Tag 176 bis 182 – Mimi, der Eroberer
Moin!
Uns geht es allen bestens, alles gut, danke der Nachfrage und auch für Eure Geduld, ich bin nur spontan 4 Tage unterwegs gewesen, letzte Woche, und erst am Samstag zurück gekommen, dorthin, wo Berge von Arbeit auf mich warten…
Auch dieses Buch wird dann sofort von mir geordert!!!
Ein 30 Jahre alter Bäcker aus dem Harz hat auf dem Flensburger Verkehrssünderkonto eine Rekordmenge an Punkten gesammelt. Der Mann sei in mehreren Fällen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu insgesamt 134 Punkten verurteilt worden, sagte ein Sprecher des Amtsgerichts Goslar. Zusätzlich dazu hat er noch einen Fußgänger umgefahren (15 Punkte) sowie neben einer Kirche gehupt – während des Gottesdienstes (1Punkt), so dass sich die Gesamtsumme nun auf stolze 150 Punkte beläuft.
Und was gibt es hier zu berichten? Es gibt einen ganz neuen Trend: Extremes Lieblingsplatz-Besetzing. Das Ganze hat eigentlich erst in diesem Jahr begonnen, und ich habe es zunächst Mimi’s zunehmender Frechheit, hervorgerufen durch Sonderbehandlungen, zugeschrieben. Muss aber irgendwie mehr dahinterstecken...
Hinter meinem Arbeitssessel im Wohnzimmer steht seit Anbeginn der Zeit, also der Katzen-Zeit, A.K., Anno Katz, sozusagen, ein geflochtenes Körbchen, der einst dem Pascha, dem längst verstorbenen Kater meiner Schwiegereltern, als Schlafplatz gedient hat und den wir nach Lilly’s Einzug neben vielen anderen Dingen vermacht bekommen haben.
Lilly hat sich sehr darüber gefreut, das war ganz spontan ihr absolut erster richtiger Lieblingsplatz hier im Haus, und wann immer wir fortan die Miez gesucht haben, konnten wir sie mit ziemlicher Sicherheit eingerollt in dem Körbchen finden. Der Vorteil an diesem Platz liegt vor allem darin, dass man von dort recht kommod, im Liegen, die gesamte Terrasse und den vorderen Garten überblicken kann, und so auch gewahr wird, wer sich so alles der Haustür nähert, womöglich neues Katzenspielzeug mitbringt oder zumindest in absehbarer Zeit eine ordentliche Dose aufreißen wird, man muss nur eben mal ganz entspannt ein Auge aufklappen. Ausserdem scheint die Sonne, wenn sie es denn tut, genau darauf, höchst angenehm.
Die Vorliebe für diesen Platz hat sie nie ganz verloren, selbst jetzt liegt sie hin und wieder noch gern darin. Mimi hingegen hat immer einen Bogen um den Korb gemacht, der ist Chef-Sache, da hat sie nichts verloren und deshalb ignoriert sie das Ding auch einfach.
Bis vor Kurzem, jedenfalls.
Bis Lilly irgendwann, nach dem Essen, an einem der seltenen Tage, an denen die Nachmittags-Sonne verführerisch auf ihren Korb scheint und dort zum Dösen einlädt, mir, der ich bereits wieder zwecks Broterwerb in meinem Sessel Platz genommen habe, schnurstracks in’s Wohnzimmer folgt, sich im Vorbeigehen kurz den Rücken kraulen lässt und dabei locker trabend den Kurs hinter meinen Sessel einschlägt.
Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie sie im Vorbeilaufen an meiner linken Seite auf einmal zu Eis erstarrt. Schneller Vorlauf Stufe 1 ohne Pause auf Standbild, frozen.
Ich schaue die Katze an, die Katze schaut mich an. Empört. Fassungslos. Der Blick drückt noch mehr aus, die ganze Struktur ihrer Welt ist aus den Fugen geraten, es liegt so viel Bestürzung in ihren Augen, dass ich nicht umhin kann, nach der Ursache zu forschen.
Es gibt, Lilly’s Ausdruck nach, nicht viele Möglichkeiten. Brennt der Korb? Ist dort, an des Korbes Stelle, vielleicht plötzlich ein großes, gähnendes Loch? Oder… Genau. Mimi liegt drin und reagiert überhaupt nicht, vielmehr schaut sie, sonnen-beschienen, genüsslich aus dem Fenster und putzt sich.
In solchen Situationen kommt Lilly regelmäßig und schlagartig der Kampfgeist abhanden. Die große, furchtlose Jägerin ist so verstört, dass sie tatenlos von dannen zieht. Würde es der Katzenart entsprechen, würde sie vermutlich den Kopf schütteln dabei, tut es aber nicht, also schlappt sie einfach so weg.
Bis zum nächsten Nachmittag, als sie beschließt, das Verdauungsschläfchen ganz oben auf dem Schrank zu halten. Dort bietet sich ihr dann folgender Anblick:
Und so geht es weiter. Der große Bastkorb, einst für den Transport zum Tierarzt missbraucht und, nachdem uns einige Mitleser deshalb ernsthaft in’s Gewissen geredet haben, fortan nur noch als gemütliche Kuschelhöhle (vom Chef!) genutzt: Unvermittelt besetzt, und der Auftritt war filmreif.
In diese Höhle zieht sich Lilly immer dann zurück, wenn das ganze Gekraule und Gestreichel von uns allmählich beginnt, ihr auf den Senkel zu gehen und sie irgendein Refugium sucht, wo sie sich, von zudringlichen Händen wirksam abgeschirmt, voll und ganz dem Studium ihrer selbst widmen kann.
Nun kennt sie den Weg dorthinein mittlerweile, wie alle anderen Wege bei uns im Haus auch, einigermaßen blind.
Samstag nachmittags hatte Lara Besuch, ihre Freundin war hier und die Katzen werden liebgehabt bis zum Abwinken, bis es ihnen langt, bis sie sich in alle erdenklichen Winkel verkrümeln, ich habe selbst schon Sorge, ob den beiden genügend Fell auf dem Rücken nachwächst. Jedenfalls treffen wir irgendwann alle im Wohnzimmer, wo der Bastkorb ebenfalls seinen Standort hat, aufeinander, und es ist Lilly anzusehen, dass sie so langsam gar keinen Bock mehr auf Gekuschel hat, lasst' mich bloß in Frieden, und nur noch ihre Ruhe haben will.
Da man 11-jährigen Mädels aber nicht so ohne Weiteres über den Weg trauen kann und sie daher am besten ständig im Auge behalten sollte, bis man einigermaßen sichere Gefilde erreicht hat, läuft Lilly nicht schnurstracks in ihren Korb, sondern marschiert eher seitlich darauf zu, den Leuten mit einer gewissen Affinität zur hohen Kunst der Geometrie hilft vielleicht der Hinweis, der Katzenkörper sei quasi parallel verschoben worden, bis sie mit der den Mädchen abgewandten Seite an den Korb stößt, Augen immer noch bei Lara & Co., Kontakt herstellt, aha, wir sind da, dann flink umgedreht und zügig hineingehüpft…
Noch unterwegs, halb in der Luft, sozusagen, bemerkt sie ihren fatalen Irrtum und versucht, zu korrigieren, was sich nicht mehr korrigieren lässt, die Landung auf der Kollegin, die längst in der Höhle pennt, ist unvermeidbar, und der Tiger schießt unter üblen Verrenkungen entnervt wieder aus dem Korb heraus, in die Küche und klettert dort auf den Schrank, da kommt auch kein Kind hin.
Mimi, rüde geweckt und voller Unverständnis für den unerwarteten Überfall, schaut indes genervt aus der Öffnung, soll’n der Scheiß??!?!!
Nichts ist ewig sicher…
Gruß, der Sepp