Hallo Dennis,
ich finde es toll von dir, dass du dich hier nochmal meldest. Das du die Beiträge der User erstmal sacken lassen musstest kann ich nachvollziehen. Gut, dass du dich weitergehend informiert hast. Auf ein paar Punkte deines Beitrages möchte ich allerdings eingehen, denn teilweise fehlen dir aber noch Informationen.
Zum Thema Einzelhaltung von Katzen hat in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden. Es war sehr lange herrschende Meinung, dass Katzen Einzelgänger sind. Darauf basieren auch häufig noch die Empfehlungen, z.B. von Tierärzten. Da du ja bemängelt hast, dass allgemeine Aussagen nicht belegt werden, hier mal ein persönliches Beispiel.
Bei meinen Eltern lebt mein Kater Shadow, er ist inzwischen 12 Jahre alt. Er kam im Alter von 8 Wochen zu uns, wurde lange Zeit als Einzelkater gehalten. Kurzum, wir haben genau die selben Fehler gemacht, die du auch vor hast. Unser Kater war nie offensichtlich verhaltensauffällig, er hat nicht wildgepinkelt, nichts kaputt gemacht, er war einfach lieb. Ich habe heute aber den Vergleich zu drei Kitten, die hier gemeinsam aufgewachsen sind. Zum einen war Shadow deutlich ruhiger und inaktiver, hat schon in seinem ersten Lebensjahr wesentlich mehr geschlafen. Ist auch irgendwo logisch, was sollte er denn auch sonst tun?
Er hatte immer viel Gesellschaft, aber die arttypische Interaktion zwischen Katzen, gemeinsam Schlafen, Ohren Putzen, ja sogar das Spielen sind einfach anders. Das kann ein Mensch nicht ersetzten. So wie Kitten miteinander raufen und fangen spielen, kannst du als Mensch nicht agieren (und bevor mir jetzt vorgeworfen wird, Aussagen ohne Belege oder Erfahrungsberichte in den Raum zu stellen, beobachte mal die kleinen Kätzchen im Wurf in der Gruppe oder schau dir auf Youtube Videos von Katzenkindern an, wie sie raufen, fangen spielen, blitzschnell wechseln und dann gemeinsam einschlafen). Du kannst lediglich Ersatzverhalten anbieten. Bei Shadow hat man dann gesehen, was die Einzelhaltung aus ihm gemacht hat, als nach sieben Jahren ein weiterer Kater einzog. Shadow hat keine Katzensprache mehr verstanden. Er hat nicht verstanden, dass der andere Kater ihn mit seinem Knurren auf Abstand halten will. Er hat nicht verstanden, wann es genug ist und hat den Kater teilweise übel gejagt. Nun kann man natürlich sagen, dass er in dem Fall ohne Gesellschaft ja ein gutes Leben hatte und er eben nicht mehr vergesellschaftet werden kann. Kann er auch nicht, aber nur weil wir ihn dazu gemacht haben. Weil wir ihm diese Möglichkeit genommen haben. Wenn ich heute meine drei Jungspunde hier sehe, die jetzt etwas über ein Jahr alt sind, dann tut es mir manchmal im Herzen weh und ich muss an Shadow denken. Die drei wachsen ganz anders auf und diese Möglichkeit hab ich ihm genommen. Das sind Dinge, die kann man vielleicht auch erst begreifen, wenn man es mal gesehen hat. Auf den ersten Blick spielt die Einzelkatze halt mit dem Menschen und die mit Gesellschaft eben mit der anderen Katze. Das arttypische Verhalten aber, das bleibt beim Kontakt mit dem Menschen auf der Strecke. Wir sind keine Katzen und wir können das auch nicht imitieren.
Dass die Züchterin der Sphynx-Katzen eine andere Auffassung zum Thema Qualzucht hat ist nicht verwunderlich. Wer lässt sich schon gerne der Tierquälerei bezichtigen?
😉 Auch hier hast du ja Antworten einer Züchterin bekommen, die in diese Richtung gehen. Was hat die von dir kontaktierte Züchterin denn dazu gesagt, dass die Katze auf deinem Foto keine funktionsfähigen Vibrissen hat? Ist das ihrer Meinung in Ordnung? Mag sein, dass sie das so sieht. Das Gesetz und die Gerichte sehen es aber anders. Ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichtes dazu habe ich dir angehängt. Mit dem auf Seite 2 erwähnten Gutachten zur Auslegung von §11b des Tierschutzgesetzes (Verbot von Qualzüchtungen) solltest du dich einmal auseinandersetzen. Ich zitiere mal einen Abschnitt:
"Tasthaare sind ein wesentliches Sinnesorgan für die Katze. Ihnen kommt vor allem im Dunkeln zur Orientierung Bedeutung bei, aber auch beim Fangen und Abtasten der Beute, beim Untersuchen von Gegenständen und bei der Aufnahme sozialer Kontakte. Wenn sie fehlen bzw. so umgestaltet sind, dass ihre Funktion verloren geht, ist das als Körperschaden zu bewerten, der die Katze in ihrer Fähigkeit zu arttypischem Verhalten so einschränkt, dass dies zu andauerndem Leiden führt."
Bei der Bundestierärztekammer läuft gerade eine Kampagne gegen Qualzuchten,
hier mal die Poster dazu. Seite 2 😉
Das man so etwas nicht unterstützen soll sehe ich genau so, allerdings ist der kleine Kater jetzt auf der Welt und das lässt sich nicht mehr ändern.
Das du diesen Weg so gehen möchtest, ist deine Entscheidung. Aber du machst damit genau das, was du ja eigentlich nicht möchtest. Du unterstützt einen Vermehrer, der gegen das Tierschutzgesetz verstößt (siehe Urteil + Gutachten oben). Sinnvoller wäre es hier gewesen nach einer Sphynx aus dem Tierschutz oder zweiter Hand zu schauen, aber das möchtest du nicht. Bitte überleg dir wenigstens die Anzeige beim Vetamt. Siehe Urteil, manchmal passiert eben doch was. Wenn alle nur wegschauen, kann aber nichts passieren.
Die Kastration ist trotz Wohnungshaltung und Einzelhaltung notwendig. Hast du dazu auch die Meinung der Tierärzte eingeholt? Bei Hunden ist man davon ab pauschal zu kastrieren, aber Katzen sind nunmal keine kleinen Hunde. Potente Tiere haben einen Sexualtrieb, den sie ausleben wollen (wollen nicht im Sinne von freier Wille, sondern ihr Hormonhaushalt gibt es ihnen vor) aber nicht können. Das ist Stress pur. Potente Kater markieren zudem ihr Revier, ein völlig natürliches Verhalten. Nur nicht so schön für den Menschen, denn es stinkt abartig. Hat der Kater erstmal das Markieren angefangen, kann man ihm das nicht immer durch eine Kastration wieder "abgewöhnen". Eine potente Katze wird rollig, und jeder der das mal erlebt hat weiß, dass das kein Spaß ist. Weder für Mensch, noch Tier.
Insgesamt musst du dir bei der Tierhaltung immer überlegen, wo du hinmöchtest. Möchtest du dich am Optimum *für dein Tier* orientieren? Oder an der breiten Masse? Nur weil viele Menschen ihre Tiere falsch halten, macht es das nicht richtig. Du hast hier viel an die Hand bekommen, um es selbst besser zu machen. Um deiner Katze ein besseres Leben zu bereiten, um nicht die selben Fehler nochmal zu machen, die wir teilweise selbst gemacht haben. Sicher kann man nun argumentieren, dass wahrscheinlich viele User hier in den vielen Jahren, die sie Katzen halten, mal ein Kitten alleine und zu früh von Mama weg gehalten haben und es dir deshalb auch zusteht Fehler zu machen. Das Problem ist nur, dass dahinter ein Tier steht, das darunter leidet. Bitte überdenkt daher speziell den Punkt Einzelhaltung nochmal, wie du das ja auch in deinem Beitrag angesprochen hast. Was spricht gegen eine zweite Katze?
Viele Grüße,