Migräneanfälle sind etwas ganz abscheuliches. Die können einem den ganzen Tag versauen. Anstatt zum Beispiel seinen vorweihnachtlichen Konsumrausch auf dem Münsteraner Weihnachtsmarkt auszutoben, worauf man sich schon wochenlang gefreut hat, muss man dann schleunigst zusehen, dass man rasch nach Hause kommt, solange man noch die wehen Augen aufhalten kann. Da liegt man dann im verdunkelten Schlafzimmer, einen nassen Lappen auf dem Kopp und zwei schnurrende Kater auf dem Bauch, hat noch gar nicht alle Weihnachtsgeschenke beisammen und fragt sich, womit man das verdient hat.
Unverzichtbar wie in allen Lebenslagen sind auch in Zeiten von Not und Krankheit gute Freunde. Gute Freunde hören einem zu, haben immer ein tröstendes Wort und so manchen guten Rat. Darum habe ich jetzt ein Akupressurnackenkissen. Das Akupressurkissen wurde mir (kopfwehgeplagt) von einem wohlmeinenden Freund (rückenschmerzgeplagt) wärmstens empfohlen. Gegen die Rückenschmerzen, so der Freund, hätte das Akupressurkissen geholfen. Nicht viel. Aber ein bisschen. Dafür sei man ja schon dankbar, wenn man dolle Rückenschmerzen hat.
Umgehend habe ich mir ein Akupressurkissen bestellt. Das Akupressurkissen kam in einem kleinen Karton mit kyrillischem Aufdruck, war ziemlich hart und voller kleiner spitzer Plastikdornen, und es wirkt super. Wenn man seinen Nacken da drauf legt und die kleinen spitzen Plastikdornen bohren sich in die Haut, dann vergisst man umgehend, dass man Kopfweh hat. Das Akupressurkissen ist auch das einzige ergonomisch geformte Kissen, das man ganz für sich hat. Die Katzen wollen nie auf dem Akupressurkissen liegen. Auf dem ergonomisch geformten Venenkissen und dem ergonomisch geformten Nackenkissen liegen die dauernd. Auf dem Akupressurkissen nie.
Dafür liegen sie sehr gern in dem Karton mit dem kyrillischen Aufdruck. Leider ist der Karton ziemlich klein, weswegen er Floris Ausmaßen nicht lange gewachsen war und auseinander brach. Das stört die Katzen aber nicht. Sie liegen auf der Pappe und sehen bedürftig aus. Das bringt mich auf eine Idee. Zu Weihnachten steigen Sentimentalität und Spendierlaune. Um diese Jahreszeit kann man keine Fußgängerzone durchqueren, ohne dass einem von mehr oder weniger seriösen Gestalten mit irgendwelchen Spendendosen vor der Nase herum gescheppert wird. Ich beschließe, diese Stimmungslage sogleich auszunutzen, hole die Kamera, knipse das Elend und maile an meine Eltern:
„Liebe Familie T.,
Weihnachten naht mit Kerzenglanz und Kassenklingeln. Wenn Sie sich abends nach dem Glühwein-Shopping behaglich auf Ihr heimisches Sofa kuscheln und sich ein leckeres Schmalzbrot ins Gesicht drücken, sollten Sie auch einmal innehalten und all jener gedenken, denen es nicht so gut geht wie Ihnen. Denen, die jetzt dort draußen sind. In der Kälte. In der Dunkelheit. Die kein warmes Plätzchen kennen, keine Geborgenheit. Die, die auf Sie angewiesen sind. Auf Ihr Mitgefühl. Auf Ihre Spende, mit der Sie unvorstellbares Leid lindern können!
So wie diese beiden unfassbar bedauernswerten Katzen, die sich in einem kaputten Pappkarton verzweifelt aneinander drängen, um beim anderen ein wenig Wärme zu finden. Können Sie das mit ansehen? Kommen Ihnen da nicht die Tränen? SCHÄMEN Sie sich nicht ein bisschen, dass es Ihnen in Ihrem Scheißwohlstandsreihenmittelhaus so unverdient gut geht, während diese armen gebeutelten Kreaturen nicht mal ein Katzenkörbchen haben?!!
Spenden Sie JETZT, aber DALLI!!!!!“
Und das war die Antwort …
„Liebe Tochter,
Das Bild ist wirklich erschütternd und wir werden, natürlich im Rahmen unserer bescheidenen Möglichkeiten, alles tun dieses Elend zumindest etwas zu lindern. Allerdings stimmt von „Scheißwohlstandsreihenmittelhaus“ leider nur Reihenmittelhaus. Daher haben wir eher an eine nützliche Sachspende für die armen, frierenden Kreaturen gedacht. Mutti hat sofort angefangen für Flori einen quergestreiften Pullunder zu häkeln und ich habe im Internet für Lilly einen Muff aus Mäusefell bestellt. Und vom Rest der Wolle wird für Fritz ein Mützchen und evtl. auch noch ein Paar Söckchen gehäkelt.
Deine Eltern!“
Gibt’s halt dieses Jahr wieder eine Dose meines selbst verkohlten Weihnachtsgebäcks zur Bescherung. Das haben die jetzt davon.
P.S.: Ich melde mich heute nachmittag nochmal. Habe jetzt erstmal nur schnell die Geschichte hoch geladen und muss nun fort. Zeitmanagement ist mal wieder nicht optimal. 5 x dürft ihr raten, warum!
😀