Ich finde das ein sehr wichtiges Thema. Ich habe daher mal nach Zahlen geschaut, um mein Empfinden (Thema ist wichtig) zu hinterfragen, und der erste Link war eine Statistik aus 2019 - die Zahlen dürften zwischenzeitlich also gestiegen sein.
2019 lebten in deutschen Haushalten 14.800.000 Katzen und 9.400.000 Hunde. Wenn wir jetzt also davon ausgehen, dass 14,8 Mio Katzen ca. 300 gr. pro Tag im Schnitt futtern, wären das 4,4 Mio Kilo Fleisch. Das durchschnittliche Schlachtgewicht von Rindern in deutschen Schlachthöfen beträgt im Jahr 2020 rund 332,6 Kilogramm. Ergo kommen wir auf 13.349 Rinder, die rein für die Katzen geschlachtet werden müssten (klar, basiert auf der Annahme, Katzenfutter bestünde nur aus Rind, was es nicht tut. Es geht hier aber nur um eine Größenordnung.) Mastbullen, um noch eine Zahl drauf zu werfen, sind lt. Google im Alter von 18 bis 20 Monate schlachtreif.
Ist es richtig, sich Gedanken zu machen, wie rund 13,5 Tausend Rinder 18 bis 20 Monate lang leben? Ich für mich kann das immer noch mit Ja beantworten.
Ich für mich - wirklich nur für mich - würde auch nicht glücklich damit, diese Zahlen noch zusätzlich zu erhöhen, indem ich einen Züchter ermuntere, fleißig weiter zu züchten, weil ich seine Zuchtergebnisse kaufe. Das ist so der erste Schluss, den ich daraus ziehe.
Nun überlege ich für mich mal weiter, ob ich denn einem Streuner ein Zuhause geben möchte. Ja klar möchte ich das, schreit das Herz sofort. Aber der Streuner ernährt sich heute von dem, was er so findet. Ergo vernichtet er Mäuse, schnappt ein paar Jungvögel vielleicht vom Baum, oder ein paar Eier aus einem Nest, wühlt zumeist wohl nur im Abfall. Wenn ich den aufnehme, wird er ab sofort natürlich hochwertig ernährt, ergo trägt er wieder zu den Massen an Rindern in engen Ställen bei, was er vorher nicht tat. Tu ich ein gutes Werk? Aus Sicht des Streuners sicherlich, aus Sicht des Rindes wohl eher weniger. Die Vögel, die er vorher naschte, wird er vermutlich weiter umbringen, wenn ich ihn denn in den Freigang lasse, nur halt nicht mehr fressen.... lausiger Gedanke 🙂
Das führt dann auch ganz unfreiwillig zu dem Punkt, an dem man hinterfragen kann, ob der Tierschützer, der eine Katze irgendwo eintütet, damit die nicht ein ganz so erbärmliches Straßenleben führen muss, wirklich ein Tierschützer ist - ist er nämlich nicht; er ist ein Katzenschützer und andere Tiere bleiben aufgrund seiner Aktion auf der Strecke. s.o. Sollte die Katze also lieber weiter auf der Straße leben, vermutlich aufgrund der Tatsache dann auch gar nicht so alt werden, wie in Gefangenschaft mit tierärztlicher Betreuung, und somit also insgesamt auch noch weniger Futter verbrauchen? Nein, das wäre eine echt traurige Ableitung, die man aus solchen Zahlen herleiten kann. Aber wäre es wünschenswert, dass sich der Katzenhalter/ Katzenschützer darüber Gedanken macht, wie er ethisch das bestmögliche für beide Seiten der Nahrungskette herausholen kann? Ja, und zwar genau so weit, wie das die Möglichkeit des Einzelnen hergibt.
Und um nichts anderes geht es der TE doch hier - das für sich selbst zu hinterfragen und vielleicht dabei Anregungen von Außen zu erhalten, wie man es besser machen könnte. Nicht jeder Katzenhalter kann sich Bio leisten, nicht jeder Katzenhalter ist in der Lage, eine Katze gescheit mit Barf zu ernähren. Aber jeder sollte sich jeden Tag wieder klar machen, was Katzennahrung ist - nämlich ein anderes Lebewesen, das der Katze nicht unterzuordnen ist, genauso wenig, wie ein Lebewesen dem Mensch unterzuordnen wäre. Letzteres ist aber wieder eine absolut persönlich eingefärbte Meinung, keine Tatsache.
Und die Frage, die hier gestellt wird, ist eine Frage wie tausend andere: Es geht um Moral. Und es ist auch nichts Neues, dass ein gutes Moralverhalten auch oft an die finanziellen Bedingungen gebunden ist. Ein großes Unternehmen leistet es sich halt den CO2-Ausgleich zu kaufen, der kleine Arbeitslose von Gegenüber hat die Möglichkeit nicht. Ein reicher Katzenhalter kauft Bio ohne einen Gedanken zu verschwenden, der kleine Arbeitslose kann sich das Bio-Katzenfutter eben nicht leisten. Ist der kleine Arbeitslose nun zu verurteilen? Wäre höchst unmoralisch, oder? 🙂 Es gibt also nicht Weiß oder Schwarz, es liegt aber an jedem Einzelnen, seinen Moralspielraum zu entdecken und auszunutzen.
Ich danke Dir für die Anregung, Hagebutti - man möge mir verzeihen, dass ich nochmal auf den Anfang der Diskussion zurück geschweift bin.