Gesunde Katzen sind aktiv. Oooommmmmmmm
Vieles im Leben weiß man erst zu schätzen, wenn es nicht mehr da ist, davon wusste schon Joni Mitchell ein melancholisches Lied zu singen. Das G zum Beispiel. Da lebt man so vor sich hin und nimmt das G gar nicht richtig wahr. Und wenn es dann weg ist, dann merkt man erstmal, wie wichtig es einem war und wie sehr man es vermisst. Aber dann ist es zu spät.
Der Mittwoch zieht ins Land wie alle Tage dieser stürmischen Woche: Die Sonne scheint, der Regen fällt, es ist viel zu warm und viel zu feucht. Ich erledige nach der Arbeit noch meinen Wocheneinkauf und kehre schwer beladen mit einer Einkaufs- und einer Wasserkiste heim, wo sie schon sehnsüchtig auf mich warten. Ich bahne mir meinen Weg durch maulende Kater und versuche, die Wasserkiste einigermaßen unbeschadet in die Rumpelkammer zu verfrachten. Pflücke Flori vom Regal und klaube Fritz im Hausflur auf. Stolpere über Henry, als ich mit der Einkaufskiste in die Küche komme. Entschuldige mich vielmals, weil ich ihm dabei auf den Fuß trete.
Bevor die Einkäufe ausgepackt werden, bekommen die halb verhungerten Tiere ihr Futter. Zufriedenes Schmatzen setzt ein. Ich schlurfe zur Balkontür, um ein wenig regenschwangere Tropenluft herein zu lassen. Registriere aus dem Augenwinkel ein kleines schwarzes Plättchen, das auf meinem Schreibtischstuhl liegt.
Moment. Normalerweise liegt da immer ein großes schwarzes Plättchen mit Sichtfenster, nämlich die Blende vom Taschenrechner, die beim nächtlichen Herunterwerfen des Gerätes mal abgefallen ist und seither mit großem Enthusiasmus regelmäßig abgepopelt wird. Die Herkunft dieses schwarzen Plättchens erschließt sich mir nicht gleich. Was zum Teufel ist das? Und wo ist es hergekommen?
Ich unterziehe das rätselhafte Objekt einer genaueren Untersuchung und drehe es um. Auf der anderen Seite des Plättchens steht „Enter“. Hm. Das habe ich schon mal irgendwo gesehen. Ich werfe einen ahnungsvollen Blick auf meinen Laptop, der aufgeklappt auf dem Schreibtisch steht. Jetzt sehe ich weitere schwarze Plättchen, die überall auf der Schreibtischplatte verstreut liegen. Und viele andere mikroskopisch kleine Teile.
Ich sinke auf den Schreibtischstuhl und starre fassungslos auf die Tastatur des Laptops. Beziehungsweise auf den Einblick in deren faszinierendes Innenleben. Dass sich unter den unscheinbaren schwarzen Plättchen der Tastatur derart filigrane Konstruktionen aus winzigen Metallklammern und Plastikbügelchen verbergen, das war mir bislang gar nicht bewusst, ringt mir aber eine gewisse Bewunderung ab. Weniger positiv gestaltet sich meine Gefühlslage angesichts der feinmotorischen Herausforderung für den heutigen Abend.
Unterdessen hat Flori seinen Teller leer gesaugt und die Knabberstangen im Einkaufskorb entdeckt. Das Geräusch aufreißender Metallfolie weckt mich aus meiner Starre. Ich springe auf, packe Flori am Kragen und begehre zu erfahren, wer für die Demontage meiner Tastatur die Verantwortung trägt. Flori macht kugelrunde Kulleraugen und verleiht seinem Erstaunen darüber Ausdruck, dass die Tastatur zu Schaden gekommen ist. Auch die beiden anderen weisen jegliche Schuld an diesem schändlichen Zustand entschieden von sich. Das müssen Einbrecher gewesen sein. Oder Gnome.
Ich packe meine Einkäufe aus, hole Lupe und Pinzette und begebe mich an mein mühseliges Abendwerk. Nach einer Stunde konzentrierter Arbeit befinden sich Enter, Return, Bild Pfeil oben, Bild Pfeil unten, Plus, Minus, Division und Pos 1 wieder an ihren angestammten Plätzen. Nur das G habe ich nicht wieder finden können. In den folgenden Tagen wird mir zum ersten Mal in meinem Leben bewusst, wie oft man auf das G haut. Und wie groß die Lücke ist, die es reißt, wenn es einmal nicht mehr da ist.
Ich habe das übrigens jetzt mal im Kopf kurz überschlagen. Für das Geld, das ich in den vergangenen Monaten für zwei Zahnsanierungen und eine Woche Unerklärliches Katzenfieber (UKF) beim Tierarzt gelassen habe, hätte ich mir einen schicken neuen Laptop kaufen können.
Das ist doch echt perfide von denen.
Wenn hier mal eines schlimmen Sonntags nix steht, dann IST DAS NICHT MEINE SCHULD!!!!!!
P.S.: @mikesch + mietzins: Wieso soll die Autokorrektur funktionieren, wenn die Mietpreisbremse es nicht tut? Das ist doch ein vollkommen unrealistischer Anspruch.