Fritz sagt, er redet nicht mehr mit euch. Und dass er jetzt beleidigt ist und schmollt. Er sitzt auch wieder öfter an der Tür und singt der Nachbarin sehnsüchtige Weisen. Wenn er könnte, würde er sein Bündel schnüren und nebenan einziehen, wo er nicht mit roten Katern teilen muss!
Der arme rote Kater indes hat es derzeit auch nicht leicht. Am Montag habe ich ihn gegen seinen ausdrücklich erklärten Willen zum zweiten Mal in die Tierklinik verschleppt. Nach wie vor gefällt mir sein Auge nicht so recht, und da er mittlerweile nicht mehr in Panik ausbricht, wenn man ihn am Kopf berührt, kam er diesmal um eine gründliche Untersuchung nicht herum. Und, Überraschung: Das leichte Tränen hängt gar nicht mit dem Atemweginfekt zusammen, sondern rührt von einer älteren Hornhautverletzung! Nun darf ich ihm dreimal täglich Salbe und Tropfen geben.
Das grenzt schon an Misshandlung, findet Henry und ist immer sehr unglücklich, wenn er zur Fußmatte am Balkonfenster getragen wird. Henry kann man nur tragen, wenn man ihn rasch mit beiden Händen unter dem Bauch packt und hochhebt. Dann fällt er in eine Art Tragstarre und hängt da wie ein kleiner dicker Engerling.
Sind die Augentropfen überstanden, erwacht der Engerling schlagartig zum Leben und dreht unter „Brrrüüüppp brrrüüüüpp“ und „Hiii-haaa“ erleichterte Runden um den Schreibtisch. Fritz liegt derweil auf der Sofalehne und drückt mimisch sein Missfallen aus. Flori hingegen hilft seinem Lehrling, indem er die Salbentube unter dem Schrank verschwinden lässt. Kurz darauf sitzen alle drei einträchtig neben mir und gucken interessiert zu, wie ich fluchend und ächzend die Tube mit einem Federpuschel wieder hervor angele.
Beim gemeinsamen Abendessen ist es dann wieder vorbei mit der Eintracht: Henry hampelt aufgeregt herum, rennt von einem zum anderen und „brrüüüppt“ und köpfelt begeistert. Die beiden anderen ziehen lange Gesichter. Fritz tunkt dem Blödmann eine zwischen die Ohren. „Iiieeek.“ macht Henry und beschenkt Flori mit Aufmerksamkeiten. Flori beißt ihm ins Ohr. Henry schüttelt sich kurz, denkt nach und rennt dann freudestrahlend zu Fritz, dem er auffordernd den Kopf unter die Nase schiebt. Fritz tunkt ihm noch eine.
Nach dem Abendessen putzt man sich zunächst, dann starten Fritz und Flori einen kleinen Ringkampf. Gerade als sie sich gegenseitig die Vorderbeine um die Hälse gewunden haben und sich mit den Hinterbeinen in die Bäuche treten, kommt Henry angedackelt und setzt sich mit einem erwartungsvollen „Hiii!“ daneben. Die Kontrahenten fahren auseinander und rennen davon. Betrübt sitzt Henry auf der Matte. Er möchte auch mal mitspielen. Aber die lassen ihn nicht. Gemein ist das.
Henry trottet traurig davon. Dann sucht er sich halt wen anderen zum Spielen. Mit hängendem Schwanz geht er in sein Zimmer. Dort hat jemand sehr Schlampiges seinen Wollpullover einfach auf dem Teppich liegen lassen. Henry setzt sich vor den Pullover und starrt ihn provozierend an. Der Pullover starrt zurück. „Brüpp brüpp.“ macht Henry. Der Pullover schweigt feindselig. Henry streckt die Pfote aus und haut dem Pullover eine rein. Der Pullover schnappt nach Henrys Pfote. Henry erschrickt und hüpft in die Höhe. Der Pullover hüpft ebenfalls in die Höhe. Henry bekommt es mit der Angst zu tun und rennt weg. Der Pullover hat sich in seine Pfote verbissen und verfolgt ihn. Henry rennt um sein Leben. Der Pullover versucht, ihn zu Boden zu ringen. „Hiiii hiiii hiiiiiii!!!“ schreit Henry.
Erst nach einer Runde um den Küchentisch gelingt es ihm, den Verfolger abzuschütteln. Henry verschanzt sich unter dem Couchtisch und erzählt Fritz, der auf dem Sofa liegt, dass er beinahe von einem blutrünstigen Pullover gefressen worden wäre. Fritz rollt mit den Augen und dreht Henry den Rücken zu.
Was für ein Blödmann, denkt Fritz, Pullover fressen keine Katzen. Schade eigentlich.
Ein seltener Moment: Friedliches Beisammensitzen in der Frühlingssonne