Ich komme ins Grübeln ... ist die Konstellation "0 Zwerge, 3 Katzen" etwa doch nicht die günstigste Kombination zur ungestörten Lektüre? Bei Pamela scheint's ja (noch) zu funktionieren: Zwerg knetet Katze, Mutter liest unbehelligt.
Aber für solche Überlegungen ist's nun zu spät. Manchmal bedauere ich das. Wenn ich zum Beispiel feststellen muss, dass ich allmählich zu alt für die rasante Entwicklung im technologischen Alltag werde und dringend auf die Hilfe der Smartphone-Generation angewiesen wäre.
Das deutsche Berufsbildungsgesetz ist viel zu lasch. Wenn es nach mir ginge, dann dürfte in diesem Land keiner mehr auch nur eine Klobürste in die Hand nehmen, ohne eine entsprechende Qualifikation vorweisen zu können. Immer noch gibt es viel zu viele Bereiche, in denen irgendwelche unqualifizierten Scharlatane ihre zweifelhaften Dienste anbieten und dabei erheblichen Schaden anrichten!
Catsitter beispielsweise. Haben Sie schon mal einem Catsitter Ihre Lieblinge anvertraut? Tun Sie’s nicht, hören Sie auf meine warnenden Worte. Catsitter können meist nicht viel mehr als eine Dose aufmachen und ein Katzenklo sauber machen. Müssen die ja auch nicht, meinen Sie? Obacht, sage ich da nur. Ich war jetzt fünf Tage lang Catsitter, und ich war total überfordert.
Sonntagmorgen, sechs Uhr. Ein langer Tag liegt vor mir. Der Vater muss in ein Dorf gekarrt werden, wo er auf einer Adventsausstellung selbst gebaute Weihnachtspyramiden verhökert, und anschließend reise ich in ein ganz woanders liegendes Dorf, weil die beste Freundin zum Geburtstagbrunch geladen hat. Nach dem Geburtstagsbrunch muss ich meiner Mutter das geliehene Auto zurück bringen, damit sie den Pyramiden verhökernden Ehegatten wieder heim an den häuslichen Herd schaffen kann. Und zwischendurch sind fünf Katzen zu versorgen.
Müde schlurfe ich hinüber in die Nachbarwohnung. Die Mädels haben noch geschlafen, werden aber bei meinem Eintreffen rasch munter. Ich tafele Futter auf und gehe ins Arbeitszimmer, wo die Katzenklos stehen. Und die Playstation des Hausherrn. Chili hüpft hinter mir her und springt auf die Playstation, um meine Arbeit zu begutachten. Hinter mir macht es „Sssssst.“ Aus der Playstation kommt eine CD gefahren. Chili ist begeistert und bepfötelt die interessante Scheibe. Ich schiebe die CD rasch wieder rein. Über mir macht es „Wuuuusssch“, und der Bildschirm geht an. Die Playstation funzelt freudig. Der Bildschirm fordert mich zu irgendwelchen Installationen auf. Chili freut sich auch. Ich nicht. Ich will jetzt keine Installationen machen. Ich will auch nicht World of Warcraft mit Chili spielen. Ich will, dass das Ding wieder ausgeht. Ich drücke auf den einzigen Knopf, den ich identifizieren kann. Die CD kommt wieder raus gefahren. Chili schickt sich an, sie durchzubrechen. Ich entnehme die CD und packe sie in ihre Hülle. Chili pfötelt an der Playstation rum. Die Playstation funzelt, der Bildschirm will jetzt unbedingt, dass Installationen stattfinden und Kanäle gefunden werden können. Ich überlege, wer aus meinem überschaubaren Bekanntenkreis über einen vierzehnjährigen Computernerd verfügt und am Sonntagmorgen um sechs Uhr wach ist. Mir fällt keiner ein. Der Bildschirm droht damit, sich in fünf Minuten in den Ruhemodus zu begeben, wenn jetzt nicht bald eine Eingabe kommt. Ruhemodus klingt gut, denke ich und wende mich erleichtert dem Katzenklo zu. Chili bepfötelt den Bildschirm. Geh endlich schlafen, denke ich griesgrämig und schaufele mich durch die Katzenklos. Der Bildschirm schaltet sich beleidigt aus und schmollt. Endlich.
Als ich wieder rüber gehen will, geht Chili mit und saust in die nach wie vor leere Rumpelkammer im Flur. Tapsy rennt hinterher. Als ich dazu stoße, um die Entwichenen zur sofortigen Rückkehr in den heimischen Bereich aufzufordern, rollen sich beide ekstatisch auf dem Estrich und quietschen begeistert. Dann entdeckt Chili eine Mücke und macht sich umgehend an die Verfolgung der summenden Provokation. Tapsy will nicht nachstehen, und gemeinsam hüpft man an den Wänden hoch, haut nach der Mücke und quietscht wie besessen. Hinter meiner Tür macht es entgeistert: „Mau?“
Die Mädels lassen von der Mücke ab und spitzen die Ohren. „Mi?“ macht Chili. „Mau?“ macht die Tür. Ich nutze die Chance und klemme mir Chili unter den Arm. Chili murrt, motzt und strampelt. Ey da is’n Prinz hinter der Tür, lass mich runter! Ich verfrachte sie in die Wohnung und hole Tapsy. Als ich die Wohnungstür trotz der anhaltenden Proteste endlich zumachen kann, habe ich einen Ruhepuls von 180 und Schweißperlen auf der Stirn.
Kaum habe ich die Tür zu meiner Wohnung geöffnet, schießt Fritz heraus, saust eine Runde durch den Flur, schnüffelt sich aufgeregt durch die Rumpelkammer und bleibt schließlich lauthals krakeelend vor der Tür zur Nachbarwohnung stehen. Meine Versuche, ihn zur Rückkehr zu bewegen, werden voller Unmut abschlägig beschieden. Er will da jetzt rein und mit den Mädels World of Warcraft spielen. Und nicht mit seinem rückständigen Personal vorm Bücherregal hocken.
Das rückständige Personal ist unerbittlich und trägt Fritz zurück in die langweilige Welt der Bücherregale. Fritz spielt World of Warcraft mit den Personalarmen. Flori wandert derweil in den Flur, weil die Tür ja offen steht. Ich hieve ihn wieder hinein. Fritz rennt wieder hinaus und versucht, sich irgendwie an der Tür zum Gamerparadies zu befestigen. Ich bekomme allmählich eine bange Ahnung von der Zeitspanne, die ich in den kommenden Tagen im Flur verbringen werde.
Als das Katzenpersonal von gegenüber aus dem Kurzurlaub heimkehrt, sind diverse Einrichtungsgegenstände zum Katzenspielzeug umfunktioniert worden, eine Rolle Müllbeutel wurde in stundenlanger Feinarbeit komplett abgerollt und einzeln perforiert, und der neue Nationalsport „Wir rennen alle abwechselnd in den Flur und schreien vor der Tür zur Nachbarwohnung rum“ erfreut sich großer Beliebtheit.
Die Playstation, immerhin, hat brav fünf Tage lang durchgeschlafen und so die inkompetente Pflege gut überstanden.
Wir spielen ganz brav mit unserem Kratzbaum!