Blaue Bänder sind nicht jedermanns Sache. Als ich kürzlich, beschwingt durch die ersten milden Sonnenstrahlen, den Band "Die deutschen Romantiker - Teil 1: Lyrik" aus dem Regal holte und zu Fritzens Erbauung Mörikes berühmtes Gedicht deklamierte, war die Reaktion eher verhalten. Man maß mich verstörten Blickes und suchte Zuflucht unter dem Couchtisch, ich stellte ernüchtert das Werk zurück zu seinen staubigen Kollegen und fand mich ein weiteres Mal mit einer Welt ab, in der kein Raum ist für die Poesie.
Doch scheint des Katers Ablehnung gar nicht primär in seiner Aversion gegen literarische Gattungen begründet. Fritz kann ganz einfach den Lenz an sich nicht leiden!
Frühling ist nämlich voll blöd, wenn man ein Türentrauma hat. Und Fritz hat definitiv eins. Wenn man vor die Tür geht, dann kommt man vielleicht nicht wieder rein, das scheint zumindest seine Erfahrung zu sein, und darum traut er sich nicht vor die Balkontür, obwohl dahinter nichts schlimmeres lauert als ein gesichertes Kleingehege. Allenfalls wagt er sich mal raus, wenn die Tür weit offensteht und der Rückweg gesichert ist. Aber durch die komische Katzenklappe geht er auf keinen Fall!
Und so saß der arme Tropf gestern traurig in der Wohnung, während Lilly und Flori sich draußen auf den gerade heraus gebrachten Gartenmöbelpolstern wohlig aalten, war einsam und verstoßen und seinen neuen Freunden gram, die ihn so schmählich im Stich gelassen hatten. Eine Weile lungerte er in der Küche rum und sah beim Bratkartoffelbraten zu, bis er auf die unheilvolle Idee kam, seinen Frust an Lilly abzulassen, die auf dem Weg zum Katzenklo vorbei kam.
Miss Campbell ist kleiner als die meisten Katzen, denn für ein Model hat sie ziemlich kurze Beine, und wer klein ist, muss gemein sein, wenn er sich in dieser großen bösen Welt durchsetzen will. Nach einer wilden Runde durch die ganze Wohnung hatte man einen ihrer Rückzugsposten erreicht - den Schaukelstuhl im Schlafzimmer -, die Diva ging in Deckung, wohin Fritz ihr mit Triumphgeheul zu folgen trachtete.
Fataler Fehler. Flori ist schon längst nicht mehr so blöd, seine Nase unter ein Möbelstück zu schieben, unter dem Lilly sich verschanzt hat. Es knallte einmal kurz und heftig, und ein zutiefst gedemütigter Fritz floh auf den Kleiderschrank, wo ich zwanzig Minuten lieblichsten Flötens investieren musste, um das gebeutelte Tier zum Abstieg zu bewegen.
Ich hatte dann ein Einsehen und öffnete die Balkontür. Der Heizungsthermostat wird eh über einen Außenfühler geregelt, da kann man ruhig mal in der Hütte frieren, wenn es dem häuslichen und vor allem Fritzens Seelenfrieden dient. Und siehe da: Ein harmonisches Bild friedlichster Eintracht!
Die Chefin inspiziert die Sitzgelegenheiten:
Blaues Band, blaues Band ... blaues Band kann mich mal!
... und mich kannst du mal mit deiner Augensalbe!!!
Einen schönen Frühlingstag an alle, die unsere Geschichten lesen und ihren Katzen Venenkissen kaufen
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Bianka