@mietzis tante: Ja, Lilly hat so ziemlich jedes Jahr ihre traditionelle Blasenentzündung. Zum Glück geht sie mit Behandlung so schnell, wie sie gekommen ist ... am Wochenende muss ich nochmal versuchen, den Löffel-Trick anzuwenden und eine Urinprobe zu ergattern (schlotter.)
Und nun zu einer neuen Episode der spannenden Endlos-Serie "Unsere kleine Baustelle", Staffel 138, Folge 4.812:
Mit dem Auftauchen der Bautrockner hat sich auch die Anzahl meiner Sozialkontakte schlagartig erhöht. Ständig kleben Zettel an meiner Tür, die mir das Erscheinen von Versicherungsmenschen, Handwerkern und Sachverständigen ankündigen. Ich finde es immer total beruhigend, auf der Arbeit zu sitzen und zu wissen, dass die Katzen daheim nicht allein sein müssen, weil wieder mal eine Abordnung wichtig drein blickender Herren durch meine Privatsphäre marschiert und herauszufinden versucht, wo der geheimnisvolle Quell, der die Wände des Hauses tränkt, denn nur seinen Ursprung haben mag.
Auch auf die Psyche der Katzen hat der zunehmende Kontakt zu anderen Menschen eine überaus positive Wirkung. Fritz kommt manchmal schon nach einer Stunde wieder vom Kleiderschrank runter, Lilly versteckt sich erst gar nicht mehr, und Flori kriegt endlich mal die Ohren gekrault, was ja sonst nie einer macht.
Trotzdem ist es nun gerade Flori, der zu der Ansicht gelangt ist, es sei jetzt mal genug mit dem ewigen Besuch. Am Mittwoch schlägt wieder mal neben der zur Aufsicht einbestellten Katzengroßmutter ein Experte auf, der eine Wand für feucht erklärt, die der Montagsexperte für trocken erklärt hat. Die Katzengroßmutter ruft mich auf der Arbeit an und teilt mir mit, dass am späteren Nachmittag noch irgendein Hansel eintrudeln werde, der auch noch irgendwas begucken solle, und sie müsse jetzt weg. Ich erkläre der Abteilungsleiterin meine desaströse Lage und darf mit dem wegen des Bahnstreiks geliehenen Auto eine halbe Stunde früher im Tiefflug nach Hause rasen. Derweil führt Flori an der heimischen Front seinen privaten Guerilla-Krieg.
Flori hat den Kampf gegen die unterdrückerischen Mächte aufgenommen. Gleich nach dem Auftauchen der Bautrockner hat das Personal das ganze Katzenfutter von der Rumpelkammer ins Schlafzimmer geschleppt, weil es wegen der Wärmeplatten im Hausflur jetzt in der Rumpelkammer dreißig Grad hat. Flori hat vorsichtshalber eine Dose beiseite gerollt und im Regal hinter einer Tüte mit Pfandflaschen versteckt. Eine kluge Taktik, die ihm nun die tödliche Waffe gegen die Diktatur der Scharlatane in die kleinen rosa Pfoten gibt.
Flori wartet, bis der Mittwochsexperte den Schlauch in der Rumpelkammer aus dem Loch im Boden gezogen hat, sich hinkniet und ins Loch guckt. Dann verlässt er seine Deckung, klettert ins Regal und rollt die Katzenfutterdose hinter der Tüte hervor. Ein kleiner Schubs mit der Pfote, und vierhundert Gramm Pastete mit Geflügel knallen dem Eindringling ins Kreuz. Flori freut sich. Die Katzengroßmutter findet’s auch voll lustig. Der Experte nicht so. Aber das stört Flori nicht. Er ist total beflügelt von seiner Heldentat, legt sich erst mal aufs Sofa und denkt darüber nach, wie er seinen Feldzug gegen das Expertengesindel noch effektiver gestalten kann.
Mittlerweile ist der Mittwochsexperte von dannen gehumpelt, die Katzengroßmutter hat das Schlachtfeld verlassen, und das Personal ist nach Hause gekommen und steht im Bad, wo der Vermieter mit dem Spätnachmittagshansel die für feucht erklärte Wand begutachtet. Der Spätnachmittagshansel hat es zwar nicht für nötig befunden, sich dem Personal vorzustellen oder seine Funktion in seinen vier Wänden zu erklären, aber es hat dennoch nach intensiver Nachfrage heraus gefunden, dass es sich beim Spätnachmittagshansel um einen Sanitärinstallateur handelt. Der unterhält sich nun mit dem Vermieter. Das Personal steht dumm daneben und wird von beiden Herren ignoriert, weswegen es sich im Flur an der Wohnungstür positioniert. Irgendwann, so denkt es sich, wollen die bestimmt mal raus. Und ich lass die nicht eher raus, bis sie mir ein paar unwesentliche Fragen beantwortet haben.
Eine kluge Strategie, denn soeben verlassen die Herren das Bad, wobei das Personal gerade noch den Satz: „Ich komm dann am Freitag und stemm die Wand auf.“ mitkriegt. Das Personal stemmt daraufhin seine vom Radfahren gestählte Wade auf die im Flur herum stehende Kommode und verlangt, dass jetzt erstmal die Bautrockner für ein paar Minuten zum Schweigen gebracht werden, damit es auch mal Gehör findet. Nach einem kurzen Moment der Verwirrung angesichts des plötzlich aufgetauchten Hindernisses (ach ja, die Mieterin, stimmt, die wohnt ja auch noch hier, was will die denn jetzt, wir haben doch schon alles besprochen) kommt man der Aufforderung nach. In die einsetzende Stille hinein erklärt das Personal, dass am Freitag nicht die Wand aufgestemmt werde, weil es nicht möchte, dass in seiner Abwesenheit Wände aufgestemmt werden. Wenn schon Wände aufgestemmt werden, dann nach Absprache und nachdem es geklärt hat, ob es ein paar Tage Urlaub haben kann, um das Aufstemmen zu beobachten.
Zeitgleich wird aus der Küche ein scharrendes Geräusch vernehmbar. Das Geräusch lenkt die Herren ab und verstärkt die Verwirrung. Das Personal stellt zusätzliche überzogene Forderungen: Es möchte über Art, Beginn und Dauer der geplanten Maßnahmen informiert werden. Das Scharren wird lauter und energischer. Das Personal auch. Die Herren schauen unbehaglich drein. Irgendwie scheint die Mieterin schlechte Laune zu haben. Es scheint aber nicht angeraten, sie zu fragen, ob sie ihre Tage hat. Stattdessen beeilt man sich, Verständnis zu zeigen. Es sei ja auch echt alles ganz schön blöd, erklärt der Sanitärinstallateur. Der Vermieter geht sogar so weit, die Lage als total blöd einzustufen. Das Personal nimmt die Wade von der Kommode und macht den Weg frei. Es hat immer noch schlechte Laune. Dass das alles blöd ist, damit braucht man es nicht vollzulabern, findet es, zu dieser intellektuellen Glanzleistung der Erkenntnisfähigkeit ist es grade noch selbst imstande. Die sollen jetzt gehen.
Sie gehen aber nicht, sondern stammeln weiter rum, was das Personal noch mehr in Harnisch bringt. Unterdessen erreicht das Scharren aus der Küche seinen akustischen Höhepunkt und hört dann abrupt auf. Die Herren stammeln. Das Personal fängt an zu grinsen und macht schon mal die Tür frei. Es ist sich ziemlich sicher, dass das Stammeln gleich aufhört und die Herren es dann ziemlich eilig haben werden.
Man könne ja auch Montag, das sei ja alles kein Problem, und es sei ja auch wirklich so richtig blöd, aber es könne ja auch keiner was dafür, und dann ist Teil zwei der Guerilla-Taktik in der Küche vollendet und wabert unheilvoll den Flur entlang. Das Personal macht schon mal die Tür auf. Es kennt seinen Flori und dessen Darmflora. Was Flori auf dem Katzenklo treibt, das verstößt schon gegen die Genfer Konventionen zum Einsatz von Biowaffen.
Ziemlich schlagartig verstummt das Gestammel. Mit einem Mal können sich die Herren gar nicht schnell genug verabschieden. Hart gesotten schließt das Personal die Tür, geht in die verpestete Küche und schließt Che Gewaber in die Arme.
Und am Montag gibt’s zum Frühstück Hülsenfrüchte für alle. Revolution, bébé!
Stinken für die Freiheit