@Bergziege: Ich würde was drum geben, wenn Fritz auf seiner verdammten Wolldecke SCHLAFEN würde ...
😀
Das Thema dieser Woche: Der richtige Umgang mit Krisen
Auf Krisensituationen bereitet man sich am effizientesten durch rechtzeitige Trockenübungen vor. So kann man, ist die Krise eingetreten, souverän reagieren und hat somit die besten Voraussetzungen, die Situation unbeschadet zu überstehen. Zum Beispiel indem man übt, sich rasch zu ducken wie in den Fünfzigerjahre-Lehrfilmen des amerikanischen Katastrophenschutzes zum Umgang mit herab fallenden Atombomben. Nur wer vorbereitet ist, überlebt!
Eine ähnlich sinnvolle Übung fand in dieser Woche in der Villa Campbell statt, wenn auch ungeplant und ganz spontan. In noch ungewisser Ferne dräuen schließlich gehegelose Wochen mit verriegelter Katzenklappe. Darauf sollte man seine kleinen Lieblinge rechtzeitig trainieren, sonst drohen Plonks an Katzennasen und blutige Personalfüße.
Eine erste unfreiwillige Katastrophenschutzübung absolvierte der Campbell’sche Haushalt bereits am frühen Mittwochabend. Kalt war’s, und es regnete, und weil das Wetter sich so von seiner erfrischenden Seite zeigte, genossen Lilly und das dicke Kind die gute Luft draußen auf den klammen Polstern ihrer Bank. Fritz und das Personal hingegen genossen drinnen die Wolldecke (der eine mehr, der andere weniger.) Eine ziemlich nasse und zerrupfte Meise hing derweil an dem mit Sonnenblumenkernen befüllten Tannenzapfen, den das Personal im Winter für die hungernde Vogelwelt aufgehängt hatte und der monatelang keinerlei Beachtung erfahren hatte. Das Personal war ein wenig vergrätzt deswegen. Der Tannenzapfen hatte immerhin 3,99 Euro gekostet, und es hätte sich ein wenig mehr Würdigung der naturbelassenen Köstlichkeit gewünscht.
Gerade dachte das Personal an den Artikel aus der „Service-Garten“-Rubrik der Tageszeitung, in dem daran gemahnt wurde, verschmähte Meisenbällchen und Tannenzapfen im Frühjahr abzuhängen, damit faule Meisenmütter mit dem ranzigen Zeug nicht ihre Brut fütterten, als die Brut auch schon piepsend und flatternd ihren ersten Flugversuch beendete. Und zwar am Gitter des Katzengeheges. Das Personal schrie „Ach du Sch…“, schlug ohne Rücksicht auf ohnehin bereits traumatisierte Kater die noch nicht fertig bearbeitete Wolldecke beiseite und rannte barfuß auf den Balkon hinaus, wo Lilly und Flori fassungslos den angelandeten Flederwisch anstarrten.
„Husch! Husch!“ schrie das Personal und wedelte mit den Armen. Das Meisenkind flatterte, piepste freudig und sperrte den Schnabel auf. „Flieg weg!“ schrie das Personal. Das Meisenkind hüpfte auf den Katzentisch und sperrte den Schnabel auf. „Ach du Sch…!“ schrie das Personal. (Manchmal ist es wenig kreativ in seiner Wortfindung.) Hinter dem Personal plumpste Lilly von der Bank. Das Personal schmiss rasch Flori in die Wohnung, schob Lilly mit dem Fuß hinterher, knallte die Tür zu und verriegelte die Katzenklappe. Das Meisenkind piepste empört und riss den Schnabel auf.
Unter den Katzen machten sich Unmut und Verwirrung breit. Fritz hatte sich aus der Wolldecke befreit und versuchte gemeinsam mit Flori, die Katzenklappe aufzuhebeln, während Lilly am Fenster stand und sich aufregte. Eine Frechheit! Da landet unversehens ein Dessert auf dem Balkon, und das Personal macht die Tür zu!
Die Meisenmutter hatte einen Kern aus dem Tannenzapfen gepickt und flatterte ins Gehege, um das Meisenkind zu füttern. Das Meisenkind freute sich. Super hier, alles überdacht und Essen frei Haus!
Das Personal drückte sich vorsichtig durch die Tür nach draußen und machte sie rasch hinter sich zu. „Flieg weg! Los, flieg weg!“ forderte es das Meisenkind auf und schwenkte wild die Arme. „Diepdidiepdidiep!“ machte das Meisenkind, flatterte wild mit den Flügeln und sperrte den Schnabel auf. „Du sollst endlich ABHAUEN!!!“ brüllte das Personal und schwenkte noch wilder die Arme. „Diepdidiepdidiep!!!“ machte das Meisenkind, flatterte noch wilder mit den Flügeln und sperrte noch weiter den Schnabel auf. Die große Meise schien ein bisschen blöd zu sein. So große Flügel, aber keine Ahnung von Kinderaufzucht.
Das Personal stupste das Meisenkind an. Das Meisenkind flatterte vergnügt und sperrte den Schnabel auf. Hinter dem Personal wurde gerade versucht, die Balkontür aus den Angeln zu heben, und die Blicke, die Lilly dem Personal durch die Scheibe hinweg zuwarf, ließen auch keinen allzu harmonischen weiteren Verlauf des Abends erwarten. „Hau ENDLICH ab!!!“ kreischte das Personal. Das Meisenkind guckte erstaunt zu ihm hoch, dachte kurz nach und sperrte den Schnabel auf.
Das Personal gab auf. Es schlüpfte durch die Tür in seine mit einem Male gar nicht mehr so heimelige Wohnstatt, ließ den Rollladen herunter und ertrug den häuslichen Terror geschlagene fünf Minuten. Dann ließ es die anderen Rollladen auch herunter, verteilte das allabendliche Betthupferl an die meuternden Hausgenossen und ging früh schlafen mit dem beunruhigenden Gefühl, dass ihm ein schwerer, schwerer Sommer bevor stand …
Alter! Wat soll dat denn!