Lieber Taps, bitte setze doch dem schwarzweißen General Manager keine Flöhe in die tauben Ohren - die Untergebenen (vor allem ich) haben's schon schwer genug unter seiner autoritären Leitung!
Um die Katze ranken sich viele Legenden, die überhaupt nicht stimmen. Dass es leise, elegante Geschöpfe sind beispielsweise. Oder unabhängige und stolze. Oder mit einer übernatürlich anmutenden Sensitivität ausgestattete, die sich voller Fürsorge liebevoll schnurrend an ihr siechend darnieder liegendes Frauchen schmiegen. Auf meine Katzen trifft definitiv nichts davon zu.
Der Freitag fängt schon doof an, nämlich mit Husten und Kopfschmerzen. Als der Wecker losquäkt, teile ich den im Bett herum liegenden Katzen weinerlich mit, dass es mir gar nicht gut geht. Die Katzen erwidern, dass es ihnen aufgrund leerer Mägen auch nicht gut geht. Ich huste und sage „Aua, aua.“ Flori kriecht unter die Bettdecke und beißt mir in die Zehen. Ich spare mir weitere Schmerzenslaute. Interessiert ja doch keinen.
Auf der Arbeit huste ich weiter vor mich hin. Wenigstens die Kollegin nimmt Anteil an meinem Elend und meint, ich solle mich nach meiner Heimkehr gleich hinlegen und mich ausruhen. Nicht, dass sie am Montag ganz allein da steht. Schließlich ist Urlaubszeit. Da wäre es ganz schön blöd, wenn ich jetzt krank würde. Mir ist ganz warm von soviel Mitgefühl. Vielleicht habe ich aber auch einfach nur Fieber.
Der Rechner bockt, weil die eigentlich zur Kooperation vorgesehenen Programme sich mit einem Mal in die Haare geraten und hysterisch Fehlermeldungen aufploppen lassen. Nach einer Stunde sind wir mit Hilfe der IT dem Fehler auf die Schliche gekommen. Jetzt geht alles wieder. Nur meine bisherige Arbeit ist leider nicht gespeichert worden. Fange ich halt noch mal von vorn an und hänge noch ein Stündchen dran.
Auf dem Heimweg kaufe ich noch Katzenfutter und schleppe mich durch die Drogerie, wo ich Hustentropfen erwerbe. Als ich endlich in meine Straße einbiege, stehe ich unvermittelt in einem Stau, an dessen Anfang ein Blaulicht rotiert. Es hat mal wieder gekracht. Ich umfahre die Unfallstelle und krebse mühsam durch das komplizierte Nebenstraßengewirr. Als ich endlich zu Hause bin, rotiert in meinem armen Kopf auch ein Blaulicht.
Meine eleganten, unabhängigen und sensitiven Tiere empfangen mich mit unbarmherzigem Geschrei an der Wohnungstür. Die schwere Einkaufstüte mit Katzenfutter wird wohlwollend zur Kenntnis genommen. Ich hänge meine Jacke auf und rufe schwach, mir sei elend. Die Katzen trampeln in die Küche und verleihen ihrer tiefen Besorgnis Ausdruck, ich könne zusammenbrechen, bevor ich ihre Näpfe gefüllt habe. Mit letzter Kraft löffele ich ihnen das Essen auf die Teller. Dann kündige ich an, dass ich mich jetzt hinlegen werde.
Mit einem Becher Tee begebe ich mich auf das Sofa. Flori watschelt zur Balkontür und sagt, dass er raus will. Ich sage, dass mir gar nicht gut ist. Flori sagt nochmal, dass er raus will, diesmal etwas lauter. Ich schlage vor, dass er ins Provisorische geht. Flori holt tief Luft und brüllt, dass er raus will, UND ZWAR JETZT UND HIER!!!!! Ich rappele mich auf und gehe mit Flori auf den Balkon. Frische Luft ist bestimmt nicht verkehrt. Flori frisst ein bisschen Unkraut, eine Blume und einen Käfer, den er aber wieder ausspuckt. Henry ruft von drinnen, dass er auch auf den Balkon will. Ich erkläre ihm, dass wir jetzt wieder rein kommen, ziehe Flori einen Stängel Kalmus aus dem Maul und klemme mir das strampelnde Tier unter den Arm. Andere Katzen, werfe ich ihm vor, liegen schnurrend bei ihrem kranken Menschen und spenden ihm Trost in seinem Elend, da soll er sich mal ein Beispiel dran nehmen.
Matt und hustend kehre ich auf mein Sofa zurück. Fritz jagt eine Fliege in der Küche und ruft, dass ihm grade ein Blumentopf umgefallen sei. Ob ich nicht mal eben die Erde zusammen fegen wolle. Ich tupfe mir Minzöl auf die schmerzende Stirn und antworte, dass ich das später mache, die Erde läge ja bestimmt noch länger über die ganze Spüle verstreut herum. Flori springt von der Rückenlehne auf meinen Bauch. Ich jammere, ob er mich umbringen wolle. Flori erwidert beleidigt, dass er sich bloß schnurrend an mich schmiegen wolle wie gewünscht und ob ich mal mit mir selber übereinkommen könnte, was ich denn nun eigentlich will. Henry kommt vorbei gehüpft und pfötelt dabei meine neue Sonnenbrille vor sich her. Flori tretelt auf meinem Magen und gibt das Grunzen von sich, das in seinen tauben Ohren wie Schnurren klingt. Ich würde jetzt doch lieber darauf verzichten, dass er mir Trost spendet.
Immerhin leuchtet mir jetzt ein, wo sich der Begriff „Verkatert“ herleitet.
Dickes Trostpflaster vor Futterschrank. Der sorgenvolle Blick drückt aus: Wie krieg ich den bloß auf, wenn das hustende Wrack auf dem Sofa jetzt abstrapst!