@neofelis: Nee, das dicke Kind ist satt und propper wie eh und je! Das ist nur die ungünstige Perspektive.
😀
Die Tierklinik der Nachbarstadt ist sehr idyllisch gelegen. Inmitten sanfter Hügel, grüner Wiesen und schattiger Wälder erstrecken sich die Pferdeställe und alten Gutsgebäude. Ich habe jetzt mal nachgefragt, ob die nicht ein Zimmer für mich haben. Weil: Ich bin ohnehin seit einer Woche Dauergast.
Am Montag verläuft Tommys Kennel-Training so erfolgreich, dass ich rasch das Gittertürchen schließe und mich mit dem total verzweifelten Grafen auf den Weg in die Tierklinik mache. Er frisst, trinkt und spielt und geht brav aufs Klo; aber ich habe ihn jetzt ein paarmal husten hören, und seine Nickhäute hängen immer noch, wenn er aus seiner Kiste kommt. Hat er sich eine Weile bewegt, werden auch die Augen größer und klarer.
Tommy drückt sich auf dem Kistenboden platt und schließt die Augen. Nun wird er wieder woanders hin gebracht. Dabei hat er sich doch gerade so gut eingelebt! Er ist sogar schon unter Aufsicht in der ganzen Wohnung spazieren gegangen und hat sich alles ganz genau angeguckt. Bis auf die beiden doofen Kater gefällt ihm alles ganz prima. Bei denen ist er sich noch nicht ganz sicher. Darum kann er sich auch nie entscheiden, ob er sie anschnurren oder ihnen was auf die Lichter hauen soll. Tommy entscheidet sich deshalb regelmäßig, beides zu tun, was dem häuslichen Frieden nicht gerade zuträglich ist.
In der Tierklinik hockt er verängstigt auf dem Tisch und wird abgehört, wobei ein Atemwegsinfekt festgestellt wird: Es rasselt ordentlich in der gräflichen Lunge. Als passionierter Tablettenverweigerer bekommt er ein Langzeitantibiotikum gespritzt und wird mühevoll zurück in seinen Kennel geschoben. Zuhause verschwindet er umgehend in seiner geliebten Kiste und ward den ganzen Abend lang nicht mehr gesehen.
Drei Tage später: Ich knie im Flur und schaufele im Katzenklo. Flori sitzt in der Küche und wäscht seinen Schwanz. Dann wandert er ins Bad, wo er sich schnaufend niederlässt, mir einen mürrischen Blick zuwirft und weiter an seinem Schwanz herum fuhrwerkt. Das Fell am Schwanz ist schon ganz nass. Ich werde misstrauisch. Aufgrund seiner rundlichen Form kann man Flori super auf die Seite kippen, wenn man ihn beim Putzen mal kurz mit dem Finger anstupst. Flori Dumpty verliert das Gleichgewicht, und ich drehe den Popo ans Licht und gucke mir die Sache mal genauer an. In der Nähe der Schwanzwurzel ertaste ich eine Schwellung. Ich gebe undamenhafte Äußerungen von mir und hole den Kennel.
Tierklinik, die zweite: Flori ist gekratzt worden – schwer zu sagen, ob von Fritz oder von Tommy – und hat mal wieder einen Abszess entwickelt. Ist nicht der erste. Flori entwickelt gerne mal Abszesse, wenn er gekratzt wurde. Eine zweite Tierarzthelferin wird geholt und der Abzess aufgemacht, gereinigt und desinfiziert. Flori versucht zuerst, den Helferinnen die Arme abzureißen, und als das nicht funktioniert, pinkelt er sie an. Ich bekomme noch ein antibiotisches Spray, das in den folgenden Tagen Floris Schwanz und die Badezimmerfliesen leuchtend gelb färbt, und fahre mit meinem grummelnden und unfein riechenden Tier nach Hause.
Schon einen Tag später bin ich wieder da, diesmal mit unserer Vorsitzenden und zwei Katzen, die unser Verein übernommen hat. (Und zwar diese beiden Damen:
http://www.katzen-forum.net/wohnungskatzen-not/200393-finanzielle-notlage-2-katzen-w-09-2014-plz-59-ahlen.html Die Mädels werden gechippt und geimpft. Anschließend machen wir uns mit unseren Schützlingen auf den Weg in die neue Pflegestelle. Das Navi leitet uns über holprige Feldwege und durch dunkle Wälder, und auf einer Bundesstraße ist beinahe Endstation für uns alle: Als ich gerade links abbiegen will, überholt irgendein Vollidiot die Fahrzeugkolonne, in der wir fahren, und rammt um ein Haar mit über hundert Sachen meinen vierzehn Jahre alten Kleinwagen. Ich muss erstmal rechts ran fahren. Auch die Beifahrerin ist schwer geschockt: „Mensch, stell dir mal vor, der hätte uns erwischt, da wären die Katzen aber durch die Gegend geflogen!“ Ich beruhige sie mit der Bemerkung, dass wir uns, hätte der uns erwischt, wegen der Katzen wohl keine Gedanken mehr machen müssten.
Schließlich können wir unsere flauschige Fracht aber unbeschadet übergeben. Wir bleiben noch ein bisschen, sehen zu, wie die Mädels sich zur einen Hälfte Verstecke suchen und zur anderen Hälfte mit der neuen Pflegemama kuscheln, und halten abwechselnd den behinderten Kater Zett auf dem Schoß, der uns glaubhaft versichert, er würde hier nie gestreichelt. Dann machen wir uns auf den Heimweg. Ich setze unsere Vorsitzende zu Hause ab und bin heilfroh, nach einem langen Tag und etlichen Kilometern auch endlich mein heimisches Sofa ansteuern zu können.
Kaum liege ich da, höre ich Fritz im Katzenklo scharren. Einen Moment lang herrscht gespannte Ruhe, dann erklingen knatternde Geräusche, untermalt von unheilvollem Platschen und Sekunden später gefolgt von einem vor seinem eigenen Output flüchtenden Kater.
Ich hätte mich in der Tierklinik nicht mit den Worten: „Jetzt fehlt eigentlich nur noch der Fritz!“ verabschieden dürfen.
Der Graf schaut herab auf das Volk