Heute in Überlänge
@mollymann: Ich bin erschüttert. Da schreibe ich mir hier den A… ab, um pädagogisch auf euch einzuwirken, und IHR LERNT ES EINFACH NICHT!!! WENN ihr Futter ins Tierheim oder in eine sonstige katzenkaritative Einrichtung schleppt: Nehmt eine der zahlreichen Personen aus eurem Freundes-/Verwandten-/Kollegenkreis mit, die immer sorgenvoll sagen: Meinst du nicht, „x“ Katzen sind genug?
@M&M: Ihr seid auch voll gemein. Im Freundes-/Verwandten-/Kollegenkreis eilt mir der Ruf des Klugscheißers voraus, weil ich über so faszinierendes Wissen verfüge wie die Kenntnis, dass man mit dem Sekret des Moschusbockkäfers früher Pfeifentabak aromatisierte. Jetzt habe ich eine Woche lang mit mir gehadert, weil ich nicht nur als Knipserin mit Aldi-Kamera enttarnt wurde, sondern auch noch feststellen musste, dass ich eklatante Wissenslücken im Bereich der Jugend- und Comic-Kultur habe. Accio Muffin? Marvel-Superhelden? Hä …? Aber den Flokati-Boy-Comic, den kauf ich. Versprochen.
@Schredderfee: Willkommen!
Erinnert ihr euch noch? Wir hatten einen warmen, wonnigen Frühling voller Sonnenschein. Wie üblich ging er allzu schnell vorüber. Jetzt ist es windig, kalt und regnerisch, man kann die Heizung wieder andrehen, und mit dem typisch deutschen Sommer hat noch etwas anderes typisch deutsches in der Villa Campbell Einzug gehalten: Die Handwerker.
Vor einigen Wochen waren die Handwerker schon einmal da. Sie maßen die Fenster aus, sprachen kryptische Dinge miteinander und schworen feierlich, das Datum des Fensteraustausches vier Wochen im Voraus anzukündigen. Es würde aber, so sprachen die Handwerker, ohnehin mit dem Aufbau eines Baugerüstes einher gehen, denn die Dämmarbeiten und der Fenstertausch sollten in kurzer zeitlicher Abfolge stattfinden. Sobald ich ein Gerüst am Haus erblickte, so sprachen die Handwerker, sollte ich mich mental auf ihr baldiges Erscheinen einstellen und mit mir übereingekommen sein, ob Lilly, Fritz und Flori für die lärmende und staubende Zeit des Fenstertausches einen Kurzurlaub bei einer Bekannten aus dem Tierschutz machen oder doch lieber daheim kaserniert werden sollten.
Jeden Tag war ich froh, wenn ich bei meiner Heimkehr kein Gerüst erblickte, denn ich gehöre nicht zu den entscheidungsfreudigen Menschen. Auch am Dienstag war noch kein Gerüst da. Meine Vermieterin überraschte mich dennoch mit der wundervollen Neuigkeit, dass die Handwerker die Fenster nun schon fertig hätten und in der noch leeren Haushälfte neben mir bereits mit dem Einbau begonnen hätten. Am Donnerstag würden sie dann gerne in meiner Wohnung weitermachen.
Ich maulte und greinte ein wenig. Schließlich war noch kein Gerüst da. Und von Dienstag bis Donnerstag sind es auch keine vier Wochen, in denen man nochmal über die Kurzurlaubversion für die Katzen nachdenken kann. Aber dann entschied ich mich doch spontan für die Kasernierungsoption, nahm mir zwei Tage schulfrei und ging Wurst kaufen. Mit Wurst hatte ich Lilly schon ein paarmal ins Schlafzimmer gelockt. Das letzte Mal, als sie wegen eines Tierarztbesuches gekäschert werden musste.
Lilly wird mit zunehmendem Alter immer vergesslicher. Gerne vergisst sie, dass sie vor einer Viertelstunde schon was gegessen hat, dass sie nachts nicht jodeln soll und wer diese Person ist, die sich ungefragt auf dem Sofa breit macht. Den Wursttrick hat sie nicht vergessen. Wie ein Denkmal stand sie am Morgen des Fenstereinbaus vor der Schwelle zum Schlafzimmer, wedelte empört und funkelte mich wütend an: Du glaubst doch wohl nicht, dass ich darauf noch mal reinfalle?
Es gibt Situationen, in denen man sich ein moralisch einwandfreies Handeln einfach nicht erlauben kann. Zum Beispiel morgens um halb sieben, wenn man nur noch eine halbe Stunde Zeit hat, eine widerborstige Diva in einen Raum zu manövrieren, den sie partout nicht betreten möchte. Ich trampelte in die Küche, klemmte mir den verblüfften Flori unter den Arm und rannte zurück ins Schlafzimmer, wobei ich lauthals „Nein Flori nein böser Flori!“ schrie und unterwegs noch einen Stuhl umrempelte. Flori staunte nicht schlecht, freute sich aber, als das Personal ihm nach dem rasanten Transport auch noch einen Flug von der Schlafzimmertür ins Bett spendierte. Fritz war angesichts der plötzlichen Aufregung bereits auf den Schrank geflüchtet, und die Furie hatte den Schlafzimmerteppich schon zur Hälfte überquert, als die Tür zuknallte und ihr dämmerte, dass das Personal noch Tricks auf Lager hat, die Lilly noch nicht kannte.
Während Lilly sich unter dem Dielenschrank verbarrikadierte und Fritz hinter der Kiste mit dem Weihnachtsbaumschmuck in Deckung ging, war Flori ganz aus dem Häuschen. Cool – die Katzenklos stehen im Schlafzimmer! Cool – der Lesesessel steht im Schlafzimmer! Cool – das Personal ist im Schlafzimmer, und es hat leckere Frischkäsebrote dabei! Cool – die Tür ist zu!
Hä?! Moment mal – die Tür ist zu? Gar nicht cool! Wieso ist die Tür zu? Und warum verstecken sich die anderen? Was ist hier überhaupt los? Sind da etwa fremde Leute in der Wohnung? Wieso wackeln auf einmal die Wände? Alter! Das sind irgendwie keine good vibrations.
Es dauerte nicht lange, bis es Flori langweilig wurde. Er grub ein bisschen im Katzenklo herum, versuchte Fritz zum Abstieg vom Schrank zu bewegen und ersteigerte bei ebay eine tolle Hantelbank für das Personal, als es kurz auf dem Klo war und den Laptop unbeaufsichtigt auf dem Bett herum stehen ließ. Dann kroch er zu Lilly unter den Dielenschrank und ging ein bisschen im Wurmloch spazieren. Von dort brachte er die erstaunlichsten Dinge mit, die von Zeit zu Zeit unter dem Dielenschrank hervor gekullert kamen: Ein gelber Snackball, eine Kastanie, ein blauer Deko-Apfel, ein Blümchen aus Stoff, diverse Plüschmäuse, eine Brotkruste, eine Taschenlampe und ein paar Damen-Hygiene-Artikel. Das Personal kam zu dem Schluss, dass im Wurmloch dringend mal geputzt werden musste, denn als Flori selbst wieder auftauchte, war er voller Spinnweben. Igitt. Das Wurmloch-Personal schien eine schlampige Hausfrau zu sein.
Fritz verspürte unterdessen einen zunehmenden Druck auf der Blase und versuchte verzweifelt, das Katzenklo durch telepathische Befehle dazu zu bewegen, sich in die Lüfte zu erheben und auf dem Kleiderschrank zu landen, was aber nicht klappte. Wahrscheinlich wegen der vibrations. So ein Mist aber auch. Fritz nahm all seinen Mut zusammen, hüpfte vom Schrank und rannte so schnell er konnte zum Klo, wo er sich so schnell er konnte erleichterte. Flori war ganz außer sich vor Freude und umso enttäuschter, als der entleerte Kumpel wieder auf dem Schrank verschwand. Langweiler! Spielverderber!
Zum Lohn für die ganze Aufregung ließen die Handwerker über Nacht ihr Werkzeug da, weil sie ja am Freitag noch das Schlafzimmerfenster einsetzen mussten. Cool!!! Die ganze Nacht über hatten die Katzen einen Riesenspaß und waren morgens voller Staub und Krümel. Endlich mal eine katzengerechte Wohnungseinrichtung mit Schutteimern, Werkzeugkisten und jeder Menge alter Wolldecken!
Leider tauchten mit der Morgensonne auch die Handwerker wieder auf. Lilly verkroch sich umgehend gemeinsam mit Fritz unter dem Sofa und war sehr stolz auf diese raffinierte Finte. Umso fassungsloser musste sie mit ansehen, wie die Handwerker trotzdem rein kamen und im Schlafzimmer eingesperrt wurden, was Fritz in Panik versetzte: Wie sollte er jetzt auf seinen geliebten Kleiderschrank kommen?
Flori saß derweil in einem Schutteimer und machte ein unschuldiges Gesicht. Als die Handwerker das Schlafzimmer verließen, um auf dem Balkon zu rauchen, huschte er rasch hinein und inspizierte die Baustelle, während das Personal kopflos die ganze Wohnung nach ihm absuchte. Flori schüttelte den Kopf, als die Handwerker wieder herein kamen und er die Baustelleninspektion abschließen konnte, und sah dem aufgeregten Personal eine Weile zu. Dann entdeckte er die Gehegetür, die die Handwerker offen gelassen hatten, und spazierte neugierig auf den Balkon hinaus.
Das Personal fing ihn wieder ein, bevor er die Baustelle in der Nachbarwohnung inspizieren konnte, und sank erschöpft mit Flori im Sessel nieder, wo Super Mario sich zufrieden zusammenrollte und nach der anstrengenden Arbeit einschlief. Eine Stunde später war dann auch das Schlafzimmerfenster an Ort und Stelle, die Handwerker waren samt Schutteimern und Werkzeugkisten verschwunden, Fritz und Lilly schlummerten selig auf dem Sofa und das Personal nahm rasch noch eine Kopfschmerztablette, bevor es sich müde daran machte, dem Zementstaub zu Leibe zu rücken.
Neue Fenster schaffen wirklich Atmosphäre.