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Dann versuche ich mal meine Annäherungsversuche mit Carlos zu beschreiben. Ich bin mittlerweile seit 5 Wochen jeden Abend (bis auf ganz wenige Ausnahmen) im Schlafzimmer bei Carlos. Immer mind. 1h, meistens aber 2-3h lang.
Die Ausgangslage:
Carlos hält sich im Schlafzimmer auf und liegt immer mittig unter unserem Bett, auf seinem Katzenbettchen. Um Sichtkontakt aufnehmen zu können, lege ich mich dann immer vor das Bett auf den Boden, ein paar Meter entfernt.
Die ersten Tage:
Carlos befand sich anfangs noch in völliger Angststarre, d.h. er starrte einfach nur mit offenen Augen zurück, ohne sich zu regen oder zu blinzeln. Zunächst habe ich immer geblinzelt wie ein Weltmeister und mit ruhiger Stimme mit ihm geredet. Habe auch darauf geachtet, mich nicht schnell oder plötzlich zu bewegen. Gebracht hat das leider nichts. Den ersten kleinen Fortschritt konnte ich auf andere Weise erzielen: indem ich einfach vor seinen Augen geschlafen habe. Oder zumindest ganz ruhig geatmet und mit geschlossenen Augen dagelegen habe. Erst dann gab es die erste Reaktion von Carlos: er hat sich auf seinem Bettchen bewegt, die Augen geschlossen und es sich ein kleines bisschen gemütlich gemacht. Angststarre aufgelöst. Das ganze Prozedere habe ich dann, glaube ich, noch 1-2 Tage wiederholt.
Wie es dann weiterging:
Mein nächster Schritt waren dann die guten alten Leckerlis. Ich bin wie immer ins Schlafzimmer, habe mich auf den Boden gelegt und dann Leckerlis unter das Bett geworfen, gleich zu Beginn der abendlichen Session. Carlos hat das natürlich ignoriert und sich nicht bewegt. Haben wir also wieder geschlafen. Wobei schwer zu sagen ist, ob Carlos jetzt wirklich geschlafen hat. Wer weiß. Er hat zumindest schlafartige Geräusche gemacht. Am nächsten Morgen waren die Leckerlis dann weg. Jetzt war allerdings leider nicht sicher, ob auch wirklich Carlos die Leckerlis gegessen hatte.
Wie Oskar und Rodney reagiert haben:
Denn Oskar und Rodney sind ja leckerlimäßig auch sehr interessiert. Vor allem Oskar. Der hat, gleich als ich die Leckerlis das erste Mal unters Bett geworfen habe, wie ein Staubsauger agiert. D.h. der ist einfach unters Bett zu Carlos und hat alles weg geschlabbert. Und in Bezug auf Carlos hat er sich so verhalten, als wäre der gar nicht da. Er ist bis auf wenige Zentimeter an Carlos ran, hat sich dann aber so verhalten, als wäre Carlos ein lebloses Objekt, nicht etwa eine andere Katze. Oskar ist faszinierend! Rodney hingegen hat man seine Angst vor dem fremden Wesen in seinem Revier deutlich angemerkt. Um nichts in der Welt wäre der unter das Bett zu Carlos gegangen. Außerdem hat er so seltsame Knurr-Laute gemacht, die ich so noch nie von ihm gehört hatte. Und er hat gefaucht, als er unter das Bett in Richtung Carlos geschaut hat. Also, Oskar Staubsauger, Rodney Angst. Als die beiden dann irgendwann raus aus dem Zimmer waren, habe ich natürlich neue Leckerlis gegeben, die dann wie gesagt am nächsten Morgen weg waren. Wirklich sicher, dass Carlos die gegessen hatte, konnte ich natürlich nicht sein.
Der erste große Fortschritt: (groß zumindest in meinen Augen)
Ich werfe wie immer die Leckerlis unters Bett und plötzlich passiert es: Carlos steht auf und bewegt sich auf die Leckerlis (und damit auch auf mich) zu und fängt an zu essen. Dabei geht er natürlich ganz vorsichtig vor. Er isst ein Leckerli, dann sieht mich mit großen Augen an. Ich blinzle und rede gut zu und er isst das nächste Leckerli, usw. Als er fertig ist, geht er wieder in sein Bettchen.
Liebe geht über den Magen
Auch am nächsten und übernächsten Tag hat Carlos die Leckerlis direkt vor meinen Augen gegessen. Ich hatte sie auch absichtlich so geworfen, dass er zum Teil sogar bis zur Bettkante vor kommen musste, um die letzten Leckerlis zu ergattern. Also bis ca. 1 m an mich ran. Und das hat sogar geklappt. Inzwischen war mir auch klar: Essen würde hier eine Schlüsselfunktion einnehmen. Ich denke, Carlos teilt diese eine große Leidenschaft mit Oskar. Ich wollte nun auch sein Nassfutter zur Vertrauensgewinnung instrumentalisieren. Also habe ich die Futterschüssel unter das Bett gestellt, genauer gesagt Carlos entgegen geschoben, quasi wie die Leckerlis, sodass er aktiv wahrnehmen kann, dass die Menschenhand ihm leckeres Futter gibt. Ein riskantes Unterfangen, soviel war mir klar. Denn um so näher die Menschenhand kommt, um so mehr Angst, klar. Leckerlis kann man werfen, eine Futterschüssel nicht. So habe ich mir dann auch leider das ein oder andere Fauchen eingehandelt.
Der nächste große Fortschritt:
Carlos ist aufgestanden nachdem ich die Futterschüssel unters Bett geschoben habe und hat angefangen vor meinen Augen zu essen. Und das nicht nur einmal sondern auch die nächsten Tage immer wieder. Für mich ein Zeichen, dass sich langsam Vertrauen aufbaut. Oder zumindest Angst abbaut.
Morgen wird wie heute sein:
Ich halte mich mittlerweile jeden Abend ganz penibel an meinen Ablaufplan. Das finde ich sehr wichtig um bei der ganzen Geschichte eine klare Struktur reinzubringen. Ich denke , der ritualisierte Ablauf gibt Carlos Sicherheit. Hier mal der abendliche Ablauf (ich weiß leider nicht wie ich das kürzen könnte)
Kurz vor dem Abendessen schalte ich im Schlafzimmer schon mal das Licht an. Damit Carlos weiß: es geht bald los. Los geht es dann aber erst etwa eine Stunde später. Dann schalte ich noch das andere, hellere Licht an und lege mein Kopfkissen und Decke auf den Boden. Danach geht’s aber erst noch Zähneputzen. Aber Carlos weiß jetzt: es geht jeden Moment los. Na ja, und dann geht es los. Als erstes kommt die Leckerli-Stange an die Reihe. Glücklicherweise haben wir eine Sorte gefunden, die Oskar nicht gern isst (hätte nicht gedacht, dass das möglich ist). Oskar und Rodney sind übrigens immer mit im Zimmer, auch die beiden sind mittlerweile fest am Abend-Ritual beteiligt. Also es gibt Leckerli-Stange und Carlos erhebt sich innerhalb weniger Sekunden und staubsaugert alles weg. Jetzt geht er aber nicht zurück in sein Bettchen, sondern wartet, ca. 1-1,5 m von mir entfernt auf Phase 2: Trockenfutter. Ich weiß, Trockenfutter ist nicht gut, aber ich nutze es zähneknirschend in ganz geringer Dosis als Mittel zum Zweck, denn Rodney liebt Trockenfutter. Und das ist mir sehr wichtig, dass Rodney hier ins Spiel kommt, denn in erster Linie für Rodney haben wir uns ja Carlos ins Haus geholt. Ich werfe also immer ein Stück Trockenfutter zu Carlos und eins zu Rodney und zwar so, dass sich die beiden immer weiter auf einander zu bewegen müssen. Das klappt sehr gut und die beiden nähern sich auch auf Zentimeter an und mittlerweile faucht und knurrt Rodney auch fast gar nicht mehr. Dann ergreift er aber doch die Flucht und kommt wieder unter dem Bett vor. Carlos zieht sich dann auf die andere Seite des Bettes Richtung Oskar zurück, der auf seinem Deckchen an der Heizung das ganze Treiben aus sicherer Entfernung beobachtet. Carlos putzt sich erstmal ausgiebig. Dann geht’s zurück ins Bettchen und wir schlummern beide ca. eine halbe Stunde. Das ist dann Phase 3. Rodney geht dann meistens schon wieder aus dem Zimmer, Oskar bleibt auf seiner Decke hocken und beobachtet. Ich warte bis Carlos wieder aufwacht. Phase 4. Dann nehme ich mir ganz vorsichtig die Nassfutterschüssel und mache neues Futter rein und schiebe sie wieder unters Bett. Ich achte dabei darauf, die Futterschüssel immer ein paar Millimeter weniger weit unters Bett zu schieben, sodass Carlos mir Abend für Abend immer weiter entgegen kommen muss. Und das klappt auch gut, mittlerweile steht die Schüssel fast am Bettrand und Carlos steht meistens ohne zu Zögern auf und schlabbert los. Manchmal wartet er aber auch nochmal eine halbe Stunde oder länger. Phase 5: Carlos putzt sich erneut ausgiebig und dann kommt Phase 6, eine Weiterentwicklung der letzten Tage: Carlos geht aufs Katzenklo! Für mich ein schöner Vertrauensbeweis, denn dafür muss er ja unterm Bett vorkommen. Dann geht er wieder in sein Bettchen und der Abend geht langsam zu Ende. Während dieser ganzen Zeit blinzle ich natürlich ca. 1000 mal und rede gut zu.
Und zum Schluss noch die jüngsten Ereignisse:
Oskar hat gestern die Flucht vor Carlos ergriffen. Im Vollsprint. Und Rodney auch! Was ist passiert? Nach Phase 3 (Carlos schlummert) ist Carlos aufgestanden und hat merkwürdige Geräusche gemacht, die ich so noch nicht kannte. Eine Art Piepsen. Also nicht wie ein Miau, sondern eher mit zartem Stimmchen. Dann hat er sich umgesehen und ist schnurrstraks unterm Bett vor und auf Oskar zumarschiert. Der hat ganz friedlich auf seiner Decke gelegen und nichts Böses geahnt und plötzlich steht Carlos vor seinem Gesicht. Oskar hat gefaucht und ist im Galopp aus dem Zimmer raus, leichte Panik im Blick. Und dann ist Carlos auf Rodney zugegangen. Der saß in der Mitte des Zimmers und dahin ist auch Carlos gegangen, was in meinen Augen übrigens auch ein weiterer Fortschritt ist. Und dann ist Rodney auch weg gerannt. Der arme Carlos, alle rennen vor ihm davon! Aber ich bin schon gespannt was heute passiert.