Endlich wieder Wochenende in voller Besetzung, der ganz normale Wahnsinn hat uns wieder. Ohne Flori ist es wirklich kein Zustand. Dann ist es ja so ruhig, dass man nicht schlafen kann, und man kommt total aus seinem Alltagstrott, weil man sich schon so daran gewöhnt hat, nach jedem routinierten Handgriff ebenso routiniert Flori beiseite zu schieben.
Das von der Tierklinik verschriebene Schmerzmittel habe ich gleich wieder abgesetzt. Flori hat sein Frühstück, welches das Medi beinhaltete, nämlich gleich wieder von sich gegeben, worauf ich doch mal die Packungsbeilage zu Rate zog und unter "Gegenanzeigen" gleich zu Anfang "gastrointestinale Störungen" erblickte. Na toll!
😡
Die Tierklinik, die mir immer suspekter wurde, ließ ich diesmal außen vor. Über meine skeptischen Nachfragen bezüglich der Lendenwirbel-Schmerzen-Diagnose ging man nun schon seit drei Tagen geflissentlich hinweg und wiederholte gebetsmühlenartig die Wichtigkeit weiterer Diagnoseschritte und physiotherapeutischer Behandlungen. Unterdessen sprang Flori über Tische und Bänke und tollte mit Fritz umher.
Flori reiste am Tag nach seiner Rückkehr umgehend per Eltern-Express zur Nachuntersuchung bei meinem Haustierarzt, der für die Medikation nur zwei Worte hatte: "Sofort absetzen!" Schmerzen im Lendenwirbelbereich konnte er auch nicht feststellen, aber der ist ja auch nur ein doofer Haustierarzt.
Nun habe ich erstmal Lactulose gebunkert und beobachte meinen kleinen Patienten mit Argusaugen. Flori frisst wie ein Scheunendrescher, verdaut wie ein Waldesel und ist schwer damit beschäftigt, die liegen gebliebene Schrankkontrollarbeit von zwei Tagen aufzuholen, was diverse Nachtschichten erforderlich macht.
Lediglich Lilly ist nach wie vor nicht ganz mit sich im Reinen, was sie von dem mysteriösen Verschwinden und Wiederauftauchen ihres Lieblings halten soll. Ihr Flori hat nicht so schlecht gerochen und keine rasierten Beine gehabt. Da ist doch was faul! Nicht dass man ihr einen Wechselbalg untergeschoben hat! Wär ja nicht das erste Mal, dass sowas passiert, man hört ja öfter mal davon.
Um Lilly von Floris Identität zu überzeugen, las ich ihr aus einer streng wissenschaftlichen Abhandlung über Elfen, Goblins und Spukgestalten den Absatz über Wechselbälger vor. Um ein solches Wesen zu enttarnen, riet die Publikation dazu, Wasser in Eierschalen zu kochen. Dies würde den Wechselbalg, so es denn einer sei, dazu verleiten, sich in der Wiege aufzusetzen und erstaunt zu bemerken, er habe das Ei vor der Henne und die Eichel vor der Eiche gesehen, aber eine Wasserkocherei in Eierschalen sei ihm noch nie untergekommen. Habe der Wechselbalg solches geäußert, könne man ihn unbesorgt ins Feuer schmeißen, denn ein derartiges Gefasel überführe die Kreatur eindeutig als Wechselbalg.
Obwohl Flori die Lilly zuliebe erfolgende Wasserkocherei in Eierschalen in keiner Weise kommentierte, womit ja wohl hinlänglich bewiesen sein sollte, dass wir unseren eigenen kleinen Terroristen wieder ausgehändigt bekommen hatten, blieben bei Lilly weiterhin Zweifel. Eierschalen hin oder her. Schließlich hatte das Experiment nicht sämtliche wissenschaftlichen Parameter erfüllt, zum Beispiel hatte Flori währenddessen nicht in einer Wiege gelegen, in der er sich hätte aufrichten können, weil ich gar keine Wiege habe. Ich fand das jetzt ein bisschen erbsenzählerisch von Lilly und war nicht gewillt, extra eine Wiege herbei zu schaffen und mich nochmal in Eierschalen Wasser kochend zum Deppen zu machen. Daher schmiss ich die Eierschalen auf den Kompost und wartete einfach ab, bis der Tierklinikgeruch verschwand und die Haare an Floris Beinen wieder wuchsen und die senile Oma vergaß, dass man ihr einen Wechselbalg untergeschoben hatte. Geht auch. Man muss nicht immer gleich in Eierschalen Wasser kochen.
Dennoch muss ich sagen, dass die ganze Sache auch positive Auswirkungen auf unser Zusammenleben hatte. Niemals hätte ich diese freudige Erleichterung für möglich gehalten, die man beim morgendlichen Aufwachen angesichts der geruchlichen Kunde von der erfolgreichen Entleerung seiner kleinen Lieblinge empfinden kann. Ganz zu schweigen von der Begeisterung beim Anblick des auf dem Katzenklorandes thronenden Häufchens, das ganz eindeutig Flori als Urheber des durch die Wohnung ziehenden Gestankes ausweist!
Home sweet Home[/COLOR]