Aber ich denke, es gibt auch viele Katzen, die irgendwann doch wieder auf der Wiese Schmetterlinge jagen möchten😉.
Oder gerne theoretisch würden - das ist immer so ein Punkt, den ich gerade bei jungen Katzen, die draußen geboren sind, schwierig finde, der sich aber kaum vermeiden lässt. Als Beispiel: Runa, die ich gerade vermittle, ist so ein Fall, wild geboren, recht sorglos im Familienverbund aufgewachsen, dann früh in Menschenobhut gekommen, sehr anhänglich, arrangiert sich gut mit der Wohnungshaltung, genießt es aber auch draußen zu sein. Theoretisch wäre sie tauglich für die reine Wohnungshaltung mit Balkon. Aber ihr die Möglichkeiten draußen für ein ganzes Leben lang wegnehmen?
Solche Kitten gibt es ja sehr viele im Tierschutz und grundsätzlich ist es schon meistens so, dass alle, die sich mit Wohnungshaltung arrangieren können, auch in Wohnungshaltung vermittelt werden, weil es einfach zu wenig gute Freigängerplätze gibt. Was auch sonst?
Ich selbst vermittle alle Katzen auch in Freigang (eben je nach Lage und den Erfahrungen der Katze) und die Katzen, die ich auf Dauer glücklich in der Wohnung sehe, können auch in anspruchsvolle Wohnungshaltung vermittelt werden. Aber ich habe es auch schon erlebt, dass ein Pflegling, den ich von der Straße geholt, gepäppelt, versorgt, ins Herz geschlossen und in ein tolles Zuhause mit paradiesischen Freigangsmöglichkeiten vermittelt habe - nach ein paar Monaten verschwunden war und bis heute nicht mehr aufgetaucht ist. Das ist Freigangsrisiko und da muss man die Sorgen und Zweifel auch aushalten können.
Andererseits ist Freigang auch nicht für jede Katze furchtbar wichtig. Ich hatte einen Pflegling, bei dem habe ich ein tolles Freigängerzuhause ausgeschlagen, weil ich die Vermutung hatte, dass meine Pflegekatze dort als eher-Stubenhocker recht einsam in der Bude hocken würde, während die andere Katze viel draußen ist. Unter diesen individuellen Voraussetzungen bei dieser Katze war es dann besser, sie kam zu sozialen Artgenossen, wo der Schwerpunkt nicht auf dem Freigang liegt.
Solche Entscheidungen sind aber nicht leicht und die müssen auch so kommuniziert werden, dass sich die Interessenten nicht völlig vor den Kopf gestoßen fühlen.
D.h. ich kann tun und lassen mit der Katze was ich will....da kann sich der Verein auf die Füsse stellen und mit dem Kopf wackeln...
Ich finde diese "ällerbätsch, trallalla" - Einstellung (bei mir kommt es jedenfalls so an) aus meiner Perspektive als Vermittlerin nicht angemessen und ich bin froh, dass die Adoptanten meiner Pfleglinge mich als Fürsprecherin der Katzen wahrnehmen und nicht als ein lästiges Kontrollorgan, dem man eine lange Nase drehen will, sobald man kann. Ich investiere nicht nur Zeit und Geld in meine Pfleglinge, sondern auch eine enge Bindung. Sobald die Katze in meinen Händen, im Transportkorb oder in der Falle ist (oder ich sie nur als verschwommenen Blitz über ein Gelände huschen sehe), ist sie ein Stück weit "meine", auch wenn ich sie später vermittle.
Üblicherweise mache ich mir viele Gedanken darüber, in welchem Zuhause sie individuell gut aufgehoben sein könnte, was zu ihr passt und bespreche das mit den Interessenten und die Interessenten erzählen mir, was sie für Vorstellungen haben.
Das hat den Vorteil, dass die Interessenten eine Katze bekommen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu ihnen, den anderen Katzen und ihren Lebensumständen passt. Ich kann dann auch gut loslassen, weil ich meine Pfleglinge zu engagierten, bedürfnisorientierten Menschen gebe und wenn sie dann Dinge anders machen als ich, sie aber für die Katze passen - kein Ding.
Ich hätte aber schlaflose Nächte, wenn die Interessenten mich bewusst und geplant hintergehen, frei nach dem Motto "ich kann mit der Katze machen was ich will, ist ja meine". Wenn bei diesen Entscheidungen nicht die Katze im Vordergrund steht, weil sich Lebensbedingungen stark zu ihren Ungunsten ändern und die Katze unglücklich ist, dann wünsche ich mir - und bisher hat das immer geklappt! -, dass die Adoptanten auf mich zukommen und ich sie bei der Lösungsfindung unterstütze. Die Katzen haben auch die Möglichkeit zu mir zurückzukommen, falls alle Stricke reißen - dazu gehört andersrum auch, dass ich beim neuen Zuhause ein Mitsprache- und auch Veto-Recht habe. Ich möchte meine ehemaligen Pfleglinge nicht herumgereicht sehen, möchte nicht, dass soziale Pärchen in der Not getrennt werden, dass Freigänger doch in die Wohnung vermittelt werden, weil es schnell gehen muss etc.
Vor kurzem sind auf diese Weise zwei vor mehreren Jahren vermittelte Pfleglinge zu mir zurückgekommen. Der Adoptant und ich haben gemeinsam in vielen Gesprächen die verschiedene Lösungswege durchgedacht, für die Katzen und für den Adoptanten. Denn wenn es gut läuft, sind Adoptanten und Vermittler keine Feinde, sondern Verbündete, denen es um das Wohl der Katze geht.