@Mietzis Tante: Du musst noch viiiieeel lernen.
😀 Es geht nicht darum, dass jeder sein Bettchen auf dem Highboard hat. Sondern darum, wer die Herrschaft über DIESES Bettchen erringen kann!
Nicht nur das Leben prüft einen, zum Beispiel indem es einen mit Handwerkern, Grippeviren und Katzenpersönlichkeiten reich beschenkt und so den Menschen unablässig charakterlich formt und bildet und an seinen mannigfaltigen Herausforderungen wachsen und reifen lässt. Auch die IHK besteht darauf, dass, wer sich Industriekauffrau nennen möchte, vorher eine Prüfung ablegen müsse. Da lässt die IHK nicht mit sich reden. Man muss drei Stunden lang in einer stickigen, vom Angstschweiß der etwa hundert Mitprüflinge gesättigten Halle Fragen beantworten wie: Nennen und erläutern Sie neben der Absatzwerbung drei weitere Marketing-Instrumente! Oder: Nennen Sie vier Sachverhalte, die Sie bei der Ermittlung des Mindestbestandes zu berücksichtigen haben! Ganz schrecklich ist das. Und man darf dann auch nicht zur Wettbewerbsanalyse abschweifen und sagen, man habe den Innenminister zum Benchmarker erkoren und möchte die Antwort auf die gestellten Fragen aus Rücksichtnahme auf eine mögliche Verunsicherung des Prüfers verweigern. Das lässt die IHK nicht gelten, was ich ganz schön ungerecht und auch irgendwie sehr undemokratisch finde.
Sehr nervös, mit zittrigen Händen und Lillys Stoffmaus als Maskottchen fahre ich am ersten Tag zur Prüfung im Fach „Geschäftsprozesse.“ Es gelingt mir, immerhin zu jeder Frage eine Antwort hinzukrakeln, die vielleicht nicht den Prüfer, aber in jedem Falle mich verunsichert. Nach drei Stunden tut mein Nacken weh, mir ist übel, und als ich aufstehe, kippe ich fast aus den Latschen. Auf dem Weg zum Parkplatz fallen mir die ersten Fehler ein. Mir wird noch übler, und ich mache mir große Sorgen.
Eine prima Strategie, wenn man sich Sorgen macht, ist, sich einfach mit noch größeren Problemen zu konfrontieren. Während ich über Mindestbeständen und Marketing-Instrumenten geschwitzt habe, hat die Türkei einen russischen Kampfbomber abgeschossen, meldet das Autoradio, kaum dass ich meine Elli röchelnd zum Leben erweckt habe. Ich bin ja grundsätzlich ein eher feiger Mensch. Ich finde immer, man soll einfach keine schrillen Geräusche machen, wenn das die Katze aufregt, und man macht auch besser keine Flugzeuge von Leuten kaputt, die Atombomben und einen finsteren Charakter haben. Schlagartig habe ich die Geschäftsprozesse vergessen und fürchte mich stattdessen vor der Apokalypse.
Zuhause haben die Kater mal wieder die Mülltonne geplündert und den Müll rings um den Küchentisch verteilt. Ich vergesse die Apokalypse und zetere herum, dass der Schuldige sich umgehend stellen solle, damit ich ihn erwürgen kann. Ob man nicht mal an sensiblen Tagen wie dem heutigen auf meinen desolaten Zustand Rücksicht nehmen könne. Die Kater gucken verschlafen von ihren Schlafplätzen, strecken sich und waten durch die Müllflut, um sich gähnend vor den Futtertellern niederzulassen. Offensichtlich ist es nicht möglich, an sensiblen Tagen Rücksicht auf meinen desolaten Zustand zu nehmen. Resignierend fülle ich die Teller, räume die Küche auf und pflanze mich vor den Fernseher, um zu gucken, was die NATO jetzt macht und ob ich mir vielleicht morgen schon die Prüfungen „Wirtschaft und Sozialkunde“ und „Kaufmännische Steuerung und Kontrolle“ sparen kann.
Die NATO denkt, was vermutlich auch Lilly stets gedacht hat, wenn Fritz und Flori sich wegen einer Spielmaus oder einer erlegten Spinne gezofft haben: Meine Güte, was für ein Kindergarten! Der hat angefangen! – Nein, der hat angefangen! Zum Glück hat sich die NATO aber nicht wie Lilly mit lautem Geschrei auf die Kontrahenten gestürzt, um sie ihrerseits zu ohrfeigen, sondern dazu gemahnt, man solle sich die Hand geben und sich gefälligst wieder vertragen.
So muss ich doch noch am anderen Tag zur nächsten Prüfung ausrücken. Da die erst mittags anfängt, bleibt mir noch Zeit genug, Formeln und Übungsbögen ein weiteres Mal durchzugehen und mich davon zu überzeugen, dass ich alles schon wieder vergessen habe, den Lagerzinssatz nie begreifen und ganz bestimmt durchfallen werde. Mein Schreibtisch sieht aus, als habe ein Tornado gewütet, ich bin vor lauter Prüfungsangst nicht zum Putzen gekommen, und die Kater haben mit meiner Nuss-Frucht-Mischung Tischfußball gespielt. Während ich schlottere und meinen Versagensängsten Ausdruck verleihe, liegen sie schon wieder auf ihren Schlafplätzen und werfen mir hin und wieder missbilligende Blicke zu. Musst du hier so’ne Hektik verbreiten? Kannst du nicht irgendwas putzen? Am besten den Hausflur oder dein Fahrrad?
Ja, Katzen sind sehr sensible Tiere, die mit feinen Antennen jede Stimmungsschwankung ihres Menschen aufzufangen im Stande sind. Sie merken das sofort, wenn es einem schlecht geht. Und dann lassen sie sich gleich was Drolliges einfallen, um einen abzulenken.
Zum Beispiel das Eimerchen umkippen, in das ich bis zur endgültigen Entsorgung in der Mülltonne alles reinschaufele, was ich vorher aus dem Katzenklo raus geschaufelt habe. Das lässt einen dann auch gleich wieder das Sorten- und Devisenkurs-Dilemma aus der WiSo-Prüfung vergessen, sobald man daheim den Flur betritt.
😡
Prüfungsstress? Laaaaaaangweilig!
Na und? Andere hatten noch größere Stofftiere dabei!!!
Ein kleiner Hinweis, damit sich niemand Sorgen machen muss: Sollte hier eines Sonntags mal unerwarteterweise keine Geschichte auftauchen, liegt das zu 99,99% an der Hardware - der in die Jahre gekommene Schlepptopp fordert mich in letzter Zeit häufig zur Gewalttätigkeit gegen seine phlegmatische Art heraus.