Endlich ist Sonntag, keiner ist (im Moment) krank, und Lilly findet allmählich zu ihrer alten Form zurück und frequentiert auch in meiner Gegenwart wieder das Katzenklo. Am liebsten dann, wenn ich gerade mit ihrem Futterteller in der Hand wie ein Vollidiot in der Küche stehe und "Lilly komm!" flöte. Dann kommt Lilly, denkt kurz nach und schreitet erhobenen Hauptes zum Katzenklo: Nun, ja, vielleicht könnte ich auch mal was essen, aber im Augenblick habe ich erst einmal ein dringlicheres Bedürfnis. Verharre sie doch bitte schön in dieser Position, bis ich mich dazu herab lasse, das Dinner zu mir zu nehmen.
Also verharre ich in dieser Position, während Madame in aller Gemütsruhe und mit Bedacht scharrt und gräbt und sich ein paarmal dreht. Unterdessen schielen schon die Kater auf den Teller in meiner Hand und schlingen hastiger. Noch hastiger als ohnehin. Da ist noch ein Teller! Wer als erster aufgegessen hat, der kriegt den bestimmt!
Endlich hat Lilly ihre Entleerungsprozesse abgeschlossen und zischt mit einem herrischen "Meeek" in Richtung Wohnzimmer, wo sie schwanzwedelnd auf mich wartet: Unmöglich, dieses Personal, wo bleibt denn nun das Dinner?
Das Dinner wird respektvoll vor Lilly nieder gesetzt, die es kurz beschnuppert, um sich dann - wie jeden Tag - angewidert abzuwenden und davonzustiefeln. Darauf ist das Personal vorbereitet. Unter großem "Lilly komm" und "Lilly fein" werden drei bis fünf Bröckchen Trofu an die Stelle gelegt, an der eben noch der Teller stand, den das Personal nun wieder außerhalb von Lillys Riechweite in der Hand hält. Lilly kehrt zurück, beschnuppert argwöhnisch ihre Bröckchen und lässt sich gnädig nieder, um das Dargebotene aufzumümmeln. Beim ersten aufgemümmelten Bröckchen darf das Personal den Teller wieder hinstellen, allerdings in einigem Abstand, der nun Bröckchen um Bröckchen vorsichtig verringert wird. Gleichzeitig muss der Abstand zwischen Teller und den zwischenzeitlich angerückten Katern möglichst groß gehalten werden; eine Aufgabe, die das Personal nur dank einer aus jahrelanger Übung erwachsenen logistisch koordinierten Meisterleistung bewältigt.
Beim letzten Bröckchen muss der Teller so stehen, dass die Diva nur noch die Nase hinein zu senken braucht, wobei er aber andererseits keinesfalls ihren Füßen zu nahe kommen darf. Dann fängt das Spielchen nämlich wieder von vorne an, und es kommen zuviele Bröckchen in selbiges, was das Personal zu vermeiden sucht, da es diesbezüglich mit der Diva so gar nicht einer Meinung ist.
Von dem Moment an, da der Teller vor der Divennase angelandet ist, darf das Personal sich nicht mehr bewegen, da auch dies einen sofortigen Lillyrückzug zur Folge hätte. Und während Madame nun endlich ihren Teller in Angriff nimmt, fällt der Rest des Hausstandes in eine Art Dornröschenstarre: Das Personal kauert regungslos vor der schmatzenden Diva, und links und rechts hocken die Kater und müssen hilflos mit ansehen, wie der Teller immer leerer wird ...
Aber ich bin mir ganz sicher: Sie hat uns trotzdem lieb.
Und hier noch zwei Fotos zum Thema "Der Sommer hat auch Schattenseiten": Nein, das ist KEIN aufgedunsener Stinktierkadaver.
Das ist nur Flori beim Sonnenbaden!