Tag 183 bis 204 - Back on air
Moin!
Oh-ohhh. Jetzt habe ich doch ein ganz furchtbar schlechtes Gewissen, weil ihr euch solche Sorgen gemacht habt…
Die Hintergründe meiner langen Abwesenheit waren, wie ich Geli auf ihre freundliche PN, die mich Ende letzter Woche per Mail erreicht hat, bereits geantwortet habe, erst 4 Tage, die ich hier im Land unterwegs war, woraus dann eine spontane, fast 2-wöchige Reise durch Rumänien und Bulgarien entstanden ist.
Lustig, dort gibt’s jede Menge ganz furchtbar interessante Wodka-Sorten, lecker, denn sie mögen in Rumänien gerne Lammkeulen, stressig, weil wir kreuz und quer durch die Landschaft gefahren sind, und fruchtlos, weil sich aus der Nummer leider nicht das ergeben hat, was ich mir erhofft hatte. Dafür läuft’s mir jetzt hier gerade arbeitstechnisch richtig über, so dass ich fürchte, es wird noch eine ganze Weile dauern, bis ich meine Berichte wieder regelmäßiger werde verfassen können…
Aber, es geht natürlich weiter, und als eingefleischte Katzenliebhaber stellt für uns der Begriff „Geduld“ nicht nur ein schnödes Schlagwort dar, er ist vielmehr gelebte Realität, in Fleisch und Blut übergegangen, zum Wesenszug mutiert. Da kann uns kein anderer Haustierfreund das Wasser reichen. Fischzüchter warten nicht darauf, dass ihre Guppies aufhören, aufeinander einzudreschen. Nicht die, die ich kenne, jedenfalls.
Ach ja, Bücher… Hab‘ eben, beim Überfliegen der letzten Seiten, gelesen, dass da wer ein Buch haben möchte… Sobald ich etwas Zeit aufbringen kann, werde ich das natürlich erfassen und buchhalterisch zu würdigen wissen. Wenn’s zum Schreiben schon nicht reicht, kann man sie ja wenigstens zählen.
Ansonsten bin ich ja nicht nur von meiner Familie und meiner treuen Leserschaft getrennt gewesen, sondern musste auch auf das Kraulen von Katzenbäuchen sowie das freundliche Schnurren beim Einschlafen verzichten. Allerdings haben mich meine Frau und Lara bei unseren abendlichen Telefonaten auf dem Laufenden gehalten, was sich bei unseren Mädels während meiner Abwesenheit so alles abgespielt hat, und ein paarmal habe ich sie, dank Skype Video, auch gesehen, leider sind Hotels mit WLAN in den Gegenden, in denen ich mich herumgetrieben habe, noch eher die Ausnahme, so dass diese Gelegenheiten doch recht selten waren.
Meine Kamera hatte ich, einer im Nachhinein segensreichen Eingebung folgend, zuhause gelassen, wo sie von meiner Frau auch rege benutzt wurde, so dass es sogar einige recht nette Schnappschüsse zu bewundern gab, als ich zurück kam.
An dem Wochenende, bevor ich in östlicher Richtung aufgebrochen bin, habe ich sie aber noch selbst benutzt, am Samstag, um genau zu sein.
In der letzten Zeit hatte Mimi ja die Angewohnheit entwickelt, Lilly’s Lieblingsplätze zu annektieren, die das Ganze zunächst nur ungläubig zur Kenntnis genommen hat. Irgendwann hat’s dem Tiger wohl gedämmert, so geht’s nicht weiter, ich drück‘ mich auf den Teppich, während die Kollegin sich da oben auf meiner Decke herumlümmelt wie hingegossen…
So schafft sie kurzentschlossen Abhilfe.
Wird das nun womöglich zum Dauerzustand?
Am Sonntag sieht’s jedenfalls nicht danach aus, sie gehen sich aus dem Weg, wie gehabt, nicht feindlich, sich eher ignorierend, und so reise ich mit dem Status ab, der mir nun bereits seit 204 Tagen wohlvertraut ist, es sind eben 2 kleine Zicklein daheim.
Ein paar Tage danach ruft mich Lara abends aufgeregt an, es ist super, du wirst es nicht glauben, sie tun es wieder, gerade jetzt, oh Mann, im Moment, erst die eine, dann die andere, kannst du dir das vorstellen, deswegen ruft sie mich auch gleich an, und es ist so schön, Mama hat die Kamera, richtig toll, es ist entspannt und ganz lieb ebenfalls.
…?...
In Momenten, in denen man den Kopf mit ganz anderen Sachen voll hat, lassen sich derart bruchstückhafte Informationen nicht immer gleich auf Anhieb zu einem sinnhaften Gesamtbild zusammensetzen, und so bekomme ich den Hintergrund erst von meiner Frau erklärt, die kurz danach an den Hörer kommt, sie spricht vor allem etwas langsamer und sinnbetont: Beide Miezen liegen wieder auf dem Schrank, nahe beieinander, näher als vorher, alles ist friedlich und es gibt bereits ein Foto davon.
Die fotografischen Fähigkeiten meiner Frau beeindrucken mich jetzt gewaltig, sie schneidet sonst, in der Regel, eigentlich lieber die Köpfe ihrer Motive ab und hält den technisch bedingten kurzen Augenblick bis zum eigentlichen Scharfstellen des Apparates für gänzlich überflüssig, was ihren Bildern in der Folge dann meist etwas Schemenhaftes, Unwirkliches verleiht.
Diesmal nicht.
Die weiteren Telefonate in den zwei Wochen drehen sich um Vieles, auch um Katzen, gelegentlich, aber meine leise, geheime Sorge bleibt zum Glück unbegründet, sie beginnen nicht ausgerechnet dann miteinander zu kuscheln, wenn ich weg bin. Obwohl, zu erwarten wäre es ja eigentlich schon gewesen, wann besser als dann?
So komme ich letzen Freitag wieder heim, die Mäuse sind ungekuschelt, jedenfalls miteinander, und so bleibt es auch, bis uns Lara am Sonntag, nachmittags, auf einmal in’s Wohnzimmer ruft, leise, ehrfürchtig, mit fast tonloser Stimme, es haucht: schnell, kommen, jetzt, Kamera mitbringen!
Und tatsächlich: Sie haben doch auf mich gewartet. Was für ein Anblick!
Dieses Bild ist bislang einzigartig, es dokumentiert den ersten bewussten Körperkontakt zwischen dem Tiger und dem Jaguar, wenn man mal von einem ganzen Haufen gegenseitig und abwechselnd verteilten Watschen absieht, den wir mitbekommen haben, das erste Mal friedlich und entspannt, beide pennen Arsch an Arsch und das bleibt auch über eine Stunde so..
Wir sind ergriffen, ich sag' doch, es geht weiter, immer weiter, 204 Tage und kein Ende absehbar.
Gruß, der heimgekehrte Sepp