Tag 18 – Ein Rückblick
Moin!
Für uns Raubtiere ist es zur Zeit mal abwechselnd ruhig, und dann wieder turbulent. Wir jagen uns, fegen dem anderen eine und lassen auch mal Fünfe gerade sein. Aber nur bisschen.
Wir sind Neophobiker, wir verabscheuen Neues. Neues gibt es aber: Wenn wir zuhauen, sitzen wir unversehens im Bad. Das ist jetzt sehr ungünstig, wo wir doch gerade so viel Spaß hatten. Und weil wir deshalb besonders stinkig sind, hauen wir gleich nochmal zu, und sitzen sofort wieder im Bad. Hm. Komisch. War gestern auch schon so. Gibt’s da vielleicht einen Zusammenhang?
Ebenfalls neu: Der komische Typ sprüht uns keine stinkenden Substanzen mehr auf den Hintern, auch was wert, und das Frühstück hat keinen komischen Nachgeschmack mehr… Eben hatte er so eine kleine Tube in der Hand, die hat er gestern schon für das komische Ding benutzt, das beim Schrankabstieg abgebrochen ist, und hat uns nachdenklich angesehen... dann hat er's aber wieder weggepackt, er sah dabei fast so aus, als schämte er sich. Ich glaube, er hat aufgegeben...
...Perspektivwechsel...
Bei uns Zweibeinern indes laufen die Hirne auf Hochtouren. Freundliche Tipps werden umgesetzt, freundliche Telefonate mit freundlichen Menschen werden geführt und freundliche Pläne zum Wohl der nicht ganz so freundlichen Katzen werden geschmiedet. Wär‘ doch gelacht, wenn wir euch nicht irgendwie beikommen…
Und so kommt man ins Grübeln…
Nun ist es auch schon 2 1/2 Wochen her, dass Mimi bei uns eingezogen ist. Eigentlich ist sie recht schnell angekommen und hat sich von Anfang an ganz frei und fröhlich bewegt hier im Haus.
Tja, wenn da nicht Lilly wäre… Sie kann es einfach nicht lassen und steigt Mimi ständig hinterher, belagert Ausgänge oder springt sie auch mal von hinten an. Nach Baader-Meinhoff hat der Anarchismus wieder ein Gesicht in Deutschland.
Mimi ist, Lilly in der Nähe vermutend, jetzt eher vorsichtig unterwegs, ständig auf der Hut. Es ist schade, zu sehen, wie sie ausgelassen mit ihrer Lieblings-Kastanie spielt und auf einmal kommt Lilly angefetzt und haut dazwischen… Insgeheim warte ich auf den Tag, an dem sie Mimi versohlt und dann gleich freiwillig in’s Bad läuft und sich auf den Teppich dort setzt… wie wir’s gelernt haben…
Wir können bislang beim besten Willen nicht feststellen, dass sich das Verhältnis der beiden, trotz Zylkene und Felifriend, bessert. Jetzt setzen wir auf Bachblüten. Meine bisherige Ungläubigkeit ist nach einem Gespräch mit einer Expertin gestern gespanntem Interesse gewichen.
Geduld.
Ankommen: Lilly’s Ankunft liegt 3 Monate zurück. Bevor wir sie mitgenommen haben, hatte ich hier schon mal ein bisschen quergelesen. An der Aktion war schließlich meine Frau beteiligt, und da kann man nie wissen… Der Plan an sich war simpel, wir fahren nur mal hin und gucken uns das Mäuschen an.
Der Transportkorb, den unsere Bekannten rein zufällig mitgebracht hatten, stand dann fertig befüllt schneller in unserem Auto, als ich in der Lage gewesen wäre, eine vernünftige Unterhaltung zu diesem Sachverhalt mit meiner Frau zu beginnen. Nicht, dass ich etwas dagegen gehabt hätte. Die Augen der zerzauselten und abgemagerten Miez haben es uns beiden sofort angetan.
Zuhause angekommen, wird die zu diesem Zeitpunkt noch namenlose Katze unserer Tochter vorgestellt, die daraufhin sofort beginnt, sich mit der Namenswahl zu beschäftigen. Wir öffnen vorsichtig den Transportkorb, während ich Lara die Grundregeln erkläre, die ich bei meiner Lektüre hier gelernt habe: Die Katze hat Angst, alles ist neu für sie, lass‘ sie erstmal in Ruhe ankommen, die werden wir die erste Zeit kaum zu Gesicht bekommen, das Übliche halt.
Der wilde Neuankömmling, der laut Forum erst einmal eingeschüchtert unter dem Sofa sitzen sollte, rennt indes völlig unbeeindruckt durch’s Haus, knurrt und faucht uns an und drischt auf unsere Füße ein, wo’s nur geht. Lara schaut mich fassungslos an, wegen dem Unfug, den ich da gerade erzählt habe und ich steh‘ da wie der Depp. Hätt' ich wohl mehr als einen Beitrag dazu lesen sollen...
Nach einer Stunde ist der Name gefunden, Lilly soll sie heißen, findet Lara. Meine Frau stimmt zu und ich habe verloren. Alle Vorschläge meinerseits werden von ihr und Lara abgelehnt. Gegenwehr sinnlos, wenn sie sich einig sind, habe ich nicht den Hauch einer Chance. Ich kenne das schon.
Was mich hier wohl erwartet?
Die ersten zwei Wochen sehen wir alle drei aus, als hätten wir mit einem Ball aus Stacheldraht Fangen gespielt. Täglich. Lilly mag mich anfangs überhaupt nicht und lässt sich nur von meiner Frau und Lara streicheln. Mir schmerzen abends die Augen von der ganzen Blinzelei. Augenlidrandmuskelkater, wahrscheinlich.
Mit der Zeit wird Lilly ruhiger, wir kriegen zwar immer noch bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit eine gewatscht, aber auf einmal bleiben die Krallen `drin. Irgendwann werden auch die Watschen weniger. Wir werden vorsichtig Freunde, so langsam.
Also lese ich hier weiter, um herauszufinden, ob ich da irgendwas falsch verstanden habe und warum unser Wildling nicht unterm Sofa saß, warum man Katzen kastrieren lassen sollte und was sie anstellen, wenn sie aus der Narkose erwachen und viele andere interessante Sachen. Und ich finde heraus, dass Lilly vermutlich unglücklich sein wird, wenn sie alleine bleibt. Was dann unweigerlich zu Mimi führt.
Und jetzt das… Lilly, spontan zum Stinklurch mutiert.
We're patient. As hell.
Wir bleiben am Ball.
Gruß, der Sepp