt nicht an Einzelhaltung.
Aber sie verkümmert seelisch und muss ein erzwungenermaßen "armes" Leben führen.