Dieses Jahr hat sich das Personal dazu entschlossen, auch mal einen Trend mitzumachen und Vorweihnachtsstress zu haben. Sonst hat es den ja für gewöhnlich nicht, was die Katzen sehr lobenswert finden. Das Dekorieren der Wohnung haben sie ihm erfolgreich abgewöhnt, die Zahl der mit Geschenken zu versorgenden Personen ist mit World’s Best Mom und dem bösen Mann überschaubar, und der bisherige Job im Campingladen brachte auch keinen vorweihnachtlichen Kundenandrang mit sich.
Doch nun hat das Personal einen neuen Job, in dem alles, was sich sonst über einen monatlichen Zeitraum verteilt, im Dezember bis zu einem Stichtag fertig sein muss. Und als seien Überstunden, die eine Fütterung der Katzen zum gewohnten Zeitpunkt vereiteln, nicht genug der Zumutungen, hat das dumme Personal auch schon wieder was Falsches gegessen. Eine Neuralgie hat es verschluckt. Die hat sich nun zwischen den Rippen eingenistet und ist dem Personal beim Hausputz hinderlich. Um ein wenig Entspannung zu finden und dem häuslichen Chaos nicht länger als nötig ausgesetzt zu sein, trödelt es darum nach den Überstunden in den weihnachtlichen Innenstädten der Umgebung herum.
Als es am Mittwoch viel zu spät nach Hause kommt, hat es einen großen Karton unter den neuralgischen Arm geklemmt und ruft aufgeregt, dass es den Katzen was ganz Tolles mitgebracht habe. Hoffentlich was zu essen, murrt Flori und schlurft mit den anderen in den Flur. Ein Karton, aha. Na ja. Kann man sich nach dem Essen mit beschäftigen.
Der Karton wird nach dem Essen ausgepackt und bringt eine neue Kratzsäule zum Vorschein. Die Kratzsäule war ein Super Sonderangebot, erzählt das Personal. Flori kann sich schon denken, warum. Die Pappe ist nämlich nicht innen in der Säule und mit Sisal umwickelt. Stattdessen kommt sie in Bierdeckelform daher und bildet das Kratzmaterial. Die Bierdeckel haben ein Loch in der Mitte und werden auf einen Holzstab gefädelt. Leider ist der Holzstab nicht rund, sondern viereckig, und demzufolge haben auch die Bierdeckel viereckige Löcher, was das Auffädeln nicht unbedingt erleichtert. Man kann nicht mehrere Bierdeckel nehmen und sie auf den Holzstab fädeln, weil die Ecken der Löcher nie genau übereinander liegen. Nein, jeder Bierdeckel muss einzeln auf den Stab gesteckt werden. Bei etwa zweihundert Bierdeckeln eine schöne Beschäftigung für lange Winterabende. Flori wird schon beim Zugucken total müde und schläft erschöpft auf dem ausgebreiteten Pappkarton ein.
Als die neue Kratzsäule nach anderthalb Stunden endlich fertig ist, liegt Flori auf dem Rücken und schnarcht. Er lässt sich auch nicht wachschütteln. Das Personal trägt die neue Kratzsäule, an der es so mühevoll gearbeitet hat, ins Wohnzimmer, wo Henry auf der Couch liegt. Guck mal, Henry, schreit das Personal, ist das nicht toll, komm mal her! Henry springt vom Sofa und spurtet ins Schlafzimmer, wo er auf dem Kleiderschrank in seiner Kiste verschwindet. Wenn das Personal diesen begeisterten Lockton anschlägt, gibt’s bestimmt wieder Augentropfen.
Fritz kommt des Weges und begutachtet aus sicherer Entfernung die Kratzsäule. Das Personal schreit, Fritz solle mal gucken. Mach ich doch, denkt Fritz. Eine neue Kratzsäule, schreit das Personal und kratzt an dem Ding. Hoffentlich ist das nicht ansteckend, was die hat, denkt Fritz und tritt den Rückzug an. Das Personal rennt ihm hinterher und schleppt ihn gewaltsam zur Kratzsäule. Fritz strampelt. Das Personal hält ihn fest und sagt streng, dass Fritz jetzt gefälligst mal kratzen solle. Fritz gehorcht und kratzt das Personal. Das Personal ist für den Rest des Abends sehr beleidigt.
Mitten in der Nacht wird es von lauten Kratzgeräuschen geweckt. Sie kommen nicht aus dem Wohnzimmer, wo die neue Bierdeckel-Kratzsäule aus dem Sonderangebot steht, sondern aus der Küche, wo immer noch die ausgebreitete Verpackung liegt, weil Flori beim Zubettgehen immer noch selig darauf schlummerte. Das Personal liegt wach und versucht zu zählen, wie oft es sich schon vorgenommen hat, den Katzen keine Weihnachtsgeschenke mehr zu kaufen, weil sie die mit dem Poppes nicht angucken und die Verpackung tagelang nicht rausrücken wollen.
Irgendwo bei tausendachthundervierundzwanzig schläft es ein. Trotz Kratzgeräuschen.
Ermüdend: Anderen bei der Arbeit zugucken